Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

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breitsameter
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Verzeihung - ich hatte diese Woche einen wichtigen Termin in der Arbeit und bin deshalb zu Nichts gekommen... aber jetzt geht's weiter mit meinen Anmerkungen.
lapismont hat geschrieben:Begegnung auf Golgatha
Wenn eine Geschichte in der Sammlung verdeutlicht, wie befruchtend die theologische Ausbildung des Autors für sein Schaffen ist, dann diese.
Die Verbindung von Gottesstrafe, Sühne und ewiger Verdammnis mit einem der tragischsten Ereignisse unserer Zeit schlägt erst mit dem letzten Satz richtig zu. Bis dahin folgt man der Story über den ewigen Wanderer, dem Brudermörder und seinem Vermächtnis eher ratlos. Aber dann schließen sich Teile zu einem Ganzen zusammen und man beginnt zu grübeln, ob der hochdramatische Wendepunkt zu eine Bedeutungsaufladung führt, ob sie schon da war und man nur zu blind, sie zu sehen.
Ich kann mich mit dem Ende nicht anfreunden: Warum diese Verbindung zum 11.9.2001? Das verstehe ich nicht.
Dabei gefällt mir die Prämisse der Geschichte sehr gut. Kain und das Motiv des Ewigen Juden zusammenzuführen ist ein verlockender Ansatz, dem ich so auch noch nie begegnet bin. Zwar ist Kain als Kane der Held von Karl Edward Wagners Fantasygeschichten, und der Ewige Jude ist z.B. ein Bestand von Leo Perutz' Roman "Der Marques de Bolibar", aber ein Zusammentreffen beider Figuren ist meiner Meinung nach in der Literatur noch nie behandelt worden. Der Apfel der Erkenntnis als Wissen Gottes in einem Buch niedergeschrieben, das hat Charme. :prima:
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
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eRDe7
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von eRDe7 »

Kain und das Motiv des Ewigen Juden zusammenzuführen ist ein verlockender Ansatz, dem ich so auch noch nie begegnet bin. Zwar ist Kain als Kane der Held von Karl Edward Wagners Fantasygeschichten, und der Ewige Jude ist z.B. ein Bestand von Leo Perutz' Roman "Der Marques de Bolibar", aber ein Zusammentreffen beider Figuren ist meiner Meinung nach in der Literatur noch nie behandelt worden.
Ich kann das jetzt nicht belegen, aber gefühlsmäßig würde ich sagen, dass sowohl Borges wie auch Jean d'Ormesson (dessen DER EWIGE JUDE ziemlich von Borges beeinflusst wurde) diese Verbindung von Kain und dem Ewigen Juden "hatten" - aber ich kann das nun nicht beschwören. Mir ist nur so. Kann auch sein, dass es Eco oder Potocki waren, ich werde alt und kann alles nicht mehr auseinander halten, seufz.
Dennoch (?), mir gefiel die Geschichte recht gut - während ich ebenfalls mit dem Schluss ein Problem hatte.
Ralph Doege: Ende der Nacht. Erzählungen http://endedernacht.twoday.net/ / Rezension auf STANDARD.at
"(...) einer der besten Phantastik-Autoren deutscher Sprache." M. S. Sembten
"(...) a truly unique and highly recommended voice in German speculative fiction."LOCUS MAGAZINE ;)
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breitsameter
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

»Die Göttin des Überflusses«: Diese Geschichte hat mich sehr beeindruckt. Leider habe ich das bei der ersten Lektüre hier im Forum nicht geschrieben, da ich damals, als der Lesezirkel zu NOVA 13 stattfand, gerade geheiratet habe und so etwas abgelenkt war.
Dieser Gedanke, lieber ein noch kurzes Leben in aller Pracht zu genießen, als über lange Zeit hinweg langsam vor sich zu siechen, ist ein interessanter Gedanke: einerseits stirbt die Hoffnung zuletzt und der Mensch kämpft bis zuletzt, zum anderen aber verschließt er auch gerne die Augen vor der Realität.

Es hat mich beeindruckt, wie hier der Kunstgenuß zum letzten Wunsch wird: ein letztes Genießen vor dem selbstgewählten Tod, der Sieg der Kultur gegen die grausame Realität.
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lapismont
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Oh, ja die Geschichte finde ich auch sehr gut. Thomas bringt hier die Ambivalenz der Haltungen ohne Moralkeule unter.
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achimh
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von achimh »

breitsameter hat geschrieben:»Die Göttin des Überflusses«: Dieser Gedanke, lieber ein noch kurzes Leben in aller Pracht zu genießen, als über lange Zeit hinweg langsam vor sich zu siechen, ist ein interessanter Gedanke: einerseits stirbt die Hoffnung zuletzt und der Mensch kämpft bis zuletzt, zum anderen aber verschließt er auch gerne die Augen vor der Realität.

Es hat mich beeindruckt, wie hier der Kunstgenuß zum letzten Wunsch wird: ein letztes Genießen vor dem selbstgewählten Tod, der Sieg der Kultur gegen die grausame Realität.
Zugegeben, auch diese Sichtweise hat durchaus etwas.

Ich habe diese Geschichte völlig anders erlebt. In dieser absolut düsteren Zukunft ist Geld, und zwar sehr viel Geld nötig, um zumindest eine Weile in Ruhe und Frieden zu überleben. Und wer viel Geld hat, kann sich (fast) Alles kaufen. Das hat mich nicht wirklich begeistert.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

achimh hat geschrieben:Ich habe diese Geschichte völlig anders erlebt. In dieser absolut düsteren Zukunft ist Geld, und zwar sehr viel Geld nötig, um zumindest eine Weile in Ruhe und Frieden zu überleben. Und wer viel Geld hat, kann sich (fast) Alles kaufen. Das hat mich nicht wirklich begeistert.
So kann man das natürlich auch sehen - Danke für den Gedankenanstoß. Aber ich hatte zumindest den Eindruck, dass die armen Seelen in der Zuflucht eben nicht wirklich reich sind, sondern noch ihr letztes Ersparnis gegen ein paar schöne Tage und Wochen eintauschen.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von lapismont »

breitsameter hat geschrieben:
achimh hat geschrieben:Ich habe diese Geschichte völlig anders erlebt. In dieser absolut düsteren Zukunft ist Geld, und zwar sehr viel Geld nötig, um zumindest eine Weile in Ruhe und Frieden zu überleben. Und wer viel Geld hat, kann sich (fast) Alles kaufen. Das hat mich nicht wirklich begeistert.
So kann man das natürlich auch sehen - Danke für den Gedankenanstoß. Aber ich hatte zumindest den Eindruck, dass die armen Seelen in der Zuflucht eben nicht wirklich reich sind, sondern noch ihr letztes Ersparnis gegen ein paar schöne Tage und Wochen eintauschen.
es wird beides geben. Und es ändert an der künstlerischen "Offensive" auch nichts, ob er ein reicher oder armer Ästhet ist, oder?


Gezählte Tage
Thomas schreibt ja selbst, dass es eine Art Story in Haldemanns "Ewiger Krieg" ist und auch Conrads "Herz der Finsternis" wird in der Story nicht ohne Grund erwähnt und damit ein Bogen zu "Apokalypse now" geschlagen. Nicht ganz mein Thema. Irgendwie so larifari military SF die auf der Stelle tritt und nichts neues erzählt.

Advent: Ankunft
Noch mehr Apokylypse. Eine zwar berührende und sehr emotional erzählte Story, aber auch wieder eher nach Schema F. Ich habe das Gefühl ziemlich viele dieser Geschichten gelesen zu haben, die den Auszug aus der Zivilisation beschreiben. Stumpfe Opfer inklusive.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von achimh »

lapismont hat geschrieben:Gezählte Tage
Thomas schreibt ja selbst, dass es eine Art Story in Haldemanns "Ewiger Krieg" ist und auch Conrads "Herz der Finsternis" wird in der Story nicht ohne Grund erwähnt und damit ein Bogen zu "Apokalypse now" geschlagen. Nicht ganz mein Thema. Irgendwie so larifari military SF die auf der Stelle tritt und nichts neues erzählt.
Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen. Dieses sinnlose Festhalten an dem 70 Jahre zurückliegendem Auftrag - dessen Grund/Berechtigung schon längst nicht mehr existiert - hat mich ein wenig an DARK STAR erinnert.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

lapismont hat geschrieben:es wird beides geben. Und es ändert an der künstlerischen "Offensive" auch nichts, ob er ein reicher oder armer Ästhet ist, oder?
Nein, natürlich nicht. Der Künstler und der wahre Kunstliebhaber beurteilt sein Werk unabhängig von der Außenwelt. Das erinnert mich entfernt an die Aussagen von Charles Wilp, den ich mal interviewen durfte.
lapismont hat geschrieben:Gezählte Tage
Thomas schreibt ja selbst, dass es eine Art Story in Haldemanns "Ewiger Krieg" ist und auch Conrads "Herz der Finsternis" wird in der Story nicht ohne Grund erwähnt und damit ein Bogen zu "Apokalypse now" geschlagen. Nicht ganz mein Thema. Irgendwie so larifari military SF die auf der Stelle tritt und nichts neues erzählt.
Ich zähle den »Ewigen Krieg« auch zu meinen Lieblingsromanen, und »Apokalypse Now« habe ich auch gerne gesehen. Aber mir ging es ähnlich: die Geschichte gewinnt kein eigenes Profil. Der Anzug und die Haldeman-Welt sind nur Kulisse sind, die Handlung ist Joseph Conrad – da bleibt halt wenig Platz für eine eigene Idee oder Eigenständigkeit. Wirklich Teil des Universums wird diese Episode dadurch nicht.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

lapismont hat geschrieben:Advent: Ankunft
Noch mehr Apokylypse. Eine zwar berührende und sehr emotional erzählte Story, aber auch wieder eher nach Schema F. Ich habe das Gefühl ziemlich viele dieser Geschichten gelesen zu haben, die den Auszug aus der Zivilisation beschreiben. Stumpfe Opfer inklusive.
Ja, die Apokalypsen greifen um sich. :beanie:
Aber diese Kurzgeschichte erinnert mich irgendwie an »Children of Men«. Was die Personen antreibt, was der Ex der Schwester damit zu tun hat, was die religiösen Anspielungen bedeuten sollen - das bleibt unklar. Aber das Gefühl des Stemmens gegen den Untergang, dieses ureigene menschliche Gefühl, dass Kinder das wichtigste sind, was man retten kann, das hat mich berührt, so wie zuletzt eben »Children of Men«. Da ist es auch egal, ob hier Gott am Werk ist, oder eine von Menschenhand erzeugte Seuche, oder ein böser Militär...
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von achimh »

breitsameter hat geschrieben:Advent: Ankunft Was die Personen antreibt, was der Ex der Schwester damit zu tun hat, was die religiösen Anspielungen bedeuten sollen - das bleibt unklar.
Und das ist es, was mir (nicht nur) in dieser Geschichte ein wenig fehlt.

Noch störender fand ich es in Der alte Mann und das Glück. Die wirkte auf mich irgendwie..., tja, wie soll ich sagen: unfertig.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Es ist für mich sehr beschämend zugeben zu müssen, dass ich immer noch nicht mit der Sammlung durch bin - ich komme derzeit einfach kaum zum Lesen. Aber ein paar Geschichten habe ich dann doch schon wieder geschafft. Und es zeichnet sich für mich (vielleicht ist das meinen Mitlesern schon früher klargeworden) nun auch das Muster ab, das alle Geschichten verbindet: es geht eigentlich (fast) immer um die Position der Hauptperson in ihrem Leben und in ihrer Welt. Die Figuren in den Kurzgeschichten zweifeln, welche Rolle sie im Universum spielen, ob sie an der richtigen Stelle sind.

Der alte Mann und das Glück
Die Frau, deren Leben irgendwo zwischen Verzweiflung über den Tod ihres Kindes und dem roboterhaften Abhandeln des Alltags abläuft, hört irgendwann dem alten Mann, der über Außerirdische spricht, zu. »Es hat nicht funktioniert« ist ihr Fazit - sie konnte ihren Platz in unserer Welt nicht finden, sich nicht integrieren und ein neues Leben beginnen. Sie bleibt eine »Außenseiterin«, eine »Außerirdische«, denn das Leben geht für alle anderen weiter, während sie nicht mehr ins Leben zurückfindet.

Wir könnten Kolumbus fragen
Die erste Landung von Menschen auf Ganymed. Aber der Mensch hat hier keinen Platz, er bleibt als Mensch ein Fremdkörper. Er passt nicht ins System – er kann zwar auf Rettung hoffen, aber nur die Anpassung könnte ihm helfen. Eine andere Prämisse, aber eine sehr ähnliche Frage, ein ähnliches Problem. Nur von einer leicht anderen Position betrachtet.

Animal Farm
Die Pointe habe ich erwartet. :beanie:
Aber der Rest ist eine interessante, aber für mich dann doch letztlich eher bemühte Extrapolation der derzeitigen therapeutischen Tier-Programme, die bereits zur Anwendung kommen. Therapeutisches Reiten, Schwimmen mit Delphinen, etc. - klar, das ist meist eine tolle Sache. Aber Verhaltensstörungen können sich durch den Umgang mit Tieren auch verstärken: wer alte Leute mit Tieren kennt, weiß das.

Auf der nächsten Stufe
Diese Geschichte hat mich - obwohl nur gewisse Ähnlichkeiten bestehen - an Michael K. Iwoleits »Wege ins Licht« erinnert. Vielleicht ist es der Marsch in den Tod, oder die Zerstückelungsfabrik. Egal: Wow, das hat mich beeindruckt. Eine einerseits deprimierende Zukunft, andererseits aber genau deshalb auch so eindrucksvolle. Und auch hier kann sich die Hauptperson nicht anpassen, ihren Platz im Leben nicht finden. Sie ist wortwörtlich fehl am Platz. Aber ein wenig Hoffnung besteht: »Vielleicht bin auch ich auf der nächsten Stufe«. Hoffnung: ein neues Motiv.

Routinejob
Fand ich etwas belangloser dann wieder im Vergleich. Aber die Idee, Kopien von sich selbst anzufertigen und überall zu verteilen, um sein Leben als Herrscher zu sichern, hat mir gefallen. :beanie: Übrigens auch hier ist das Fazit konform mit der Vermutung, die ich über die Geschichten oben äußere: der Hauptfigur ist es letztlich egal, wer ihr befiehlt. Alles Routine, es ändert sich letztlich doch nichts.
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Thomas Wawerka
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Liest zur Zeit: Komödien, aktuell: Charleys Tante (Brandon Thomas), zwischendurch immer wieder Nietzsche, mit den Kindern: Eine Reihe betrüblicher Ereignisse (Lemony Snicket) - mittlerweile Band 4 von 13 ...

Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Wow - was für ne Analyse! Hab ich selbst noch gar nicht so gesehen ...
Bloß was sagt das über mich aus? :kopfkratz:
"Hilfreich wäre es, wenn wir die, die sich dem Leistungsdruck widersetzen, bewundern, anstatt sie als Loser anzusehen." -
Svenja Flaßpöhler
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Thomas Wawerka hat geschrieben:Wow - was für ne Analyse! Hab ich selbst noch gar nicht so gesehen ...
Ich bin ja noch nicht ganz durch... vielleicht ändert sich diese Beurteilung ja noch. :beanie:

Die nächste Geschichte habe ich in NOVA 14 schon einmal gelesen und besprochen:
http://forum.sf-fan.de/viewtopic.php?f= ... 64&p=79108
Thomas Wawerka: »Auf der anderen Seite«

Eine Verbindung zu einer anderen Welt wird für Erik zu einer interesssanten Erfahrung – und er muß seine Ex-Verlobte aus den Händen brutaler und etwas dumpfer Krieger retten, die Frauen aus unserer Welt entführen, um sich mit ihnen fortzupflanzen.
Eine Novelle, die zuerst wie Den von Richard Corben wirkt, nur um dann in eine andere Richtung umzuschwenken, und die Kurve dann schlußendlich doch noch halbwegs kriegt, weil eben auch so ein Abenteuer nicht zwangsläufig bedeutet, daß der Held sein Mädchen kriegt. Etwas ungelenk wirkt die von Dana vorgetragene Erklärung für den Aufbau der anderen Welt, denn das hätte man anders lösen können, nein, sogar müssen – so ist es die schlechteste aller Lösungen, daß sie einfach alles erzählt, was den logische Unterbau der Geschichte bilden soll.
Trotzdem: gut geschrieben, nett erzählt und manchmal sogar halbwegs überraschend.
Ich lese die Geschichte aber jetzt noch einmal (mein erster Gedanke war übrigens: »Hey, der Anfang erinnert mich an eine andere Kurzgeschichte aus einer alten NOVA-Ausgabe...«), mal sehen, ob ich die Geschichte dann anders sehe.
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Re: Lesezirkel zu »Wie das Universum und ich Freunde wurden«

Ungelesener Beitrag von lapismont »

So, da Floh nun auch weiter gemacht hat, kommt nun auch mein Abschlussblock.

Der alte Mann und das Glück
Eine stille, eindringliche Geschichte über den Tod. Es verschränken sich zwei Lebensgeschichten, beide irgendwie an einem Ende angekommen. Es geht auch um Hoffnung, Verdrängen und Bewältigung - sehr feinfühlig und gekonnt mit einem SF-Thema verknüpft. Großartiger Text.

Wir könnten Kolumbus fragen
Den Text fand ich schon damals beim ersten Mal lesen sehr schwach. Irgendwie wirr, die Figuren agieren mir unverständlich und in einem viel zu groß angesetzten Kontext, der für den zweiten Teil der Story belanglos ist.

Animal Farm
Auch ich habe die Pointe erwartet.
:lehrer:
Stimme auch im weiteren Florian zu. Die Story hat mich nicht so mitgerissen, vielleicht war der Reporter-Aufhänger auch etwas zu Klischeehaft.

Auf der nächsten Stufe
Das Gedicht beginnt vermutlich mit Die kühle, so reine morgendliche Luft
Ein stilistischer Bruch, etwas psychologisierend und recht deutlich mit der Autorenkeule schwingend. Hat tatsächlich etwas in sich, wo man ständig denke, ah das kommt mir bekannt vor. So ein Geruch nach Fahrenheit 451 meinetwegen. Ich fands insgesamt toll geschrieben, wenn ich auch nicht genau benennen kann, warum. Vielleicht weil der Außenseiter draußen bleibt?

Routinejob
Ein bunter Salat aus allerlei Ideen und schrulligen Einfällen. Locker und flockig geschrieben ohne auf die einzelnen Teile besonders intensiv einzugehen. Das ist so eine Geschichte auf deren Grundlage man eine ganze Kosmologie gründen könnte.

Auf der anderen Seite
Eine Geschichte aus Nova. Fand ich damals überambitioniert und auch das Neulesen machte mir den Schluss nicht schmackhaft. Der erste Teil überzeugt durch eine gute Figurenbildung, aber die Auflösung ist übertrieben und unglaubwürdig.

Mein Fazit:
Sehr schön gemachte Sammlung mit einer ganzen Reihe beindruckender Texte.
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