Tut mir leid, aber das ist kein Argument. Ich würde auch entweder Bradburys Mars-Chroniken oder Strugatzkis "Picknick am Wegesrand" angeben, wenn ich gefragt würde. Die SF-Literatur hat ihren Höhepunkt im sogenannten im Golden Age gehabt, als in Deutschland nichts gleichwertiges zu sehen war. Nach dem Krieg kam die deutsche Teilung mit überwiegend ideologisch indoktrinierter DDR- SF und schlechten US-Abklatschen im Westen. Lesbare deutsche SF-Romane gibt es noch gar nicht so lange und die standen weiterhin im Schatten der Werke von arrivierten US-Autoren. Woher sollte da eine Prägung von Lesern kommen? Deutschland ist SF-Markt-bezogen Provinz, wie Italien, wie Frankreich, wie Spanien, wie Polen (trotz Lem). Aber das heißt doch noch lange nicht, daß man sich ständig in Demut verneigen und sein Licht unter den Scheffel stellen sollte. Warum sollte man nicht wenigstens versuchen, etwas eigenes auf die Beine zu stellen und nicht ständig irgendwelchen Trends hinterherzulaufen?Andreas Eschbach hat geschrieben:Und in der Kategorie "gefällt/hinterlässt bleibenden Eindruck" scheinen deutschsprachige SF-Autoren irgendwie nicht so richtig gut abzuschneiden. Frage an die Runde: Was denkt ihr, warum das so ist?
Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Ganz richtig. Aber auch kein Gerard Klein, kein Michel Jeury, Tor Age Bringsvard, Svend Age Madsen, Bioy-Casares. Angelica GorodischerAndreas Eschbach hat geschrieben: Doch auf diesen Listen finden sich so gut wie nie Titel deutschsprachiger Autoren.
Viele amerikanische und englische Romane, klar. Oft ein Lem oder ein Strugatzki. Selten ein Verne.
Aber so gut wie nie ein Jeschke, Hammerschmitt, Marrak, Lasswitz (um mich mal auf Nichtteilnehmer dieser Diskussion hier zu beschränken).
usw. usw. (alles Autoren, über deren Rang bei Insidern kein Zweifel besteht). Die Wahrnehmung der SF und die Erwartungshaltung der
Leserschaft sind angloamerikanisch geprägt. Lange Zeit konnte man sogar verschärft sagen: amerikanisiert. (Viele Briten hatten
Schwierigkeiten, sich in Amerika zu etablieren und wurden im Ausland weniger übersetzt. Und bis George Turner und Greg Egan waren
schon die Australier pure Exoten.) Ich kann nicht in die Zukunft sehen, möchte aber nicht ausschließen, daß sich daran in den nächsten
Jahrzehnten etwas ändern wird. Von den meisten SF-Lesern noch weitgehend unbemerkt, ist Asien die größte Boomregion der Science
Fiction. Das auflagenstärkste SF-Magazin aller Zeiten erscheint in China. Auf den Philippinen gibt es eine unglaubliche rege und
abwechslungsreiche Phantastik-Szene. Und Kollege Ralph Doege ist nicht der einzige, der seit Jahren darauf hinweist, daß die asiatischen
SF-Filmer in Punkto formaler und inhaltlicher Kreativität zur Zeit wohl weltweit führend sind (ich sage nur: Takeshi Miike).
Übrigens würde ich persönlich ein deutsches SF-Buch unbedingt zu den denkwürdigste SF-Romanen zählen, die ich je gelesen habe,
nämlich Thomas Zieglers "Stimmen der Nacht".
Das mag schon sein. Aber finden, lesen und ins Herz schließen kann aber auch nur das, was in den Sprachen, die man beherrscht, schon einmalDa kann man jetzt nicht mit Absatzzahlen und Werbeaufwand argumentieren, denn Lieblingsbücher sind ja auch mal Bücher, die man zufällig aus dem Antiquariat geklaubt hat: Ich würde schon davon ausgehen, dass die Leute da ihre echten Lieblinge auflisten und sich echt Gedanken machen, was ihnen gefällt.
aufgelegt wurde. Und was das angeht, haben Wahrnehmung und Erwartungshaltung vielleicht nicht unüberwindliche, aber doch ziemlich hohe
Schranken aufgerichtet. Viele herausragende SF-Bücher, die außerhalb des englischen Sprachraums geschrieben wurden - etwas Angelica
Gorodischers berühmte Kurzgeschichtensammlung "Bajo las jubeas en flor" - sind nie übersetzt worden. Den Verlagen würde ich es nicht
unbedingt zum Vorwurf machen. Heyne hat sich in Boomzeiten bemüht, ein breites Spektrum internatiionaler SF zu präsentieren, war damit
aber so wenig erfolgreich, daß die Bemühungen sukzessive zurückgefahren wurde. Suhrkamps Phantastische Bibliothek, in der es etwas
systematischer versucht wurden, ist kommerziell nie über den Status einer Liebhaberreihe hinausgekommen. Die lesenswerte SF, die es
außerhalb des Englischen gibt, ist eine Minderheiten- und Liebhabersache. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung.
Gruß
Michael
Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Hat Jakob auch nicht, sondern jemand anderes, der die Aussage auch wiederholt hat.muellermanfred hat geschrieben:Das wäre – je nach persönlicher Vorliebe – vielleicht sogar legitim. Ich kann nur die Stelle nicht finden, wo er das behauptet.
Das ist eben Dein Problem: Du widersprichst Aussagen, die keiner gemacht hat. Das Wort, das ich für die von mir genanntenWas nützt es denn, mit dem Fuß aufzustampfen und zu sagen "Deutsche SF ist top!", wenn es nicht stimmt?
Autoren benutzt habe, ist "lesenswert".
Um es noch einmal unmißverständlich zu sagen: Wir haben eine kleine, bescheidene Szene mit einem bescheidenen Ausstoß,
besonders im oberen Qualitätssegment. Top im Sinne von herausragend ist davon nur wenig, im Laufe einer Dekade - selbst
einer so produktiven wie der vorangegangen - eine Handvoll Romane und einige Erzählungen, naturgemäß sehr viel weniger
als im vergleichsweise riesigen englischsprachigen Raums. Niemand bestreitet das. Solide im Sinne von lesbar bis lesenswert
sind aber doch einige. Das mag nicht viel sein, aber es ist mehr als nichts und rechtfertigt durchaus ein bißchen Selbstbewußtsein.
Was mich an Jakobs Argumentation stört, ist daß er Autoren zum Maßstab nimmt, die - gemessen am Duchschnitt der
englischsprachigen SF- Produktion - Ausnahmeerscheinungen sind. In der Bewertung der Autoren liegen wir ziemlich nah
beieinander und haben, jeder für sich, teilweise dieselben Autoren schon lobend erwähnt, etwa Ted Chiang, Geoff Ryman,
David Marusek, Gene Wolfe sowieso. Ich finde das Bild schlichtweg unvollständig, wenn man nicht auch erwähnt, daß
derselben Markt, der - zugegeben - einen Teil der besten SF der Welt produziert, gleichzeitig und in sehr viel umfangreicherem
Maße Massenware ausstößt, die nicht bloß mäßig oder belanglos, sondern absolut grauenvoll ist. Ich erlaube mir, von der Art,
wie dort Bücher bis zum Gehtnichtmehr aufgeblasen und ausgewalzt werden, als Leser empört zu sein. Verlaß Dich nicht
auf mein Urteil. Frage einen erfahrenen Übersetzer wie Horst Pukallus, der zwanzigmal mehr als ich publiziert hat, und
er wird es Dir noch weit detalierter begründen können.
Auch scheint mir Jakobs Reaktion auf Uwe Posts meinetwegen zugespitzte und polemische Aussage etwas überzogen. Es
sollte doch klar sein, daß die Forderung nach spezifisch deutschen Settings und Handlungselemente stark von der Zielsetzung
eines Werks abhängt. Wenn Politik, Millieus, Charakterisierungen im Vordergrund stehen, dürfte es sich empfehlen, einen
Schauplatz zu wählen, den man aus persönlicher Erfahrung kennt. Bei einem Hard-SF-Roman mit stark spekulativer Ausrichtung
sollte das zweitrangig sein und schematische, allgemein bekannte Backgrounds eher nützen als schaden.
Gruß
MKI
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Alfreds Argument von der qualitativen Entwicklung müßte man überprüfen. Interessant wäre vor allem, wer sie trägt. (Und was ist aus all jenen geworden, die von denen, die in den 80ern auf den entscheidenden Stühlen saßen, abgelehnt wurden …?)Andreas Eschbach hat geschrieben:Was denkt ihr, warum das so ist?
Die Frage ist interessant genug, ein eigenes Thema draus zu machen. Hitparaden sind ja ohnehin schwer in …

Zuallererst muß ich zu meiner Schande gestehen, daß zu den wenigen Phantastiktiteln, die ich behalten habe, vier Stück von Carl Amery zählen, der über jeden Zweifel erhaben ist (gebildet, witzig, kritisch, satirisch und ein toller Erzähler!), womit wir einen Deutschen mehr auf der Liste hätten, sicher eine Ausnahmeerscheinung und einer, der völlig unberührt von Szenedünkeln wirken konnte. Wenn man einmal "Das Königsprojekt" gelesen hat, kann man über Dan Browns Schweizergardisten nur noch schmunzeln …
Aldiss, Banks, Brunner, Dick, Farmer, Gibson, Haldeman, Powers, Quinn Yarbro, Smith, Stapledon, Wolfe, Zelazny – das sind mir die liebsten von denen, die ich behalten habe, dazu großartige Fantasy wie die von Eddison, aber die zählt hier ja nicht. In die Liste würde ich von den deutschen Resten in meinem Regal einzig Amery und Ziegler einreihen. Warum? Weil mir bei all den anderen etwas Besonderes fehlte. In der zweiten Liga spielen sie auch guten Fußball, aber warum soll man sich damit abgeben, wenn man Erstligafußball haben kann? Aus Loyalität?
Wenn ich nicht irgendwann genervt davon gewesen wäre, wie wenig sich die SF mit dem Leben beschäftigt (warum eigentlich nicht?) und daß sich die handlungstragenden Ideen so in den Vordergrund drängen (etwas, daß Banks z.B. trotzdem nicht daran hindert, in "Use of Weapons" diesen wundervoll gebrochenen Charakter zu zeichnen - ein wunderbares Buch! ), hätte ich vielleicht wirklich mitgekriegt, wie in der deutschen SF alles ganz toll geworden ist. Stattdessen habe ich amerikanische Kurzprosa gelesen, mich durch Irvings gewühlt oder Eco bewundert, konnte mich nicht entscheiden, ob Mulisch (der ja fast hierhin gehört) einfach nur ein verkrampfter Manierist ist oder eben doch ein toller Romancier. In den letzten Jahren war Rolf Lappert für mich der Augenöffner und auch Uwe Tellkamp habe ich gern gelesen.
Diese Aufzählung mache ich einzig zu dem Zweck, um zu zeigen, wo ich Dinge gefunden habe, die ich in der SF vermißt habe. Es ist scheißegal, ob mir jemand ein galaktisches Imperium verkaufen will, oder gesellschaftliche Umwälzungen aufgrund technischer Entwicklungen in nächster Zukunft, Lebensformen auf einer mißbrauchten Erde oder das Nebeneinander verschiedener Spezies - wenn nicht nachvollziehbare Menschenleben (ersatzweise gern Alienexistenzen, wenn man das plausibel machen kann) im Mittelpunkt stehen, wenn nicht erzählt wird, hat das für mich keinen Wert. Im Tausch dafür scheiße ich auf die Kunst und ihren theoretischen Überbau (wer interessiert sich denn ernsthaft für seitenlange Werkbetrachtungen mit fachlich versiertem Blabla?). Handwerk rulez!
Das letzte, was mich weggehauen hat, war George R. R. Martin mit "A Song of Ice & Fire" – Vergleichbares kenne ich aus der SF gar nicht. Ein Autor, der es schafft, daß ich Mitgefühl für einen Charakter entwickele, der als Kindermörder in die Handlung eingeführt wurde, hat was geleistet …
Nenn mir mal jemand 10 herausragende Titel der deutschen SF des 21. Jahrhunderts, die ich gelesen haben muß, damit ich inhaltlich mitreden kann! Bitte mit Begründungen. Von alleine fällt mir nicht ein, warum ich dafür Geld ausgeben soll.
- muellermanfred
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Ich habe bloß gefragt. Es würde ja wirklich nichts nützen.Michael Iwoleit hat geschrieben:Du widersprichst Aussagen, die keiner gemacht hat. Das Wort, das ich für die von mir genanntenmuellermanfred hat geschrieben:]Was nützt es denn, mit dem Fuß aufzustampfen und zu sagen "Deutsche SF ist top!", wenn es nicht stimmt?
Autoren benutzt habe, ist "lesenswert".
Glaube ich gern. Es ist jedenfalls das Bild, das man gewinnen kann, wenn man die Kommunikation der Akteure im Netz verfolgt: jeder weiß, daß es hart ist, aber man versichert sich gegenseitiger Wertschätzung und tauscht Lob aus.Michael Iwoleit hat geschrieben:Solide im Sinne von lesbar bis lesenswert sind aber doch einige. Das mag nicht viel sein, aber es ist mehr als nichts und rechtfertigt durchaus ein bißchen Selbstbewußtsein.
Es ist eben eine Maschine. Und wenn man die täglichen Meldungen der Zahnrädchen bei Twitter und in ihren Blogs verfolgt, so findet man unter den amerikanischen Autoren der zweiten, dritten Reihe kaum jemanden, der darüber kritisch spricht. Sie wollen alle nach oben und sind bereit, sich in jede verlangte Schublade einzuordnen und jede Wendung des Marktes mitzumachen. Ob's weh tut oder nicht.Michael Iwoleit hat geschrieben:Ich finde das Bild schlichtweg unvollständig, wenn man nicht auch erwähnt, daß
derselben Markt, der - zugegeben - einen Teil der besten SF der Welt produziert, gleichzeitig und in sehr viel umfangreicherem Maße Massenware ausstößt, die nicht bloß mäßig oder belanglos, sondern absolut grauenvoll ist.
Das wurde hier auch schon ausgesagt. Daran kann man sicher kaum etwas kritisieren.Michael Iwoleit hat geschrieben:Auch scheint mir Jakobs Reaktion auf Uwe Posts meinetwegen zugespitzte und polemische Aussage etwas überzogen. Es sollte doch klar sein, daß die Forderung nach spezifisch deutschen Settings und Handlungselemente stark von der Zielsetzung eines Werks abhängt.
Sehr wohl muß man sich mit der Rückeroberung "deutscher" Sujets beschäftigen. Das ist verbrannte Erde. Wozu also die Hoffnung hegen, man könne auch dort Originäres gewinnen, nur weil die Nazi-Assoziationen mit der Zeit schwächer werden? Nein, als würzige Zutat, die man glücklicherweise wieder benutzen kann, um der deutschen SF Profil zu geben, taugt nichts davon. Wenn es thematisch relevant ist (und sei es im kaiserlich van den Boomschen Sinne …) – bitte schön, ansonsten sehe ich keine Notwendigkeit, sich ständig nach Attributen aus der Vergangenheit umzuschauen, weil man damit leichter identifizierbar wäre.
Science Fiction im Laiensinn beschäftigt sich ja auch mit der Zukunft. Warum die Welt nicht mal mit was neuem überraschen? Wenn es aus Deutschkand kommt: auch schön!

Unterm Strich verstehe ich Jakobs Meldung – ungeachtet, wo ich ihm zustimmen kann und wo ich nicht – als Aufstand gegen das Lamento. Das Lied kenne ich auch schon seit 30 Jahren und es ist, ehrlich gesagt, langweilig und nervtötend geworden. Ich habe deutsche SF gekauft, andere auch – das Lied bleibt das gleiche. Deutsche Autoren wurden auf Cons abgefeiert, man hört ihnen zu, bietet ihnen Plattformen – das Lied bleibt das gleiche. Ich beschäftige mich jahrelang mit was anderem, komme zurück: es wird noch immer gejammert. Das nervt.
Vielleicht sollten die Klagenden mal eine Zeitlang die Finger von der SF lassen und einfach mal Geschichten erzählen. Wenn sie damit Erfolg haben, können sie ja zurückkommen mit ordentlich viel neuem Handwerkszeug und sich auf die Suche nach SF-Ideen begeben.
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Nur kurz, was relativ zeitgenössische deutsche SF-angeht, die es bei mir auf Bestenlisten schaffen würden (die ich allerdings nicht mache):
Marcus Hammerschmitt, Der Zensor
Tobias O. Meißner, Starfish Rules
David Dalek (Dietmar Dath), Das versteckte Sternbild
Das ist nicht viel, aber auch nur das, was mir spontan einfällt und aus den letzten 20 Jahren stammt. Und ich habe noch längst nicht alle deutschen SF-Autoren gelesen, die mich interessieren. Es gibt da also sicher durchaus Einiges, was zu erwähnen und entdecken sich lohnt ...
Und natürlich weiß ich aus leidvoller Erfahrung, dass 99% der US-amerikanischen SF Müll sind. Das ändert in meinen Augen aber nichts daran, dass die Spitze der deutschsprachigen SF mit der Spitze der US-amerikanischen einfach nicht mithalten kann. Und das liegt nicht daran, dass deutsche Autoren prinzipiell schlechter sind, sondern dass die Bedingungen für die Produktion hervorragender SF im deutschsprachigen Raum schlechter sind. So skandalös ist diese These doch jetzt auch nicht ...
Marcus Hammerschmitt, Der Zensor
Tobias O. Meißner, Starfish Rules
David Dalek (Dietmar Dath), Das versteckte Sternbild
Das ist nicht viel, aber auch nur das, was mir spontan einfällt und aus den letzten 20 Jahren stammt. Und ich habe noch längst nicht alle deutschen SF-Autoren gelesen, die mich interessieren. Es gibt da also sicher durchaus Einiges, was zu erwähnen und entdecken sich lohnt ...
Mag sein, dass meine Reaktion überzogen ist und dass ich Uwe Post Positionen unterstelle, die er überhaupt nicht vertritt. Allerdings nur, weil ich es wirklich enorm ärgerlich und für eine Diskussion über deutsche SF absolut kontraproduktiv finde, wie er die Themen positiver Bezug auf die Nation, positiver Bezug auf die SF in deutscher Sprache und Abgrenzung von US-amerikanischer SF vermengt. Die Frage, ob jemand gute, eigenständige und erfolgsversprechende SF auf Deutsch schreibt, hat eben nicht das Geringste damit zu tun, ob dieser jemand zugleich einen positiven Bezug zu einer deutschen Nationalidentität hat. Und genau das scheint mir Uwe Post nahezulegen. ich zitiere gern noch mal:Michael Iwoleit hat geschrieben: Auch scheint mir Jakobs Reaktion auf Uwe Posts meinetwegen zugespitzte und polemische Aussage etwas überzogen. Es
sollte doch klar sein, daß die Forderung nach spezifisch deutschen Settings und Handlungselemente stark von der Zielsetzung
eines Werks abhängt. Wenn Politik, Millieus, Charakterisierungen im Vordergrund stehen, dürfte es sich empfehlen, einen
Schauplatz zu wählen, den man aus persönlicher Erfahrung kennt. Bei einem Hard-SF-Roman mit stark spekulativer Ausrichtung
sollte das zweitrangig sein und schematische, allgemein bekannte Backgrounds eher nützen als schaden.
Für mich klingt das nach einem Aufruf. Ich sage gar nicht, dass man so was nicht schreiben darf, weil das nicht "politisch Korrekt" sei, ich finde es bloß inhaltlich ärgerlich.Ich glaube, dass es eine nationale und europäische Identität gibt, die glücklicherweise heutzutage nicht mehr mit Nazi-Ideologie verwechselt wird, und die durchaus eine Menge Leser ansprechen kann. Nicht umsonst hat Kollege van den Boom weit über 2000 mal seine »Kaiserkrieger« verkauft! Das ist SF ohne Raumschiffe, ohne Cyberpunk, ohne sinnloses Technobrabbel, das keiner versteht. Warum lassen wir nicht die Amis die Ami-SF schreiben und erschaffen selbst deutsche und europäische? Wer soll es denn sonst tun, wenn nicht wir, hm?
Und natürlich weiß ich aus leidvoller Erfahrung, dass 99% der US-amerikanischen SF Müll sind. Das ändert in meinen Augen aber nichts daran, dass die Spitze der deutschsprachigen SF mit der Spitze der US-amerikanischen einfach nicht mithalten kann. Und das liegt nicht daran, dass deutsche Autoren prinzipiell schlechter sind, sondern dass die Bedingungen für die Produktion hervorragender SF im deutschsprachigen Raum schlechter sind. So skandalös ist diese These doch jetzt auch nicht ...
Re: Lieblingsbücher
Die Diskussion gab es im Nachbarforum:muellermanfred hat geschrieben:Alfreds Argument von der qualitativen Entwicklung müßte man überprüfen. Interessant wäre vor allem, wer sie trägt. (Und was ist aus all jenen geworden, die von denen, die in den 80ern auf den entscheidenden Stühlen saßen, abgelehnt wurden …?)Andreas Eschbach hat geschrieben:Was denkt ihr, warum das so ist?
Die Frage ist interessant genug, ein eigenes Thema draus zu machen. Hitparaden sind ja ohnehin schwer in …![]()
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... opic=12746
Wenn man dort sieht, wie lange die Liste ist und sie mit einer vergleichbaren Liste mit internationaler SF vergleicht, wird man die Frage von Andreas Eschbach mit Sicherheit beantworten können. Gerade wenn man berücksichtigt, wieviele jeder von uns von der deutschen Liste gelesen hat und wieviel von einer Top 100 der Besten SF Romane international.
Vielleicht sollte man mal einen Ordenr aufmachen:
Welche deutschsprachige phantastische Literatur liest ihr?
Mal sehen, was da überhaupt zusammen kommt und dann natürlich noch, wie die Bewertung der einzelnen Sachen ausfallen.
In der Top 20 der erfolgreichsten Filme letztes Jahr ist übrigens kein europäischer Streifen enthalten. Es ist also kein SF Nischenthema, das es eine englischsprachige Dominanz in Buch, Film und Musik gibt.
Die "SF-Fan" - Lesechallenge 2025
https://defms.blogspot.com/2025/01/die- ... -2025.html
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Re: Lieblingsbücher
Der Bitte möchte ich mich anschließen. Und bitte keinen Kurzgeschichten-Kram.muellermanfred hat geschrieben: Nenn mir mal jemand 10 herausragende Titel der deutschen SF des 21. Jahrhunderts, die ich gelesen haben muß, damit ich inhaltlich mitreden kann! Bitte mit Begründungen. Von alleine fällt mir nicht ein, warum ich dafür Geld ausgeben soll.
Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Das, geschätzter Frank, will ich als bisher stiller Mitleser dir jetzt aber doch mal reinreiben: Man kann sich natürlich fragen, warum die SCHAUMSCHWESTERN vom Vorauswahl-Komittee nicht nachnominiert worden sind. Aber die Hauptverantwortung tragen doch die "SF-Schaffenden" allgemein. Und da hat den zwei Kunkel-Vorschlagenden zu einer Nominierung schlicht und einfach die dritte Stimme gefehlt. Also deine, Mann.frankh hat geschrieben:Und so müssen Leute wie Thor Kunkel oder ich wohl damit leben, daß sie z. B. nie bzw. nie wieder wieder für einen Wohlfühl-Preis wie den KLP nominiert werden.
Melde dich wieder zurück und sorge dafür, dass es nächstes Mal anders wird!
Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Das wollte ich jetzt doch mal überprüfen, was beim schlauen Ordnungssystem meiner Handbibliothek zum Glück ganz einfach geht: Im Wohnzimmer steht ein Regal mit meinen Lieblingsbüchern bzw. den Büchern, die ich mindestens zweimal gelesen habe.Andreas Eschbach hat geschrieben:In diesen Zusammenhang passt eventuell eine Beobachtung, die sich mir bei diversen Wanderungen durchs Internet aufgedrängt hat und für die ich keine wirklich befriedigende Erklärung weiß: Es gibt zahllose Forenthreads, in denen irgendjemand die Frage stellt, "Was sind eure 10/20/5/42 Lieblingsromane der Science-Fiction?"
So eine Frage bleibt selten unbeantwortet: Ruck-zuckl trudeln die Listen der persönlichen All-time-Favoriten ein.
Doch auf diesen Listen finden sich so gut wie nie Titel deutschsprachiger Autoren.
Viele amerikanische und englische Romane, klar. Oft ein Lem oder ein Strugatzki. Selten ein Verne.
Aber so gut wie nie ein Jeschke, Hammerschmitt, Marrak, Lasswitz (um mich mal auf Nichtteilnehmer dieser Diskussion hier zu beschränken).
An diesem Phänomen ändern auch Fragevarianten wie "Romane der letzten 20/10/5 Jahre" nichts.
Auch die Frage nach "Lieblingsautoren" ergibt in der Mehrzahl Listen, die Stanislaw Lem + diverse Engländer + diverse Amerikaner aufführen.
Da kann man jetzt nicht mit Absatzzahlen und Werbeaufwand argumentieren, denn Lieblingsbücher sind ja auch mal Bücher, die man zufällig aus dem Antiquariat geklaubt hat: Ich würde schon davon ausgehen, dass die Leute da ihre echten Lieblinge auflisten und sich echt Gedanken machen, was ihnen gefällt.
Und in der Kategorie "gefällt/hinterlässt bleibenden Eindruck" scheinen deutschsprachige SF-Autoren irgendwie nicht so richtig gut abzuschneiden.
Das sind so über den Daumen 120 Stück. Rund die Hälfte davon fallen in die Rubrik Krimis.
Wenn ich die reinen SF-Titel rausziehe, sind das 14 Stück. Also nicht einmal ein Zehntel meiner Lieblingsbücher gehören zur SF.
Ich sortiere die vierzehn nach Sprachräumen.
Zehn Stück sind im Original englisch:
Brian W. Aldiss, AM VORABEND DER EWIGKEIT (Hothouse, 1962), zweimal gelesen
***Philip K. Dick, BLADE RUNNER (Do Androids Dream of Electric Sheep?, 1968), ungefähr viermal gelesen
Joe Haldeman, THE FOREVER WAR (1974), zweimal gelesen
Stephen King, DEAD ZONE -- DAS ATTENTAT (The Dead Zone, 1979), zweimal gelesen
***Ursula K. LeGuin, PLANET DER HABENICHTSE (The Dispossessed, 1974), fünfmal gelesen
***Ian McDonald, NARRENOPFER (Sacrifice of Fools, 1996), viermal gelesen
***Edgar Pangborn, DAVY (Davy, 1964), dreimal gelesen
Edgar Pangborn, DER SPIEGEL DES BEOBACHTERS (A Mirror For Observers, 1954), zweimal gelesen
Edgar Pangborn, EIN GLORREICHER HAUFEN (The Company of Glory, 1975), zweimal gelesen
***Eric Frank Russell, PLANET DES UNGEHORSAMS (And Then There Were None, 1962), neunmal gelesen
Ein Titel ist im Original französisch:
***Pierre Boulle, PLANET DER AFFEN (La Planète des Singes, 1963), dreimal gelesen
Und ganze drei Titel sind im Original deutsch:
***Andreas Eschbach, SOLARSTATION (1996), dreimal gelesen
Andreas Eschbach, EINE BILLION DOLLAR (2001), zweimal gelesen
Ernst Vlcek, GIB MIR MENSCHEN (1980), zweimal gelesen
So sieht dat aus bei mir.
Wobei zweimal gelesen noch nicht so richtig zählt, denn da passiert es mir oft, dass ich nach der zweiten Lektüre schon ahne: Ein drittes Mal lese ich dieses Buch bestimmt nicht mehr!
Wenn ich mal die Bücher mit Sternchen markiere, die ich dreimal oder noch öfter gelesen habe, meine ich, auch eine Antwort auf deine Frage bezüglich des (doch gar nicht mal so) schlechten Abschneidens deutscher SF zu haben:
Viele SF ist für mich
- nicht nah genug an den Figuren dran und
- nicht klar und entschieden genug im Ton.
Lieblingsbücher können nur solche sein,
- die einen nicht nur einmal wegfegen (durch eine tolle Idee, Stichwort Sense of Wonder), sondern
- die einen immer wieder wegtragen (weil man die Figuren oder den Ton liebt oder weil einen die Fragestellung nicht loslässt).
Frank Böhmert
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Ein wichtiger Aspekt, den ich in der ganzen Debatte noch nicht gelesen habe, ist, denke ich, folgender. Das mag sehr banal klingen, hat aber durchaus große Wirkung. Für amerikanische SF-Konsumenten ist es völlig normal, dass fantastische Handlungen in vertrauter Umgebung spielen. Für uns deutschsprachige SF-Konsumenten ist es völlig normal, dass fantastische Handlungen NICHT in vertrauter Umgebung spielen. Es geht gar nicht um die Forderung, dass Tentakel-Monster Hamburg usurpieren müssen, würden sie es aber tun, wäre das für uns erst einmal fast ungewöhnlich. Für einen Amerikaner ist es völlig normal, dass die Aliens grundsätzlich Los Angeles oder New York angreifen. So gerne ich Geschichten aus den USA lese, haben Geschichten aus vertrauter Umgebung durchaus auch ihren ganz speziellen Reiz, insofern ist eine, von den Initiatoren der Seite so gar nicht so gemeinte Forderung, nach mehr 'deutscher' SF zumindest bedenkenswert.
Wenn Frank H. zu Recht schreibt, dass viele Länder SF-mäßig Provinz sind, ist ihm dabei zuzustimmen, soweit ich das beurteilen kann. Ich frage mich aber, warum das bei Großbritannien keinesfalls so ist. Das kann doch nicht nur daran liegen, dass dort die gleiche Sprache wie in den USA gesprochen wird. Woran liegt es also, dass man Großbritannien wohl kaum den Rang verneinen kann, eine lebhafte SF-Szene mit großen Namen (Reynolds, Banks, Hamilton, Mieville usw.) zu haben?
Michael, dein Name-Dropping liest sich durchaus beeindruckend, Du weißt aber selbst viel zu gut, dass Deine Klage der Nicht-Wahrnehmung nicht-amerikanischer SF im wesentlichen an der Sprachbarriere liegt. Das fängt, das weißt Du auch sehr gut, schon bei ganz grundsätzlichen Dingen an - dass z.B. viele, die in der Verlagsbranche als Übersetzer tätig sind, schlicht nicht die Sprachen sprechen, in welchem die Luminaries schreiben, die Du u.a. erwähnst. Viele Übersetzer können Englisch, Französisch oder Spanisch, aber wer kann schon Tagalog oder Mandarin?
Und, sei mir nicht böse, aber vieles von dem Name-Dropping, was Du betreibst, scheinst Du auch nur vom Hörensagen her zu kennen, oder? Ich hoffe, dass Deine anderen Nennungen, die ich nicht beurteilen kann, mehr Substanz haben als die folgende:
@Jakob: Gerade bei deutscher SF lässt sich das Problem einer, ich nenne das mal 'verbissenen Ideologie', nicht ganz weg denken. Du zählst bei Deinen drei Favoriten Hammerschmitt und Dath auf. Wer deren und Dein Weltbild nicht so teilt, hat da gleich mehr Schwierigkeiten. Insofern ist auch wieder ein angloamerikanischer Verweis interessant: Jemand, der politisch ebenso einzuordnen ist wie China Mieville, geht so etwas in seiner Texten doch deutlich entspannter an (ja, gut, Dath kann auch sehr entspannt/entspannend sein). Ist das ein "deutsches" Problem?
@Frank B.: Wenn ich meine liebsten SF-Lektüren auflisten müsste, wären da vermutlich auch Romane von Andreas Eschbach drunter. Ich würde mich vermutlich ebenfalls für "Eine Billion Dollar", und dann das "Jesus Video" entscheiden.
Wenn Frank H. zu Recht schreibt, dass viele Länder SF-mäßig Provinz sind, ist ihm dabei zuzustimmen, soweit ich das beurteilen kann. Ich frage mich aber, warum das bei Großbritannien keinesfalls so ist. Das kann doch nicht nur daran liegen, dass dort die gleiche Sprache wie in den USA gesprochen wird. Woran liegt es also, dass man Großbritannien wohl kaum den Rang verneinen kann, eine lebhafte SF-Szene mit großen Namen (Reynolds, Banks, Hamilton, Mieville usw.) zu haben?
Michael, dein Name-Dropping liest sich durchaus beeindruckend, Du weißt aber selbst viel zu gut, dass Deine Klage der Nicht-Wahrnehmung nicht-amerikanischer SF im wesentlichen an der Sprachbarriere liegt. Das fängt, das weißt Du auch sehr gut, schon bei ganz grundsätzlichen Dingen an - dass z.B. viele, die in der Verlagsbranche als Übersetzer tätig sind, schlicht nicht die Sprachen sprechen, in welchem die Luminaries schreiben, die Du u.a. erwähnst. Viele Übersetzer können Englisch, Französisch oder Spanisch, aber wer kann schon Tagalog oder Mandarin?
Und, sei mir nicht böse, aber vieles von dem Name-Dropping, was Du betreibst, scheinst Du auch nur vom Hörensagen her zu kennen, oder? Ich hoffe, dass Deine anderen Nennungen, die ich nicht beurteilen kann, mehr Substanz haben als die folgende:
Der Typ heißt Takashi mit Vornamen und von seinen um die 80 (!!) Regie-Arbeiten lassen sich allenfalls ungefähr eine Handvoll der SF zuordnen, der Fantastik noch ein paar mehr. Miike als SF-Filmer zu bezeichnen, ist deshalb aber absurd. Da würde er mit am lautesten drüber lachen. Wie gesagt, ich hoffe, dass die anderen von Dir genannten Namen stichhaltiger zugeordnet sind.Michael Iwoleit hat geschrieben:Und Kollege Ralph Doege ist nicht der einzige, der seit Jahren darauf hinweist, daß die asiatischen
SF-Filmer in Punkto formaler und inhaltlicher Kreativität zur Zeit wohl weltweit führend sind (ich sage nur: Takeshi Miike).
@Jakob: Gerade bei deutscher SF lässt sich das Problem einer, ich nenne das mal 'verbissenen Ideologie', nicht ganz weg denken. Du zählst bei Deinen drei Favoriten Hammerschmitt und Dath auf. Wer deren und Dein Weltbild nicht so teilt, hat da gleich mehr Schwierigkeiten. Insofern ist auch wieder ein angloamerikanischer Verweis interessant: Jemand, der politisch ebenso einzuordnen ist wie China Mieville, geht so etwas in seiner Texten doch deutlich entspannter an (ja, gut, Dath kann auch sehr entspannt/entspannend sein). Ist das ein "deutsches" Problem?
@Frank B.: Wenn ich meine liebsten SF-Lektüren auflisten müsste, wären da vermutlich auch Romane von Andreas Eschbach drunter. Ich würde mich vermutlich ebenfalls für "Eine Billion Dollar", und dann das "Jesus Video" entscheiden.
Zuletzt geändert von Oliver am 10. Mai 2011 11:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Wow, Frank – ich wollte, ich wäre so bien organisé wie Du ...Frank Böhmert hat geschrieben:Das wollte ich jetzt doch mal überprüfen, was beim schlauen Ordnungssystem meiner Handbibliothek zum Glück ganz einfach geht: Im Wohnzimmer steht ein Regal mit meinen Lieblingsbüchern bzw. den Büchern, die ich mindestens zweimal gelesen habe.

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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Mir fehlen in der deutschen Science-Fiction die plausiblen Extrapolationen realer Physik und gesellschaftspolitischer Trends in die Zukunft. Hierzulande wird SciFi entweder als bloße Kulisse für möglicherweise spannende, letztendlich jedoch belangslose Abenteuergeschichtchen genutzt oder die Einordnung "SF" wird (in meinen Augen) mißbraucht, um völlig abgedrehte, jedoch unplausible Settings zu kreieren. Mit Science-Fiction hat das dann meist kaum noch was zu tun. Diesen Science-Fantasy-Mist (rein persönliche Wertung) mit dem neutraleren Wort "Phantastik" zu tarnen, hilft dabei auch nicht weiter.
Nachtrag: Andreas Eschbach beherrscht das, etwa in "Ausgebrannt", deshalb ist er auch einer der wenigen deutschen SF-Autoren in meinem Regal.
Nachtrag: Andreas Eschbach beherrscht das, etwa in "Ausgebrannt", deshalb ist er auch einer der wenigen deutschen SF-Autoren in meinem Regal.
Re: Lieblingsbücher
Diese Liste ist doch so aussagekräftig wie die Autobiographie eines schwer Alzheimerkranken.Michael Schmidt hat geschrieben:Die Diskussion gab es im Nachbarforum:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... opic=12746
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105
www.fantasybuch.de
Psalm 119, 105
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig
Oliver hat geschrieben:Michael, dein Name-Dropping liest sich durchaus beeindruckend, Du weißt aber selbst viel zu gut, dass Deine Klage der Nicht-Wahrnehmung nicht-amerikanischer SF im wesentlichen an der Sprachbarriere liegt.
Natürlich. Das Problem habe ich ja selbst bei InterNova. Wenn ich neue Autoren anspreche, ist die erste Frage immer: Hast Du
englische Übersetzungen zur Hand? Beim Spanischen und Französischen muß ich mir schon Assistenz holen. Wenn man mal nachfragt,
ist aber durchaus eine Menge verfügbar. Das Englisch beginnt sich für internationale Autoren als Vermittlungssprache
zu etablieren. Amerikanische Verlage und Magazine nehmen das Materiel nur sehr begrenzt ab (aber hier gibt es schon Spezialisten,
zum Beispiel Apex). Deshalb werden englische Fassung von europäischen Magazinen gern angenommen, um in die Landessprache
weiterzuübersetzen. Einen SF-interessierten Direktübersetzer z.B. vom Deutschen ins Kroatische zu finden, ist eine Glückssache.
Von Spanisch nach Englisch ist schon einfacher. Vermehrt schreiben Autoren auch direkt in Englisch bzw. übersetzen selbst.
Zugestanden, Miike ist ein schlechtes Beispiel. Vom asiatischen Kino habe ich eigentlich keine Ahnung, war nur von einzelnenUnd, sei mir nicht böse, aber vieles von dem Name-Dropping, was Du betreibst, scheinst Du auch nur vom Hörensagen her zu kennen,
oder? Ich hoffe, dass Deine anderen Nennungen, die ich nicht beurteilen kann, mehr Substanz haben als die folgende:
Beispielen beeindruckt, die mir Freunde empfohlen haben. Die anderen habe ich durchaus gelesen, aber zugegebenermaßen
nur einzelne Bücher, weil für umfassende Werkkenntnisse einfach zu wenig Übersetzungen vorliegen. Von den genannten Namen
kannst Du Dich im Internet leicht überzeugen. Klein und Jeury gehören eigentlich zum SF-Kanon und sind auch in Amerika, wenn
nicht berühmt, so doch bekannt. Die genannten Skandinavier schreiben regelmäßig Phantasisches, sind aber vielleicht noch bekannter
im Mainstream (Bringsvaerd ist Theaterautor, Madsen war schon für den Nobelpreis vorgeschlagen), Bioy-Casares ist ein Freund
und Co-Autor von Borges und weltbekannt. Gorodischer ist spätestens seit einer Übersetzung durch Ursula LeGuin ein Begriff.
Mag sein, daß ich die Sache der internationalen SF mit etwas missionarischem Eifer vertrete, aber ich bin nicht der einzige, und
zur Relativierung sei gesagt, daß ich tatsächlich keine ausländischee SF-Produktion so gut kenne wie die deutsche und die
amerikanisch-britische - was ich zunehmend als Mangel empfinde. Für umfassende Kenntnisse müßte ich mindestens noch
Spanisch und Französisch lesen können. Die Idee der internationalen Zusammenarbeit wird aber auch von englischsprachigen
Kollegen interessiert aufgenommen, also könnte wirklich etwas dran sein. Eric Brown und Justina Robson, die doch für sich
erfolgreiche SF-Autoren sind und es nicht nötig hätten, leisten für InterNova unbezahlte Lektoratsarbeit. Ich erwähne das
nicht, um mich damit zu brüsten. Ich bin dankbar und finde es erstaunlich, daß sie es machen.
Die Bewältigung der Sprachbarriere ist immer auch eine Frage der Entschlossenheit. Schau Dir mal das Programm des
Schweizer Unions-Verlags an: Erlesene Direktübersetzungen aus zahlreichen Kultursprachen. Ich frage mich immer, wie
die Burschen das machen. Viel Geld kann nicht dabei rumkommen. Von einem Roman des ägyptischen Nobelpreisträgers
Mahfuz haben sie, glaube ich, in fünf Jahren nur 300 Exemplare verkauft, bis der Mann dann unversehens auch im Westen
bekannt wurde.
Gruß
Michael