Abgefahrene Borderline-Phantastik

Science Fiction in Buchform
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Thomas Wawerka
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Ich habs sofort korrigiert, Bungle - Jorge kenne ich nur als "wandelndes Lexikon" ... er taucht weiter oben im Thread mal auf, im Zusammenhang mit Bunchs "Moderan", daher der Verschreiber.
Von Egner habe ich ein Buch mit Kurzgeschichten, das ich auch vorstellen wollte. Aber ich finde es grad nicht. Hm... ausgeliehen, nicht zurückbekommen? Verdammt! Das waren wirklich gut erzählte, beklemmende, surrealistisch-phantastische Geschichten in der Tradition von Kafka, Dick, Bierce und Lynch; zumeist mit einem tiefgreifend verunsichernden Aspekt völliger Realitäts- bzw. Identitätsverwirrung. (Jemand anders in dieser Tradition soll ja Thomas Ligotti sein, für den ich mich bisher aber gar nicht erwärmen konnte.)
Von Jonathan Carrol hab ich bisher noch gar nichts gelesen. Was schreibt der denn so (außer über Pitbulls)?
"Hilfreich wäre es, wenn wir die, die sich dem Leistungsdruck widersetzen, bewundern, anstatt sie als Loser anzusehen." -
Svenja Flaßpöhler
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Helge
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Helge »

Carrolls Bücher würde ich unter "magischer Realismus" einsortieren. In Das Land des Lachens schreibt er über einen Autor (Autoren schreiben häufig über Autoren;-), der mit dem, was er schreibt, das tatsächliche Geschehen einer amerikanischen Kleinstadt und die Geschicke ihrer Bewohner bestimmt. Es geht dabei um die komplizierten Wechselbeziehungen und die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Betroffenen und dem Autor, der seiner Rolle als kleiner Gott nicht entkommen kann.
In Vor dem Hundemuseum engagiert ein arabischer Herrscher einen amerikanischen Stararchitekten, um ein Hundemuseum zu bauen. Nach und nach stellt sich heraus, dass die Sache viel mehr Tiefgang hat als es zunächst schien, und dass in dem Projekt eine ganze Menge Mystik steckt. Ein wenig okkultes Grundwissen ist auch hier beim Verständnis hilfreich.

Ich hatte Carroll aber hier nicht erwähnt, weil die Fantastik seiner Bücher nicht so durch die Decke geht, dass sie in diesen Thread gehören.
Ausreichend hochentwickelte Magie ist nicht von Technologie zu unterscheiden.
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Thomas Wawerka
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Och, das ist ja beim Ruinenbaumeister auch nicht direkt der Fall ...
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Beverly
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Beverly »

Je fantastischer, verrückter, abgefahrener, exotischer und origineller, desto besser! Aber das bezieht sich bei mir vor allem auf den Inhalt, die Form soll klar und sauber sein und es muss eine nachvollziehbare Handlung geben. Formale Experimente mag ich nur so weit, inwiefern sie den phantastischen Inhalt transportieren, nicht als Selbstzweck.
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von achimh »

Thomas Wawerka hat geschrieben: Von Egner habe ich ein Buch mit Kurzgeschichten, das ich auch vorstellen wollte. Aber ich finde es grad nicht. Hm... ausgeliehen, nicht zurückbekommen? Verdammt! Das waren wirklich gut erzählte, beklemmende, surrealistisch-phantastische Geschichten in der Tradition von Kafka, Dick, Bierce und Lynch; zumeist mit einem tiefgreifend verunsichernden Aspekt völliger Realitäts- bzw. Identitätsverwirrung. (Jemand anders in dieser Tradition soll ja Thomas Ligotti sein, für den ich mich bisher aber gar nicht erwärmen konnte.)
Von Egner habe ich eine ganze Menge gelesen und das ist tatsächlich schon ziemlich abgefahren, was der gute Mann zu Papier bringt. Die KG Sammlung die du meinst, ist vermutlich “Nach Hause“.

Wer hier unbedingt noch erwähnt werden sollte ist John Sladek, der z.B. mit seiner KG Sammlung “Die Menschen sind los!“ ähnlich abgedrehten Stoff bietet, wie Thomas Ligotti, den ich auch sehr mag.
Thomas Wawerka hat geschrieben:Von Jonathan Carrol hab ich bisher noch gar nichts gelesen. Was schreibt der denn so (außer über Pitbulls)?
Lohnt sich in jedem Fall, auch wenn der imo nicht so ganz in diesen Thread passt. Ich habe von Carroll alles gelesen, was auf deutsch erschienen ist. Beim ihm gefällt mir besonders, dass sich das phantastische Element zumeist fast unbemerkt – still und leise – in seine Geschichten schleicht.
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Bungle
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Ich habe noch nicht Wilde Schafsjagd, Mister Aufziehvogel und Hardboiled Wonderland oder das Ende der Welt von Haruki Murakami erwähnt.
Im ersten setzt sich ein Journalist auf die Spur des "Schafsmannes", der wie ein Schamane andere Menschen übernehmen kann.
Der zweite ist eine Art Parallelweltenroman, während der dritte auch in Unter- und Nebenwelten spielt, die nur im Kopf des Erzählers zu existieren scheinen.
Schafsjagd und Hardboiled Wonderland sind voller kurioser Ideen und Typen.

MB
Jorge
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Jorge »

Thomas Wawerka hat geschrieben:Romane, Kurzgeschichten etc. jenseits der ausgetretenen Pfade(und auf Genrezuweisungen wie "SF", "Horror", "Magischer Realismus", "Realismus" und was es sonst noch alles geben mag gut und gern verzichten kann)
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Helge
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Helge »

Ich hab noch einen Klassiker: Eine große Zeit von Fritz Leiber.
Die Handlung spielt in einer Station außerhalb des Universums, wo sich die Akteure des Zeitkriegs gelegentlich ausruhen können. Der Krieg scheint ewig zu dauern und wird von zwei Parteien geführt, den Spinnen und den Schlangen, die beide niemand kennt und über deren Ziele niemand etwas weiß. Sowohl die Soldaten als auch die Unterhaltungscrew in der Station sind einfach aus diversen Zeiten rekrutiert worden, meist erst nach ihrem Ableben. So tummeln sich mehr oder wenige normale Menschen, Geister, Mondmenschen, Satyre usw. auf der Station - bis irgendwann unerklärlicherweise der Versorger verschwindet, ein immens wichtiger Apparat, ohne den die Station im Nichts verschollen und selbst für die Spinnen und die Schlangen nicht mehr auffindbar ist.
Ausreichend hochentwickelte Magie ist nicht von Technologie zu unterscheiden.
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Habe diesen Thread ausgegraben, weil ich gerade ein Buch lese, dass hier sehr gut hereinpasst.
"Handbuch für Detektive" von Jedidiah Berry, kürzlich als Taschenbuch bei BTB erschienen.
Habe im liest zu Zeit Thread schon darüber geschrieben. Wenn Kafka und Chandler sich zusammengetan hätten, und auch noch ein bisschen bei Jorge Luis Borges hereingeschaut hätten. Eine Stadt am Meer, in der es fast immer regnet, eine Institution, die Agentur, die Verbrechen aufklärt und archiviert, als Zentrum. Wobei die Agentur eine gigantischer bürokratischer Apparat ist, bei dem die Linke die Rechte nicht mal kennt. Und die Menschen werden manipuliert, aber auch die Fallakten werden frisiert.
Bei der Wendung, die das Buch jetzt genommen hat, musste ich spontan an "Stark, der Traumdetektiv" von Michael Marshall Smith denken. Ja, die Träume kommen auch ins Spiel.

MB
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Re: Abgefahrene Borderline-Phantastik

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Bungle hat geschrieben:"Handbuch für Detektive" von Jedidiah Berry, kürzlich als Taschenbuch bei BTB erschienen.
Auch gekauft, finde aber schlecht rein. Irgendwie geht es nicht so recht vorwärts.
"Hilfreich wäre es, wenn wir die, die sich dem Leistungsdruck widersetzen, bewundern, anstatt sie als Loser anzusehen." -
Svenja Flaßpöhler
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