Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Das Forum für Ankündigungen über Science Fiction & Fantasy-Neuerscheinungen im Printbereich! Schamlose Eigenwerbung ist erlaubt! ;-)
Forumsregeln
Dies ist ein Forum für Buch-Neuerscheinungen. Büchermacher und Autoren: Hier erreicht ihr direkt eure Zielgruppe!
Schamlose Eigenwerbung ist hier explizit erlaubt! ;-)
Fenriswolf
Neo
Neo
Beiträge: 9
Registriert: 19. Januar 2013 11:11
Bundesland: Hessen
Land: Deutschland

Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Fenriswolf »

Tja, da ist er nun: der Band, der eigentlich schon vor einigen Jahren erscheinen sollte, aber angeblich zu brisant vom Thema her war... kann das überhaupt sein? Wir reden über Science Fiction.

Zugegeben: die Idee kam mir am 11.09.2001, kurz, nachdem die Twin Towers Geschichte waren. Mein erster Gedanke war: wer soll sie jetzt noch stoppen? Und gemeint waren damit nicht irgend welche spinnerte Terroristen der Taliban, al-Quaida oder sonstige Deppen... ich dachte an die USA, eine der rachsüchtigsten Nationen dieses Planeten. Wer es nicht glaubt: Pearl Harbour wurde mit Hiroshima und Nagasaki "vergolten" - nach offizieller Lesart der amerikanischen Geschichtsschreiber. Die Reaktion auf diesen Terrorakt müsste ungleich schrecklicher werden.

Was also könnten sich die Fachkatastrophiker in den Thinktanks der Erzkonservativen unter Bush ausdenken?
Mein erster Gedanke war: die bombardieren Mekka... aber das wäre den Ölinteressen der Amerikaner nicht so gut bekommen. Also musste der Gegenschlag um einiges subtiler erfolgen. Und dann kam ich auf die Lösung...

Knappe zweihundert Jahre später muss sich Lennard Green, der kashijakische Detektiv, mit seinem nahenden Tod auseinandersetzen. Sein ins Genom eingeschleustes Chlorophyll macht ihm zunehmend zu schaffen; die Ausserirdischen, denen er zu einer Art Asyl über Kashija verholfen hat, sind auch keine einfachen Zeitgenossen, zumal man sich kaum vernünftig mit ihnen verständigen kann. Und dann kommen ein paar Agenten der Wissenschaftlichen Konferenz und bitten ihn, ausgerechnet zur Erde zu fliegen, um ihnen aus einer Patsche zu helfen...

Zu viel will ich natürlich nicht verraten, allerdings haben die Leser, die sich die vorherigen fünf Bände einverleibt haben, nun endlich die Gelegenheit, die langfristig angelegte Geschichte zur Gänze zu genießen.
Oder - wie ich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu bemerken pflege: Jedes Wort zählt! In jedem der fünf vorherigen Bände - wie im richtigen Leben. irgend wann fällt alles auf einen zurück.

Lennard macht sich - ganz der hilfsbereite Trottel, der er ist - dennoch auf den Weg, bekommt es mit alten Freunden und neuen Feinden zu tun und erfährt am Schluss die Wahrheit über die Arabischen Kriege, ihren wirklichen Initiator und dem Grund für das Ende aller Religionen der Menschheit, allen voran: der Ausrottung des Islam...

Wie gesagt, ohne die Vorbände fehlt eigentlich am genussvollen Hintergrund, aber zur Not ließe sich Nummer sechs auch alleine lesen - sofern man bereit ist, die alten Bekannten als gegeben hinzunehmen. Aber ob das Tenira und Lady Fedora gerecht würde...?
Benutzeravatar
Bungle
SMOF
SMOF
Beiträge: 2816
Registriert: 23. Mai 2003 22:01
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Torsten Scheib "Götterschlacht"
Wohnort: Flussfahrerheim

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Bungle »

@ Fenriswolf: Das war jetzt keine sonderlich informative Ankündigigung. Ziemlich ins Blaue hineingeschrieben.
Immerhin hast du mich neugierig gemacht.
Wer weiter suchen will: Es ist das Buch Michael Wolf: Lennard Green - Plan der Vollendung. 6. Band einer Reihe um diesen Weltraumdetektiven. Erschienen Ende 2012 im Kornmayer Verlag.
Eine Leseprobe wäre hilfreich.

MB
Fenriswolf
Neo
Neo
Beiträge: 9
Registriert: 19. Januar 2013 11:11
Bundesland: Hessen
Land: Deutschland

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Fenriswolf »

In Sachen Lennard Green...

An und für sich ist die Lennard-Green-Storyline keine reinrassige SF.
SF im Sinne der wissenschaftlichen Fiktion hatten wir zuletzt im "Blauen Palais" oder bei "ReGenesis" in geradezu beängstigender Perfektion serviert bekommen. Der breite Rest ist Alien-Kriegs-Weltraumballerei in wechselnder Darbietung.
Mir war der wissenschaftliche Anteil wichtiger,
Ganz so arg ist es dann aber doch nicht geworden...

Die Frankfurter Rundschau titelte weilands zum Erscheinen des ersten Bandes: "Die Story ist komplex..."

Natürlich ist sie das, hätte ich am liebsten ausgerufen.
Es gibt nicht nur Klimaveränderungen, oder Überbevölkerung, oder Umweltverschmutzungsproblematik, oder Robotik, oder Astronautik und Raumfahrt, oder Krankheiten,oder politische Umstürze, Ressourcenverknappung und so weiter - es gibt das alles simultan. Entsprechend ist die Zukunft bei Lennard Green angelegt: es gibt alles, jederzeit, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Raumfahrt - wahnsinnig teuer und durchaus elitär - Drogen, machtbesessene Politiker, verantwortungsvolle und verantwortungslose Wissenschaftler, ultramoderne Roboter und uralte Atomkraft nebeneinander... es gibt neue Machtblöcke wie die Planetare Union, die Nordstaaten und die Asiatische Allianz, etliche besiedelte Welten, die mittels spezieller Raumfahrttechnologie erreicht werden können, selbsternannte Rächer und zahlreiche Nutznießer des etablierten Systems. Und mitten drin: der Detektiv bzw. Geheimagent Lennard Green, dessen Genom von den Koryphäen der Wissenschaft "verschlimmbessert" wurde, allen voran sein Vater, Edmund Stahlinger.

Die Geschichte beginnt um das Jahr 2216.
Nach den Arabischen Kriegen Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts hat sich die Menschheit auf der Erde wieder einiger Maßen berappelt.
Europa liegt nach wie vor unter einem dicken Eisschild; die einzelnen Staaten haben ihre Metropolen unter die Erde verlagert und leben in riesigen Kavernen und kleineren Höhlen, erstmalig als Europäer tatsächlich vereint.
Arabien und Teile Nordafrikas sind radioaktiv verseucht und unbewohnbar.
Der Restkontinent Afrika liegt ausgebrannt und mehr tot als lebendig in der Glut der Sonne.
Nordamerika schottet sich massiv gegen den immer stärker drängenden Süden mit seinen Menschenmassen ab, und die asiatischen Gesellschaften haben sich zur Asiatischen Allianz unter chinesischer Führung zusammengeschlossen, um zu überleben.
Dabei haben die besiedelten Kolonialwelten nur wenig Anteil; die Raumfahrt ist zu kostspielig und eingeschränkt, um von dort Entlastung bringen zu können. Zudem leistet sich nur die Planetare Union unter westlicher Leitung diesen Luxus; die Asiaten konzentrieren sich auf ihr irdisches Territorium.

Eine dieser neuen Welten ist Kashija. An sich ein ganz netter Ort - wäre da nicht die extrem harte Sonneneinstrahlung, die bei Menschen in kürzester Zeit zu schweren Verbrennungen, Blindheit und Hautkrebs führte.
Aufgeben wollte man diesen Planeten dennoch nicht, ergo wurde die Wissenschaftliche Konferenz auf das Problem angesetzt. Ein erster Erfolg bei der Schaffung eines resistenten Menschenstammes waren die Augen: sie glänzen in seidigem Kupfer und schützen sich selbst vor übermäßiger Strahlung. Erblinden war kein Thema mehr.
Derart ermutigt, machten sich die Frauen und Männer um den Chefgenetiker Edmund Stahlinger daran, die nächsten Generationen zu züchten - unter Verwendung des auf Kashija vorhandenen perfekt angepassten pflanzlichen und tierischen Genmaterials. Die Resultate waren jedoch verheerend; Chimären aller Art wurden geboren, nicht lebensfähig und für die austragenden ahnungslosen Mütter regelmäßig tödlich. Ein Aufstand der zivilen Bevölkerung war die Folge, im Zuge der Pogrome wurden sämtliche "Weißkittel" gelyncht, Kashijas Siedlung durch eine militärische Strafaktion zerstört und sämtliche Siedler deportiert. Seitdem sind vierunddreißig Jahre vergangen... und nicht alle Kashijaken sind inzwischen verstorben. Insbesondere die Kinder aus den Versuchsgruppen L und M leben noch, verstreut über alle Welten der besiedelten Galaxis, auch auf der Erde.
Lennard Green ist Kashijake der Gruppe L. Das L steht für die Einarbeitung kashijakischen Chlorophylls ins menschliche Embryonalgenom. Die Versuche waren von zweifelhaftem Erfolg gekrönt.
Alles in allem nicht ganz einfach für den jungen Mann, sich in der Welt zu behaupten; es geht nichts über ein gutes Vorurteil: Kashijaken gelten als bedingt kommunikationsfähig, leicht reizbar und streitsüchtig - Stichwort: Pogrom.


Das ist das Spielfeld, auf dem sich der Protagonist bewähren muss.
Ihm zur Seite steht ein alter VA-Roboter namens Schmitt mit seinen erstaunlichen Fähigkeiten.
VA stand ursprünglich für "vast autonomy", einem Werbefeldzug der Fisher Robotics entliehen. Aber wie heute kein Mensch ernsthaft von einem Automobil oder Personenkraftwagen sprechen würde sondern kurz und knapp Auto sagt, hat sich das VA als Synonym für hochentwickelte Robotertechnik eingeprägt.
Und nicht zu vergessen: MARLA.
Als tatsächliche Konsequenz aus den verheerenden Arabischen Kriegen, denen mehr als drei Milliarden Menschen zum Opfer fielen, hat sich neben der Bildung der Wissenschaftlichen Konferenz die überlebende Menschheit dazu durchgerungen, die Kontrolle über sämtliche Nuklearwaffen an einen Supercomputer abzugeben. MARLA ist ein Quantenrechner, dessen Hauptanlage in Washington, D.C. steht und der über unzählige Dependancen in der ganzen Welt verfügt. Die VA-Roboter, die ebenfalls über Quantenchips verfügen, sehen sie aus irgend welchen Gründen als ihre Mutter an - aber das ist bis auf wenige Ausnahmen reine Sentimentalität.

Zu den Hintergründen:
Für die Wissenschaftliche Konferenz, die sich im Auftrag der Menschheit mit der Lösung der dringendsten Probleme befasst, stand tatsächlich die IPCC Pate. Ob die Erwartungen, die klügsten Köpfe werden es schon richten, berechtigt sind? Immerhin sind es Menschen.

MARLA entspringt dem gleichen Gedanken. Warum nicht etwas konstruieren, dass nicht nur zur superschnellen Simulation irgend welcher Kriegs- oder Autorennspiele taugt, sondern nebenbei auch noch etwas Nützliches fertig bringt? MARLAs Möglichkeiten sind enorm - aber durch die Naturgesetze und ihre menschlichen Benutzer doch limitiert.

Die VA-Roboter haben in ASIMO und ASIMO II ihre Vorbilder. Nur sind sie wesentlich agiler, intelligenter und hübscher. Allerdings mit einer Einschränkung: ihr Äusseres ist erkennbar künstlich; nicht, dass es unmöglich wäre, ein menschliches Antlitz zu schaffen - der psychologische Effekt für die Kunden wäre jedoch katastrophal. Von daher: man muss jederzeit erkennen, mit wem oder was man es zu tun hat.

Die Raumfahrt mittels Tunnelreisen und Zyklotrontriebwerken habe ich einer Idee aus Taylors Buch "Schwarze Sonnen" entwickelt; Taylors Überlegungen, wonach der Raum durch Masseansammlungen wie Sonnen oder eben Schwarze Löcher quasi perforiert und durchlässig würde, habe ich auf die Spitze getrieben und die Tunnelgeneratoren entworfen. Zumal das Hantieren mit Schwarzen Löchern nicht so simpel ist wie es sich anhört. Taylor hatte übrigens die Idee, zwei Schwarze Löcher umeinander kreisen zu lassen und aus den resultiernden Gezeitenkräften neuartige Kraftwerke zu konzipieren.. .(ahem, ja, vielen Dank).
Kashija: Pate hierfür war die Erde, und zwar mit Ozonloch. Von Australien erhielt ich die ersten Berichte über die Folgen erhöhter UV-Einstrahlung. Sinniger Weise erblindeten massenweise einheimische Vögel, und immerhin starben so viele RoadTrain-Fahrer an Hautkrebs, dass findige Geschäftsleute auf die Idee kamen, Armstulpen herzustellen und zu verkaufen, damit die rauen Burschen auch weiterhin den rechten Arm bei ihren langen Überlandfahrten aus dem Fenster hängen lassen konnten...! Darauf muss man kommen. Wer es nicht glaubt: ein einziger Urlaub in DownUnder müsste genügen. Im Radío werden täglich die burn times durchgegeben, Mittags zwischen zwölf und zwei Uhr wird im Freien generell nicht mehr gearbeitet, dichtschließende Sonnenbrillen und Hüte mit Nackenschutz sind fester Bestandteil der Schuluniformen geworden... ja, wir passen uns an.
Und schließlich die Kashijaken selbst: warum nicht die Haut der Menschen mit Hilfe von eingeschleustem Chlorophyll gegen Sonnenbrand immunisieren und im Gegenzug sogar noch Energie und Sauerstoff für die Zellen herstellen lassen?
Zugegeben, als ich die Methode erfand, war das noch etwas weit hergeholt. Inzwischen jedoch wurden Meeresnacktschnecken entdeckt, die genau das von Haus aus können: sie fressen Algen, verdauen diese jedoch nicht, sondern lagern deren Chlorophyll samt Mitochondrien in ihre Körperzellen ein. Für eine gewisse Zeit versorgen diese dann den Körper der Schnecken mit Energie; Untersuchungen, wie lange das Material vorhält und in welchen Intervallen die Schnecken neue Algen fressen müssen, laufen noch. Oh, ja, das Leben allein auf der Erde ist so fantastisch...

Nur auf Ausserirdische muss man bei Lennard Green bis zum fünften Band warten.
Auch für diese Begegnung der besonderen Art habe ich mir etwas anderes einfallen lassen, abseits von Übersetzungsmaschinerien und ähnlichen Krücken, die mangels Syntax wohl niemals funktionieren würden, von den kulturellen Hürden reden wir da mal lieber gar nicht. Und was den Erlebnishorizont der OBESITEN angeht... sind schon interessante Burschen.

Um es gleich vorweg zu sagen: der erste Band ist - leider - der schwächste; aber um die Grundlagen für den Fortgang der Story auszubreiten, unumgänglich. Und bei meinen Büchern gilt nach wie vor: jedes Wort zählt! Nicht wenige Leser - auch sogenannte versierte! - meinten nach dem vierten Band: "ich muss die ersten nochmal lesen... da hast Du doch das und das schon mal erwähnt, richtig?"
Richtig - vor der ersten Veröffentlichung habe ich zehn Jahre am Konzept gearbeitet und entsprechend viele Details zusammengetragen.
Oder, wie es die Rundschau bemerkt hatte: "Die Story ist komplex..."
Fenriswolf
Neo
Neo
Beiträge: 9
Registriert: 19. Januar 2013 11:11
Bundesland: Hessen
Land: Deutschland

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Fenriswolf »

So, und noch ein Nachtrag, damit die letzten Unklarheiten beseitigt sind; Die Titelliste :smokin

Band 1: Lennard Green Die Feder des Phönix

Band 2: Lennard Green Die Perlen von Proxima

Band 3: Lennard Green Die Gilde der letzten Tage

Band 4: Lennard Green Die Hüter der Zornblume

Band 5: Lennard Green Das Schiff der Sinistren

Band 6: Lennard Green Der Plan der Vollendung

Im Zeitalter von Internet und Guck- emoll-doo sollte es kein Problem sein, die Bücher zu finden; wahlweise hilft der freundliche Buchhändler des geringsten Misstrauens gerne aus - oder direkt der Verlag oder ich höchstpersönlich, was dann - auf Wunsch - auch mit signierten Bänden gewürdigt wird.

Leseproben gibt es derzeit leider noch keine, aber ich werde versuchen, etwas bei Amazon einzuschieben... wenn die das zulassen! Mit den Damen und Herren habe ich schon einige Sträusschen ausgefochten ("Wie? Der Verleger ist nicht identisch mit dem Autor?" "Ach, eine Buchreihe ist das? Deshalb die ähnlich klingenden Titel...") Immer wieder gerne gelacht... :kopfkratz:
Stefanie
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 192
Registriert: 13. August 2012 17:35
Land: Deutschland

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Stefanie »

Fenriswolf hat geschrieben: Leseproben gibt es derzeit leider noch keine, aber ich werde versuchen, etwas bei Amazon einzuschieben... wenn die das zulassen!
Ich weiß nicht, was man da mit Amazon anstellen muss, aber ich würde sagen, klemm dich unbedingt dahinter, dass es irgendwo Leseproben online gibt. Vielleicht auch auf der Verlagsseite.
Wenn man auf der Verlagsseite guckt, dann ist das ein Kochbuch-Verlag :o das verwirrt erstmal.
Fenriswolf
Neo
Neo
Beiträge: 9
Registriert: 19. Januar 2013 11:11
Bundesland: Hessen
Land: Deutschland

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Fenriswolf »

Hallo,

ja, in der Tat, der gute Evert hat sich eher mit Kochbüchern diverse Preise verdient und ist international ein big shot, was haute cuisine angeht, aber er ist nun auch mal der Freund mit dem Verlag... lange Geschichte.
Anyway, werde mal mit Amazonien Kontakt aufnehmen - manchmal klappts leicht, aber manches Mal... wie gesagt, Spezialisten und Experten. Auf die Gestaltung der Verlagsseite habe ich leider keinen Einfluss, aber sooo unmöglich dürfte das mit der Leseprobe auch nicht sein.

Grüße aus Winterfell
Fenriswolf
Neo
Neo
Beiträge: 9
Registriert: 19. Januar 2013 11:11
Bundesland: Hessen
Land: Deutschland

Re: Lennard Green: Der Plan der Vollendung

Ungelesener Beitrag von Fenriswolf »

Zweiter Versuch: Leseprobe - das hier dürfte schneller gehen als auf Amazonien zu warten.
Ein paar Auszüge, damit ihr einen ersten Eindruck bekommt.

Auszug 1: von Anfang an...

Grün.

Kein banales Dunkelgrün, eher ein kräftiges Lindgrün, wie Schmitt es nannte.

Den optischen Systemen des Roboters war zu trauen. Sie konnten das Spektrum wesentlich detaillierter analysieren und bewerten, als es ein menschliches Auge vermocht hätte.
Das galt auch für kashijakische Augen.

Er mochte dieses Grün.
Eigentlich.
Eine angenehme Farbe, nicht schreiend wie Gelb, verschlagen wie diverse Brauntöne, oder unangemessen überbordend wie Rot.
Blau wäre auch noch gegangen, schwarz sowieso, aber der Farbton hatte nicht zur Debatte gestanden.

Ja, er liebte diese Farbe.
Seine Farbe.
Allerdings hätte sie sich nicht an seinem Hals zeigen müssen.
Genau genommen: nirgends an seinem Körper!

Der Fleck breitete sich nach wie vor in seinen Hautzellen aus - der massiv zurecht gestutzten Lebenserwartung des Trägers zum Trotz.
Dem eingelagerten Chlorophyll schien es nichts auszumachen, dass sein Wirt in Kürze an den Folgen der unfreiwilligen Symbiose zu Grunde gehen würde.

Wobei "unfreiwillig" die Sache nicht korrekt wiedergab.

Die Wissenschaftler hatten sich alle Mühe gegeben, um sein Genom mit Hilfe des Blattgrüns zu verbessern; die Mitochondrien und sämtliche notwendigen zusätzlichen Veränderungen wie Anpassung der Salzkonzentration innerhalb der Zellen und dem ganzen Mist inbegriffen. Schließlich durfte das eingeschleuste Material nicht geschädigt oder gar als Fremdkörper attackiert werden, sondern sollte eine positive Wirkung entfalten.

Hautkrebs war auf Kashija immer ein Thema gewesen; das Grünzeug sollte die Siedler vor diesem Schicksal bewahren.

Die Versuche waren von zweifelhaften Erfolgen gekrönt gewesen.

Historie, wie der Detektiv konstatierte. Geschichte, die kaum einen der heute Lebenden interessierte.
Einen Schlussstrich ziehen, neu anfangen; das war Lionels Devise.
Sie waren nach Kashija zurückgekehrt und hatten die Besiedlung wieder in Angriff genommen.
So langsam kamen den Staatsgründern allerdings Zweifel, ob das eine so gute Idee gewesen war.

Trotz veränderter genetischer Anlagen gab es erhebliche Probleme mit dieser Welt. Die kashijakische Haut kam nicht mit der Sonne zurecht. Selbst die der "verbesserten" Generationen L und M.
In ihnen steckte einfach zuviel "Restmensch".

Die kupfern schimmernden Augen der Siedler waren tatsächlich optimal an die enorme Sonneneinstrahlung angepasst worden. Auch ein gentechnisches Experiment; allerdings mit positivem Ausgang. Ein Merkmal, dass inzwischen alle einheimischen und auf den Kolonialwelten geborenen Kashijaken aufwiesen.
Stahlingers Team war für die aussergewöhnliche Farbe der Regenbogenhäute verantwortlich - und hatte damit ein kleines Meisterstück abgeliefert.
Das hatte die Weißkittel übermütig werden lassen.
Die Folgen waren bekannt.
Auf der Erde hatte sie niemand haben wollen - jetzt sah es so aus, als wäre ihr Mutterplanet ebenfalls wenig erfreut über die neuen, alten Bewohner.


>Woran denkst Du gerade?<

Sie hatte sich lautlos genähert und ließ ihre Fingerspitzen über seine nackte Brust gleiten. Die Berührung elektrisierte ihn.
Im Spiegel konnte er ihr Gesicht sehen. Für ihn das schönste Gesicht des bekannten Universums; selbst Marlas Selbstdarstellungen konnten da nicht mithalten.
Die Finger der Frau verkrallten sich leicht in seine Oberarme.
Den Fleck ignorierte sie; vielleicht nahm ihn Fedora auch wirklich nicht mehr bewusst wahr.
Sie kannte Lennard in- und auswendig.
Ihn und sein Stigma.
Der Kashijake bedauerte aufrichtig, nicht noch mehr Zeit mit ihr verbringen zu können.

>An Salat< antwortete er mit einem Lächeln, drehte sich um und zog sie an sich heran.
Ihre Augen funkelten amüsiert, auch wenn sie längst nicht das gleiche Feuer entwickeln konnten wie seine eigenen.
Die kupferfarbene Iris war in der Lage, ein unvergleichliches Leuchten zu produzieren - Abfallprodukt der optimalen Anpassung an Kashijas Stern. Erblindung musste Green jedenfalls nicht fürchten.
Der Nachteil war, dass man einen Kashijaken schon von weitem an der leuchtenden Augenfarbe erkennen konnte.
Dumm, dass sein Volk als rauflustig, unberechenbar und latent aggressiv galt.

>Salat... in meiner Gegenwart?<
Sie warf die langen Haare zurück und lachte mit ihrer glockenhellen Stimme, dass es ihm einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. >Muss sich um eine kashijakische Spezialität handeln...<

Fast hätte er vergessen, dass sie sich auf der Werft befanden; am liebsten hätte er seine Geliebte geschnappt, in eine Drohne gesetzt und mit ihr ein paar neue Orte auf Kashija erkundet - mit oder ohne Klamotten; das spielte keine Rolle.

Die Lead-Commanderin löste sich aus seiner Umarmung und begann, ihre Uniformteile zusammenzusuchen.
Seit Lady Fedora das Kommando über die Weltraumwerft im Orbit von Kashija inne hatte, war aus der strengen Kleiderordnung eine wesentlich bequemere Variante entstanden.
Solange alle die gleiche, unverkennbare Markierung am Ärmel trugen, war der erfahrenen Frau der Schnitt der Kleidung egal; Hauptsache, sie sah auf einen Blick, wer zu ihrem Trupp gehörte und wer nur Gast oder auf der Durchreise war.
Eine läppische Maßnahme mit enorm positiver Wirkung auf die Moral ihrer Mannschaft.

>Ich muss gestehen, es fällt mir schwer, an etwas Vernünftiges zu denken, solange ich mit Dir zusammen bin, aber manchmal gelingt es.<
>Salat? Vernünftig? Vier Fragen: Was hast Du getrunken, wieviel davon, ist das Zeug legal - und kann ich auch was davon haben?<

Sie lachten, als gäbe es kein Universum, das ständig neuen Ärger produzierte.

Green hatte es noch nicht über sich gebracht, ihr von seinem ganz persönlichen Problem zu berichten.
Der Arzt war in seiner Beurteilung unangenehm konkret und direkt gewesen.
Er würde sterben.
An sich keine Sensation, das taten alle Organismen irgend wann.
Nur hatte Lennard Green ein ungefähres Enddatum bekommen, und die verbleibende Zeit zerrann ihm zwischen den Fingern.
Das eingeschleuste Zellmaterial erwies sich als Danaer-Geschenk. Es schützte den Wirt eine Zeitlang vor den extremen Strahlungen des Muttergestirns - um ihn dann wie ein Parasit auszulaugen und zu töten.

Der Kashijake wartete noch immer auf einen geeigneten Moment, um seiner Geliebten das Unvermeidliche zu beichten.
Anscheinend gab es für diese Art Neuigkeit keinen passenden Augenblick.


Zuerst hatte er versucht, mit Echikunwokas Hilfe ein Gegenmittel zu generieren.
Leider war die Obesita kaum in der Lage, sein Anliegen zu verstehen; immerhin hatte die Ausserirdische sehr schnell erkannt, dass ihn sein Untermieter früher oder später umbringen würde.

Dann war da noch dieser Kallawaya.
Es lag wohl in der Natur des Problems, dass Jorge keine große Hilfe gewesen war.
So empathisch und fähig der seltsame Weißkittel auch war - diese Aufgabe hatte selbst das hutzlige Männchen überfordert.


>Wir haben morgen einen Empfang. Hochoffiziell. Eine Salatbar mit einheimischen Gewächsen könnte da Eindruck schinden. Immerhin kommt nicht irgend wer.<

Die Frau nickte beiläufig, während sie in die weichen, hautengen Stiefel schlüpfte.
>Ich weiss - ich habe die Burschen schließlich hier auf der Station begrüßt.<
Sie seufzte.
>Humboldt hat sich bestimmt einen abgebrochen, um eine Delegation hierher zu schicken. Die Weißkittel waren bis jetzt nicht gerade überschwänglich, was diplomatische Kontakte angeht.<
Lady Fedora warf ihm einen abschätzenden Blick zu.
>Die haben noch nicht mal versucht, Spionsonden auszusetzen. Und die Station wurde auch nicht infiziert... wenn etwas noch verdächtiger ist, als Spionageversuche, dann das völlige Fehlen von Geheimdiensttätigkeit. Man könnte meinen, die nehmen uns nicht ernst.<

>Vielleicht ist das Gegenteil richtig: Humboldts Herren wollen es sich nicht mit uns verscherzen und schenken sich diese Spielchen - vorerst. Wenn wir nicht spuren, werden sie sich das nochmal überlegen.< Lennard zögerte einen Moment lang. >Ausserdem wissen sie von Jorge, dass wir harmlose, nette Leute sind. Die meisten, jedenfalls.<

>Ich muss los.<
Sie schnappte ihr Info-Pad und eilte zur Tür.
>Frühschichten sind Mist, aber wenn ich mich ausklinke, wird das nicht gerade als Vorbild durchgehen. Grüßt Du unseren Sohn von mir? <
>Klar. Sonst noch was?<
Sie zögerte.
>Da wäre noch einiges... am liebsten würde ich Dich zu dem Empfang begleiten, um Deine Zornblume im Auge zu behalten. Na, ja, falls sich die Humboldtianer nicht benehmen, frag´ sie einfach nach ein paar Atombomben. Das sorgt garantiert für Stimmung.<

Lady Fedora...
Lennard lachte noch, als die Tür längst in die Füllung zurückgeglitten war.
Die Lead-Commanderin war wirklich hartgesotten.
Natürlich würde er dieses Thema aussparen. Lionel Dee könnte sonst einen Herzinfarkt erleiden.

Diplomatie war nicht gerade seine Stärke, und Dee tat alles, um den einstigen Mitstreiter vom Parkett der Weltpolitik fernzuhalten, aber immer klappte das nicht.
Lionel fühlte sich in der Rolle des Politikers sichtlich wohl; dass der Mann, der Lennards genetisches Schicksal teilte, wesentlich mehr Verhandlungsgeschick besaß als bei Kashijaken üblich, war ein offenes Geheimnis.

Green lächelte, während vor dem Panoramafenster ihres Appartments Kashija auftauchte und sich mit erhabener Geschwindigkeit wieder aus dem Blickfeld verabschiedete.
Die Sonnenuntergänge auf Scarlet waren zwar fantastisch, aber wenn es um die Heimatwelt der Kashijaken ging, zählte das wenig. An sich neigte er nicht zu Gefühlsduseleien, aber er liebte diese Welt, trotz aller Probleme. Seine Zeit auf Scarlet begann bereits in der Erinnerung zu verblassen; irgend wann würde er sich kaum mehr an sein kleines Haus inmitten der Wildnis erinnern.
Er straffte sich.
Lionel Deikman, dessen Nachnamen Lennard selbst in Gedanken so gut wie nie benutzte und gewohnheitsmäßig mit "Dee" abkürzte, hasste es, wenn man ihn warten ließ.

In ein paar Stunden würde der Detektiv wieder festen Boden unter den Füßen haben. So nett die Werften auch sein mochten, einen echten Planeten konnten sie niemals ersetzen.
Lennard seufzte.
Sein Leben war von etlichen Höhen und Tiefen geprägt, und derzeit schwelgte er in einem unverdienten Luxus, umgeben von Leuten, die ihm nicht sofort ans Leder wollten... von seiner ganz persönlichen Roboterschar ganz zu schweigen.

Es hätte so schön sein können, wenn diese Geschichte mit seinem Körper nicht wäre.
Klagen auf hohem Niveau, wies er sich selbst zurecht. Er hatte kein Recht, sich zu beschweren.
Den anderen Genmanipulierten ging es ähnlich oder sogar noch schlechter.

Ihm blieb noch ein Jahr - im besten Fall.

Zeit, die es zu nutzen galt.

Noch war er nicht tot, und er beabsichtigte, Spuren zu hinterlassen.


*

Auszug 2, ein paar hundert Seiten später...


Berlin war… anders.

Anders jedenfalls, als er es sich nach all den Geschichten und Anekdoten, die selbst in den entfernten Winkel der Menschheitsgalaxis kursierten, vorgestellt hatte.

Lady Fedora hatte ihn zwar gewarnt, nicht zu viel auf das allgemeine Geschwätz zu geben, aber das hier…

Die Empfangshalle direkt unterhalb des Towers war so gut wie komplett verwaist. Ausser einer Handvoll Fußgänger, die sich in der riesigen Anlage verloren und mehr oder weniger hastig unbekannten Zielen entgegeneilten, war absolut nichts los.
Geschäfte? Fehlanzeige; von bestimmten Vergnügungseinrichtungen ganz zu schweigen.
Lennard hätte geschworen, dass es kaum einen toteren Ort als Kashijas Hauptstadt zur Mittagszeit geben könne - hier sah er sich mit einer echten Alternative konfrontiert.

Es würde nicht einfach werden, ein Taxi zu bekommen.
Das Info-Terminal - weit und breit das einzige, das er entdecken konnte - war dermaßen demoliert, dass es ihn wunderte, wieso um alles in der Welt noch niemand die nutzlose Säule demontiert und verschrottet hatte.

Seinen Kommunikator wollte er hier unten nach Möglichkeit nicht benutzen; einerseits kannte er die notwendigen Zugriffskodes auf das hiesige Netz nicht, andererseits wollte er ihren Widersachern nicht unbedingt seinen Standort durch Nutzung des Info-Netzwerks verraten. Selbst in einem so löchrig überwachten Land wie Europa war die Rückverfolgung eines Gesprächs problemlos möglich.
Er verwünschte den Umstand, sich nicht vorher mit Racket abgestimmt zu haben; vermutlich hing der alte Knabe noch in den Nordstaaten ab und kümmerte sich entweder um Kramer - oder um andere, wesentlich erotischere Dinge.
Egal. Der alte Agent kannte Lennards Funkadresse und würde im Notfall direkt Kontakt aufnehmen. Das war zwar ebenso verräterisch, aber wozu gab es sonst Notfälle?

Kurz entschlossen pickte er sich einen der wenigen Menschen hier unten heraus und beeilte sich, der davonhastenden Gestalt hinterher zu laufen. Irgend wo musste es hier doch eine Möglichkeit geben, dieser Tristesse zu entkommen.

Er erreichte den jungen Mann gerade, als dieser einen Fahrstuhl betrat.
>Hallo< sagte Lennard zur Begrüßung; leider fiel ihm kein für europäische Verhältnisse passender Spruch ein.
Das war auch nicht nötig. Der Junge sah ihn zunächst nur mit Desinteresse an, offenbar überrascht, dass hier jemand grüßte. Als er die kashjakischen Augen entdeckt hatte, war es mit seiner Zurückhaltung jedoch vorbei.
>Joh, Männe, time to party?< platzte der Schneemann heraus und lächelte so breit, dass nicht viel gefehlt hätte, und die Mundwinkel wären dabei eingerissen.

>Ja< erwiderte Green so lässig wie möglich, obwohl die Uhrzeit gar nicht nach Party aussah. >Dachte mir, warum nicht mal nach Berlin?<
>Du bist wirklich nicht von hier< kam es zurück. >Da oben gibt´s doch gar nix, nur´n paar Moonie-Dealer. Der Punk geht weiter unten ab.<

Der verschwörerische Unterton sollte wohl so etwas wie Seelenverwandtschaft bekunden. Davon war der Detektiv jedoch meilenweit entfernt.
Weder war er auf der Suche nach Drogen, noch an heftigen Feten interessiert. Im Augenblick schien es aber keine andere Möglichkeit zu geben, als sich durch die tieferen Ebenen in Richtung Bibliothek vorzuarbeiten. Zum Glück gab es keine Zeugen, ausser…
>Dealer? Was ist mit der Überwachung?< fragte er harmlos.
Sein unfreiwilliger Fremdenführer lachte abermals.
>Männe, von wo kommst Du denn? Ah, ich seh´ schon: Kupferaugen. Wenn das Dein Fetisch ist, von mir aus.
Also, nur für Dich, den echten "Fremden": Überwachungskameras gibt´s hier schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr. Sind entweder ausgefallen oder geklaut. Aber wen stört das schon? Da, wo wir zwei Hübschen hin wollen, sind die sowieso unerwünscht - falls Du verstehst, was ich meine.<

Das waren zweischneidige Neuigkeiten; einerseits würde er keine Unterstützung erhalten, weil niemand mitbekommen würde, falls er in Schwierigkeiten geraten sollte.
Andererseits konnten sich seine unbekannten Gegner samt Wotan nicht in die Systeme einhacken und ihn aufspüren. Was auch immer ihn dort unten erwartete, es bot sich eine unschlagbare Gelegenheit, für eine Weile zu verschwinden.
Eine Erschütterung ließ ihn innehalten.
>Todeslässig, was?< meinte das Bürschchen, schloss genießerisch die Augen und ließ den Kopf zu einem unhörbaren Rhythmus wippen.
>Was war das? Ein Erdbeben? Eine Bombe?< wollte Lennard nach einem sichernden Blick zur Decke des Aufzugs wissen.

Der Schneemann lachte lauthals los.
>Männe! Bombe? Das ist das Devils Drums! Du bist echt das erste Mal hier!<

Die Erschütterung kam wieder, diesmal regelmäßig, mehr oder weniger rhythmisch. Je weiter der Fahrstuhl in die Tiefe sank, desto stärker wurde das unterschwellige Vibrieren, dass einen dezenten Fluchtreflex auslöste, dem man in diesem Käfig jedoch nicht nachkommen konnte. Sein Unwohlsein verstärkte sich zusehends. Jetzt bereute Green, sich direkt nach Berlin gewandt zu haben.

Der Aufzug stoppte.
Dort draussen tobte ein mittlerer Krieg; zumindest klang es danach.
Was auch immer hinter den Türen vor sich ging, es war ganz sicher nicht gesundheitsförderlich...
Ein letzter, tiefer Atemzug, dann war die Galgenfrist vorüber.
Die Türen fuhren beiseite und machten einem unbeschreiblichen Chaos Platz. Hier mussten mehrere hundert, wenn nicht sogar tausende Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht sein. Die meisten konnten sich wohl kaum rühren, aber einige bewegten sich doch zu den Klängen unsäglicher Krachmusik. Devils Drums - der Name war Programm, daran bestand kein Zweifel.

Mehrere Bassschläge trommelten gegen Lennards Brustbein und brachten seinen Magen in Wallung, während seine Ohren zugefallen waren.
Der Lärm brandete in die kleine Kabine und umspülte die Männer wie die tobende See auf Scarlet Zwei.
Der Bursche wandte sich ein letztes Mal an den Kashijaken.

>Willkommen in Berlin, Kupferauge!< brüllte er ihm zum Abschied ins Ohr und stürzte sich ins Getümmel.

>Na, Klasse!<
Die Worte ertranken im Lärm der Musik. Lennard murmelte einen Fluch und begann, sich einen Weg durch die dicht gedrängte Masse aus Vergnügungssüchtigen zu bahnen.


*

Auszug 3, noch ein paar Seiten weiter...


...

Auf einem Display erschien der Name der Universität.

Draussen waren es nur wenige Meter aus dem Bahnhofsbereich bis zum Eingangsportal der Elitenschmiede.
Ein elektronischer Pförtner wies ihm den Weg in die Bibliotheken.
Tatsächlich: der Blechfreund hatte im Plural gesprochen.
Das war eine Überraschung. Für Lennard wäre schon eine einzige mehr als ausreichend gewesen.
>Wieviele Bibliotheken gibt es denn?< wollte er von der Maschine wissen.
>Sieben, dazu die Bibliophile Sammlung; letztere ist für die Öffentlichkeit leider nicht zugänglich.<
>Niemals?< fragte er nach.
>So ist es< kam die höfliche Bestätigung. >Diese Sammlung ist für rein wissenschaftliche Arbeiten vorgesehen. Sind Sie Student?<
>Selbstverständlich< platzte es aus dem Kashijaken. >Ich habe bereits drei Silvester Hektoliteratur studiert. Auf Kashija. Nettes Plätzchen.<
>Das bezweifle ich< entgegnete das Terminal und schaltete sich grußlos ab.

>Na, das war ja mal eine kreative Antwort< entfuhr es dem ertappten Schwindler.
Ungeachtet der erhaltenen Abfuhr wandte er sich direkt in Richtung der verbotenen Sammlung.
Niemand stellte sich ihm in den Weg. Das lag weniger an seinem Auftreten oder an dem Umstand, dass seine kupferfarbene Iris derzeit besonders abschreckend funkelte.
Es war keine Menschenseele zu sehen. Anscheinend herrschte gerade Vorlesungszeit.
Umso besser, dachte er und bog um die letzte Ecke vor seinem Ziel. Je weniger Schneemänner mitbekamen, dass sich jemand für den seltsamen Einbruch interessierte, desto weniger Spuren hinterließen seine Aktivitäten.
Er hätte auch nach dem Direktor fragen können, aber dann wäre er mehr als offiziell unterwegs gewesen. Die Genehmigung der Weißkittel hätte ein wahres Feuerwerk im Info-Netzwerk abgebrannt.
Nach seiner unheilvollen Begegnung von vorhin stand ihm der Sinn mehr nach verdeckter Ermittlung.

Ohne Probleme gelangte er in die Räume der so hochtrabend titulierten Bibliophilen Sammlung.
Dahinter verbarg sich - wie nicht anders zu vermuten - ein Sammelsurium aus alten und uralten Büchern; teilweise waren diese noch nicht mal auf Papier geschrieben, sondern auf Tierhäuten. In einer Vitrine waren ein paar behauene Steintafeln ausgestellt.
Sehr unpraktisch, aber extrem langlebig, wie Green neidlos anerkannte. Eine UD hatte eine mittlere Lebensdauer von einem Jahr. Gemessen an den Daten, die da eventuell verloren gehen konnten, eine riskante Verschwendung von Ressourcen. Andererseits ein verdammt einträgliches Geschäft: man war gezwungen, sich ständig Sicherungskopien anzulegen, um nicht eines unschönen Tages blöd dazustehen.

>Sie kommen spät; aber immerhin sind Sie gekommen.<
Der Mann, zu dem die von einer Empore herunterzischelnde Stimme gehörte, mühte sich die Wendeltreppe hinab, um sich vor ihm auszubauen.
Ein ziemlich ungleicher Kampf: Lennard überragte ihn um mehr als einen Kopf, aber das kratzte keineswegs am Ego des Bediensteten.
>Sie werden sich anstrengen müssen, wenn Sie es ernst mit Ihrem Studium meinen.< Das Zischen rührte wohl von einer Art Zahnfehlstellung her; jedenfalls schien es keine Marotte zu sein, sondern angeboren.
Lennard deutete eine unterwürfige Verbeugung an und legte dabei die rechte Hand auf seine Brust.
>Ich bin sicher, dass ich Sie überraschen werde< sagte er - aber bevor er sich zu erkennen geben konnte, hatte sein Gegenüber bereits mehrere Schritte zwischen sich und den vermeintlichen Studenten gebracht.
>Das hier hätten sie mitnehmen können, und das da, und dort hinten sogar eine alte Gutenberg... aber was erwarte ich auch von heutigen Vandalen? Kenntnisse in Geschichte? Wissen über den wahren Wert alter Dinge?< Er schüttelte den Kopf und fuhr mit seinem Selbstgespräch fort. Hastig eilte der Detektiv dem Bibliothekar hinterher.
>Einbrecher - ins Allerheiligste! Keinen Respekt haben diese Burschen mehr. Und woran vergreifen sie sich? An einem Computer! Wertloser Plunder... wo habe ich nur...< Er suchte in seinen Manteltaschen nach irgend etwas, gab seine sinnlosen Bemühungen jedoch kurz darauf wieder auf.
>Und Sie kommen augenscheinlich von Kashija... haha, was für ein Wortspiel! Augenscheinlich!< Der Mann tippte sich an den Kopf. >Nun, alle Kashijaken sind augenscheinlich von Kashija, nicht wahr?<
Obwohl Lennard den munter vor sich hin zischelnden Kerl irgend wie zu mögen begann, beschloss er, das Treiben zu beenden.
>Ich bin kein Student< eröffnete er dem Bibliothekar.
Der sah ihn an wie ein seltenes Tier.
>Das weiss ich auch< versetzte er ihm einen kleinen Schock. >Ein Blöder kann erkennen, dass Sie aus dem Alter längst heraussen sind.
Ich heisse Georg Balther; und Ihren Namen will ich überhaupt nicht wissen. Sie haben sich hier hereingeschlichen, also werden Sie Gründe dafür haben. Kein Mensch verirrt sich hierher. Also, was wollen Sie? Ihren kleinen Raubzug mit einem Erfolg krönen?<
>Sie halten mich für den Einbrecher< stellte Lennard fest und hob abwehrend die Hände - wobei sich nicht vermeiden ließ, dass auch dieses Mal seine Waffe deutlich erkennbar wurde.
>Und? Liege ich damit so falsch?< wollte Balther wissen und nickte in Richtung Revolver.
Mit verkniffener Miene ließ Green die Waffe wieder unter seinem Jacket verschwinden. Das hätte er vorsichtiger anstellen sollen.
>Nur zur Selbstverteidigung< sagte er entschuldigend.
Balther lachte auf.
>Klar - und Moonies werden nur zur Bewusstseinserweiterung eingeworfen!<

>Ich bin wegen des Einbruchs hier - insofern liegen Sie richtig. Allerdings soll ich ihn untersuchen und nicht vollenden.<
Bei den letzten Worten hellte sich das Gesicht des Bibliothekars deutlich auf.
>Das ich das noch erleben darf!< rief er aus, packte Lennard am Ärmel und zerrte ihn mit sich zu einer kleinen Tür.
>Der Notausgang - wurde von aussen nach innen genutzt, was weder üblich noch vorgesehen ist. Normaler Weise müsste das einen Alarm ausgelöst haben, aber wer auch immer hier war, er hat es zu verhindern gewusst. Sehr umsichtig.< Georg Balther machte ein finsteres Gesicht. >Denn wenn ich den Burschen erwischt hätte...< Mit seinen Händen machte er eine Geste, die wohl "den Hals umdrehen" bedeuten sollte.
In der Tat, so etwas hätte leicht geschehen können - mit ihm selbst. Wotan stoppte man nicht so ohne Weiteres.
>Tja, verpassten Chancen soll man nicht nachtrauern< entgegnete Lennard und sah sich die Tür mit Hilfe seines Scanners genauer an.
Ein recht simples elektronisches Schloss, natürlich nicht quantenkryptisch gesichert.
Wozu auch? So, wie es aussah, juckte dieser alte Plunder niemanden; noch nicht einmal die hiesigen Studenten.

Balther führte ihn als nächstes vorbei an etlichen Exponaten zu einem leeren Sideboard.
Den Spuren zufolge hatte hier bis vor kurzem noch ein Gerät gestanden.
>Ein verdammter Computer... diese Banausen hätten unschätzbare Kleinode mitgehen lassen, aber Nein! Ein Rechner musste es sein.<
>Waren irgend welche sensiblen Daten drauf?<
>Ach was! Aber mein Bestandsverzeichnis ist dort abgelegt gewesen. Alle Daten: futsch!< Das Zischeln hatte ein gefährlich feuchtes Ausmaß angenommen.
>Das hätte man auch herunterladen können< meinte der Detektiv nach einer kurzen Besichtigung des Tatorts.
Der Bibliothekar lächelte hinterhältig.
>Eben nicht!< Er nickte in einer äusserst selbstzufriedenen Art, während er seinen Gast musterte.
>Schauen Sie: wir werden hier mit finanziellen Mitteln so knapp gehalten, dass wir uns keine neue Ausrüstung zulegen können. Seit Jahren geht das nun schon so. Wer hätte gedacht, dass das mal zu irgend etwas gut wäre. Dieser alte Rechner gehört seit einem halben Jahrhundert in ein Museum; entsprechend gibt es keine Anschlüsse, mit denen sich aktuelle Systeme anschließen lassen. Den Kode können Sie leicht knacken; aber wenn man jede Seite einzeln aufrufen muss, um den Inhalt zu sichten... viel Spaß dabei.< Balther atmete tief durch. >Und ich dachte schon, Sie hätten sich irgend was aus dem Verzeichnis herausgesucht und wollten das jetzt mitgehen lassen< erklärte er.
>Keine Angst. Ich versichere Ihnen: Ihre Bücher sind vor mir sicher.<
>So, so.<
>Ja. Ehrlich.< Er warf einen Blick in die Halle. >Gab es das schon mal? Auftragsdiebstähle?<
>Was glauben Sie denn? Da draussen warten unzählige Sammler nur auf einen schwachen Moment, und schon verschwindet wieder ein wertvolles Werk im Safe eines Privatmenschen. Viel zu schade für diese Meisterwerke. Und wenn eine Bibliothek partout nicht verkaufen will, helfen manche gerne ein bisschen nach...<
Der Mann musterte Lennard, als wollte er sich jedes Detail der vollkommen gewöhnlichen Aufmachung einprägen. >Wie läuft es so auf Kashija?< kam die überraschende Frage.

Green überlegte kurz.
Er hätte über Fortschritte und Rückschläge schwadronieren können, oder Allgemeinplätze am Fließband vom Stapel lassen - dumm nur, dass er kein Politiker war.
>Es geht so. Viele der Siedler können mit der alten Heimatwelt nichts anfangen; die meisten sind noch nicht mal dort geboren worden. Dazu kommt Kashijas Strahlung, die uns mehr zu schaffen macht als gedacht. Eigentlich fällt mir kein vernünftiger Grund ein, an dieser Welt als Siedlungsplanet festzuhalten.<
>Und unvernünftige Gründe?< bohrte der Alte lauernd nach.
Der Detektiv neigte den Kopf zur Seite.
>Nun: es ist unsere Heimatwelt< antwortete er ehrlich.
>Dachte ich mir< kam es zufrieden zurück, wobei das Zischeln fast völlig fehlte - mangels geeigneter Buchstaben kein Wunder.
...


Das soll es erst mal gewesen sein; ich hoffe natürlich, dass es dem geneigten Leser/ der geneigten Leserin gefallen hat.
Einstweilen viele Grüße aus Winterfell!
Antworten