Thomas Wawerka hat geschrieben:Andreas Eschbach hat geschrieben:Der Punkt ist, dass man eben nicht Kreativität durch Meinungsumfragen ersetzen kann. Man muss machen - und dann erst sieht man, wie es ankommt. Das ist das Risiko, das man eingehen muss.
Du plädierst also dafür, dass ein Autor einfach schreibt, was ihm ein- und gefällt. Hm ... Ich hatte gerade von dir den Eindruck, dass du den Markt recht genau beobachtest und analysierst.
Interessant. Darf ich fragen, wie dieser Eindruck entsteht?
Irgendeine Rolle muss das schon gespielt haben, sonst hättest du ja auch eine deiner vielen anderen Ideen umsetzen können, die nun in deiner ganz privaten "development hell" vor sich hinfaulen.
Die
faulen da nicht, die
reifen. Der wesentlichste Punkt bei der Entscheidung, was der nächste Roman werden soll, ist die Frage, welche Idee ausgereift genug ist. Ich habe eine Menge Ideen, zu denen mir noch Anfänge fehlen, oder Schlüsse, oder Hauptfiguren, oder überhaupt 90% von dem, was man braucht.
Sonst hättest du auch nicht so erfolgreich deine Position im Markt einnehmen können.
Das dürfte eher darauf zurückzuführen sein, dass ich einen ziemlich durchschnittlichen Geschmack habe: Was mir gefällt, gefällt meistens auch einer Menge anderen Leuten.
Schlüsse aus dem Markt zu ziehen heißt ja nicht nur, Trends hinterherzulaufen, sondern auch Nischen zu finden, oder?

Kurz und gut, ich nehme dir dein Plädoyer für die künstlerische Freiheit nicht vollumfänglich ab.
Ich glaube, du verwechselst da was. Man kann sich allenfalls überlegen, welche seiner Ideen am besten in die aktuelle Stimmung passen, aber man
kommt nicht auf Ideen, indem man andere fragt, was sie lesen wollen. (Interessant vielleicht in diesem Zusammenhang: Ich krieg ja seit Jahren immer wieder - obwohl ich auf dem Kontaktformular meiner Website ausdrücklich bitte, das nicht zu tun - "tolle" Romanideen von allen möglichen Leuten zugeschickt. Manche wollen die Hälfte meiner Tantiemen, andere wollen mir die Idee einfach schenken. Bloß: Bisher war noch
nie - in all den Jahren nicht - eine einzige Idee darunter, aus der man ernsthaft einen guten Roman hätte machen können.
Nicht eine.)
Und das mit der aktuellen Stimmung kann sich heutzutage viel zu schnell ändern, als dass man danach gehen könnte. Klar wäre es jetzt toll, mit einem Roman zur Finanzkrise
herauszukommen - aber wenn man jetzt erst anfängt, einen zu
schreiben, wird es, bis man fertig ist, heißen: "Och, alter Kaffee".
Nein, egal, ob Du mir das glaubst oder nicht: Die bessere Strategie ist, nach innen zu gehen und sich zu fragen, "welcher meiner möglichen Romane passt
jetzt als nächster zu mir, in die Reihe dessen, was ich in meinem Leben verwirklichen will?". Sich sein Oeuvre vom Totenbett aus vorzustellen und sich zu fragen, "dieser Roman, war den zu schreiben letztlich Zeitverschwendung, hat er nichts eingebracht außer ein bisschen Geld? Oder bin ich immer noch stolz darauf?". Klar, auch auf diese Weise wird man manchen Flop landen. Aber auf lange Sicht
weniger. Man muss allerdings darauf vertrauen, dass die innere Stimme klüger ist als die vielen Stimmen außen ...
Tatsächlich tut das ja fast niemand. Die meisten Autoren schreiben ihren ersten Erfolg immer wieder neu, mit leichten Veränderungen, oder eben das, wozu ihnen Verlage und/oder Agenten raten. Diejenigen, die unbekümmert was wagen, sind meist Erstlingsautoren, die noch nicht verschreckt sind vom Business – aber leider können die es oft noch nicht so richtig, und wenn, dann passiert es ihnen heutzutage immer häufiger (und ich erfinde das jetzt nicht!), dass ein Agent das Manuskript beiseite legt und sagt: "Okay, schreiben können Sie. Lassen Sie uns nun gemeinsam überlegen, was Sie schreiben müssen, damit ich Sie auch unterbringe."