Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Wer ein Buch, das allgemein als Klassiker verstanden wird, überarbeitet, weil bestimmte Passagen seiner Meinung nach nicht mehr zum Zeitgeist passen, der hat aus meiner Sicht tatsächlich die moralische Pflicht, nicht nur diese Version zu veröffentlichen, sondern auch die Originalversion verfügbar zu halten. Eben damit das Publikum mit den Füßen abstimmen kann.
Ansonsten darf sich der Verlag letztlich nicht wundern, dass es in der Öffentlichkeit zu einem -neudeutsch- shit storm kommt. Das liegt nicht daran, dass das empörte Publikum ein rassistisches wäre, sondern daran, dass Preußler und Lindgren (ja, doch) Weltliteratur sind.
Hätte der Verlag eine Neuübersetzung von Pippi Langstrumpf in Auftrag gegeben, wäre der Aufschrei ausgeblieben (es sei denn, die Übersetzung wäre schlecht gewesen). Aber das selektive Ersetzen schlimmer Wörter hat in meinen Augen etwas sehr bigottes und verlogenes an sich.
Ansonsten darf sich der Verlag letztlich nicht wundern, dass es in der Öffentlichkeit zu einem -neudeutsch- shit storm kommt. Das liegt nicht daran, dass das empörte Publikum ein rassistisches wäre, sondern daran, dass Preußler und Lindgren (ja, doch) Weltliteratur sind.
Hätte der Verlag eine Neuübersetzung von Pippi Langstrumpf in Auftrag gegeben, wäre der Aufschrei ausgeblieben (es sei denn, die Übersetzung wäre schlecht gewesen). Aber das selektive Ersetzen schlimmer Wörter hat in meinen Augen etwas sehr bigottes und verlogenes an sich.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Genau. Denn letztlich ist das hier doch ein Argumentationskettenvergleich.Valerie J. Long hat geschrieben:Worüber sollte man sich denn dann ereifern?

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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Sehe ich nicht so.Doop hat geschrieben:Aber das selektive Ersetzen schlimmer Wörter hat in meinen Augen etwas sehr bigottes und verlogenes an sich.
Hab' ich aber mal.
Aber dann war da ein sehr kluger Artikel auf SpOn (den ich jetzt nicht mehr wiederfinde), der mir das erklärt hat. Einleuchtend und logisch, wie ich finde. Denn auch Wortinhalte und Assoziationen ändern sich im Laufe der Zeit und müssen angepasst werden. Man muß sich das (und dieses Beispiel finde ich sehr gut) als Übersetzung aus jüngerem Altdeutsch vorstellen.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Hänge ich mir neue Gardinen ins Fenster, deren Stoff mir modischer erscheint, muss ich auch die alten aufheben?Doop hat geschrieben:Wer ein Buch, das allgemein als Klassiker verstanden wird, überarbeitet, weil bestimmte Passagen seiner Meinung nach nicht mehr zum Zeitgeist passen, der hat aus meiner Sicht tatsächlich die moralische Pflicht, nicht nur diese Version zu veröffentlichen, sondern auch die Originalversion verfügbar zu halten.
"Zeitgemäß" ist ein schönes Stichwort. Jüngst (naja...) wurde der "Fänger im Roggen" neu übersetzt. Besser. Aber, weil sich die Sprache ändert, auch zeitgemässer. Muss der Verlag nun auch die Böll-Übersetzung lieferbar halten, obwohl die lausig ist?
Wir reden hier ja nicht nur von originären Werken. Sondern vor allem von Übersetzungen. Muss Goldmann jetzt tatsächlich die alten Pratchett-Übersetzungen lieferbar halten, weil sie den kompletten Autor neu übersetzen lassen? Heyne des gesamten Stephen King, weil der zu zwei Dritteln nur verstümmelt erhältlich war und ebenfalls grade erst komplett neuübersetzt wird? Wer definiert hier "Klassiker"? Haben wir eine (*hüstel*) Zwei-Klassiker-Gesellschaft im Buchhandel, wo in dem einen Text rumgedoktert werden darf ("kein Klassiker") und in dem anderen nicht?
Das Problem ist, dass du den Rattenschwanz, der an deinen Wünschen dran hängt, nicht siehst. Der ist lang und gewunden. Das da oben sind sehr praktische Erwägungen, die sich aus deinen Aussagen ergeben. Sie führen direkt ins Paradoxe, und das ist ein Problem.
Ach ja, wie handhabt VPM das mit den Silberbänden?
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'nuff said.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Ellen, Du scheinst meine Postings nicht zu lesen...
Übrigens gibt es weiterhin zwei Übersetzungen des Hobbit im laufenden Angebot sowie zwei vom Herrn der Ringe.Doop hat geschrieben:Hätte der Verlag eine Neuübersetzung von Pippi Langstrumpf in Auftrag gegeben, wäre der Aufschrei ausgeblieben (es sei denn, die Übersetzung wäre schlecht gewesen).
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Natürlich. Da rechnet es sich ja auch (derzeit, aber sicher noch für lange).
Das kann man nur nicht als Regel ansehen.
Und eine Neuübersetzung ist eine Textbearbeitung. Ich sehe keinen Unterschied, ob der Negerkönig in einer Überarbeitung der alten Übersetzung fehlt oder in einer Neuübersetzung.
Ich habe die Silberbände angeführt. Neben vielen anderen Gesichtsunkten spielte grade bei der Bearbeitung der frühen Bände der Zeitgeist eine starke Rolle.
Das kann man nur nicht als Regel ansehen.
Und eine Neuübersetzung ist eine Textbearbeitung. Ich sehe keinen Unterschied, ob der Negerkönig in einer Überarbeitung der alten Übersetzung fehlt oder in einer Neuübersetzung.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Um das noch klarzustellen: Nein, ich rede leider nicht mit jemandem, der mir auf Augenhöhe begegnet. Ich rede mit jemandem, der meinen Hinweis darauf, dass ein Gedenkthread zum Tod eines Autors als Ort für eine Diskussion, die ja auch deinem Bekunden nach mit Otfried Preußlers Person nichts zu tun hat, ein völlig unangemessener Ort ist, auf kindische Weise verdreht hat. Meine Worte so zu interpretieren, dass ich damit »kritische Stimmen mundtot [...] machen« wolle, ist blanker Unsinn. Die Schulhofrhetorik à la »Iiiich soll Preußlers Tod instrumentalisiert haben? Nein, duuuuu machst das!« ebenfalls. Gerade weil du ein Erwachsener bist, hast du Anspruch darauf, kritisiert zu werden, wenn du dich kindisch verhältst. Selbiges gilt für mich. Hält man es anders, bleibt das Gerede vom Gespräch auf Augenhöhe eine bloße Worthülse.TT hat geschrieben:Man muss schon ein ziemlicher Waschlappen sein, um sich nach Unterstellungen und verbalen Entgleisung, wie du sie dir geleistet hast, nicht wenigstens zu entschuldigen und zuzugeben, dass man sich im Ton vergriffen hat. Und spar dir bitte zukünftig dein melodramatisches Geseufze. Du redest hier mit jemandem, der dir durchaus auf Augenhöhe begegnet.
Gutes Beispiel. Bei Karl May betont der Ich-Erzähler stets, dass Schwarze Anspruch auf Gleichbehandlung haben (konkret: ebenso wie die Weißen ein Stück von der gebratenen Bärentatze bekommen). Gleichzeitig werden die schwarzen Figuren fast durchgängig so geschildert, als fehlte es ihnen an Intelligenz und an der Fähigkeit, im Wilden Westen ohne die Hilfe von Weißen zu überleben. Zudem verhalten sie sich albern und dienen als comic relief. Das veranschaulicht das Dilemma des angeblich so neutralen Wortes: Auch wenn es eine kurze Zeit lang im Vergleich mit anderen Wörtern eine relativ milde Bezeichnung gewesen sein mag, ist es doch in einem Kontext entstanden, der noch ungleich stärker von Rassismus geprägt war als die heutige weiße Mehrheitsgesellschaft. Mit anderen Worten: Das neutrale Zauberwort mutet nur deshalb so neutral an, weil es schon in einer Zeit als neutral galt, in der es auch neutrales, objektives »Wissen« war, dass Schwarze minderbemittelt oder Witzfiguren seien.lapismont hat geschrieben:Sehr schön bei Karl May zu sehen.
Zuletzt geändert von Anubizz am 21. Februar 2013 16:09, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Otfried Preussler
Das glaube ich so pauschal nicht, aber wenn es stimmte, dann ist diese Diskussion egal.lapismont hat geschrieben:Das ist nicht korrekt. Du vergisst, dass es erst seit wenigen Jahrzehnten üblich ist, Menschen mit schwarzer Hautfarbe mit Weißen gleichzustellen. Wer Mohr, Schwarzer oder N**** sagte oder schrieb, meinte eine niedere Lebensform.Bully hat geschrieben: […]
und dass "N****" erst seit ein paar Jahrzehnten negativ konnotiert wurde (vorher war das ein anderes N-Wort)[…]
Dann hat es keinen Einfluss, welches Wort man verwendet. Ein KKK-Mitglied, dass "Schwarzer" sagt, meint es sicher genauso verächtlich wie irgendwas mit "N" am Anfang, und vllt. werden die auch mal "Afro-Amerikaner" als Beleidigung verwenden. Oder wer weiß (no pun intendent), vllt. tun sie das schon.
Ein Mark Twain, der seine Figuren "Nigger" sagen ließ, wäre nach der Logik genauso ein Rassist wie jemand, der heute "Schwarzer" sagt, aber seine Kinder nicht mit schwarzen Kindern spielen lässt. (Mark Twain ließ in einem Buch einen weißen Jungen und einen dunkelhäutigen (Ex)-Sklaven Freundschaft schließen. Ist vllt. alles nur bigottes Heuchlertum, jaja.)
Dann sollte man alle Bücher, die vor 1970 geschrieben wurden, gar nicht mehr lesen, weil deren Autoren ja quasi per se Rassisten waren. Selbst, wenn "Mohr", "N****" oder "Schwarzer" in ihren Büchern nicht vorkommen, sie haben bestimmt mal darüber geredet oder nachgedacht.
Achso, und Hitler hat Juden "Juden" genannt. Das meinte er bestimmt als Beleidigung. Also ist es eine Beleidigung. Wir verwenden alle Nazi-Sprache, wenn wir über Juden reden. Auch die Angehörigen mosaischen Glaubens selber. Hört auf, darüber zu reden, zu schreiben, zu denken oder sonstwas zu tun.
Ja, ich habe Adolf H. in die Diskussion eingebracht, aber wenn wir über rassistische Autoren reden, darf er einfach nicht fehlen, finde ich.
Jim Knopf?Eine Figur als schwarz zu beschreiben, implizierte Dienereigenschaften etc.
Und jetzt ist es ein schwedischer Kapitän in der Südsee. Weil Schweden bekanntlich bessere Monarchen sind als irgendwelche Südseeinsulaner. Hat natürlich nichts mit der Hautfarbe zu tun, sondern mit den "inneren Werten". Ohne Frau Lindgren da was unterstellen zu wollen, die Gründe, warum man sowas unabhängig von der konkreten Wortwahl in einem rassistischen Sinne interpretieren könnte (z.B., weil man ein Rassist ist), sind eigentlich immer noch da.Sehr schön bei Karl May zu sehen. Darum wird auch ein weißer Kapitän König im Takatuka-Land und kein schwarzer in Schweden.
Aber, wie gesagt, wenn man will, kann man ja ein Wort durch ein anderes ersetzen, aber ich weiß nicht, ob das im Kampf gegen Rassismus so ein glänzender Sieg ist.
Anderswo known as Yart Fulgen
Re: Otfried Preussler
Es hat einen Einfluss, welches Wort man wie verwendet. Das ist dir doch auch bewusst. Man kann alles zur Beleidigung machen, aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass es egal ist, welche Wörter man gebraucht. Wie ein Wort wirkt, hängt immer vom Kontext ab, ob es eine Eigen- oder Fremdbezeichnung ist etc.Bully hat geschrieben:Dann hat es keinen Einfluss, welches Wort man verwendet.
Davon zu unterscheiden ist die literarische Verwendungsweise eines Wortes. Mark Twain wollte den Rassismus seiner Zeit darstellen, Otfried Preußler nicht. Anstößige Wörter aus Twains Buch zu ersetzen, würde die Aussage des Buches zerstören, weil es keine Möglichkeit gäbe, eine Bezeichnung wie Afroamerikaner sinnvoll auf das Thema zu beziehen, den Twain anschaulich machen wollte. Preußlers Kleine Hexe zeigt, gleichsam en passant, auf problematische Weise den Alltagsrassismus seiner Zeit, ohne dass dieser im Buch explizit Thema wäre. Es ist deshalb möglich, die anstößigen Wörter zu ersetzen, ohne die Aussageabsicht des Buches zu verändern, da sie nicht handlungsmotivierend sind. Im Fall von Pippi in Taka-Tuka-Land ist die Lage komplizierter. Man kann das Buch entschärfen, indem man ein Wort nicht mehr verwendet, das auf viele Menschen beleidigend wirkt. Man löst damit aber nicht das Problem, dass in dem Buch der Kolonialismus verherrlicht wird.
Was willst du denn damit zum Ausdruck bringen, dass du all diese sehr unterschiedlichen Fälle in einen Topf schmeißt?
Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Deinen Hinweis, aha. Hinweis?Anubizz hat geschrieben:Ich rede mit jemandem, der meinen Hinweis ...
Ich darf dich mal kurz zitieren:
"Wow, toller Spruch. Wäre fast originell, wenn er nicht schon vor Wochen tausendfach zum Besten gegeben worden wäre (und nicht auch damals schon mehr was für provokant sein wollende Würstchen gewesen wäre, wie die Titanic treffend bemerkte). Die Leichenfledderei, die im Wiederkäuen solcher hohler Bemerkungen zum Ausdruck kommt, ist einfach nur widerlich."
Und dann, im Post 19 kommt's noch dicker: "peinlich", "ekelhaft", "abstoßend", "Heuchelei", "Sprücheklopferei", usw.
Du machst mich blöd von der Seite an und beklagst dich jetzt darüber, dass ich mir das nicht bieten lasse? Ich glaube du tickst nicht mehr ganz richtig.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Darf ich Euch beide etwas zur Ordnung rufen? Ja? Danke.TT hat geschrieben:Und dann, im Post 19 kommt's noch dicker: "peinlich", "ekelhaft", "abstoßend", "Heuchelei", "Sprücheklopferei", usw.
Du machst mich blöd von der Seite an und beklagst dich jetzt darüber, dass ich mir das nicht bieten lasse? Ich glaube du tickst nicht mehr ganz richtig.
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Das hast du falsch verstanden. Ich beklage mich nicht. Ich stelle meine Sicht der Dinge dar.TT hat geschrieben:
Du machst mich blöd von der Seite an und beklagst dich jetzt darüber, dass ich mir das nicht bieten lasse?
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Unterschrieben, und wenn ich so manche Einlassung der Befürworter dieser Vorstufe der Bücherverbrennung (und das ist die ideologisch motivierte Bereinigung von Kulturgütern allemal) hier lese, dann fühle ich mich in die 70er Jahre versetzt, in denen die sogenannten 100%igen ähnlich zeitgeistselig über die Überlegenheit des Sozialismus schwadronierten.Doop hat geschrieben: Aber das selektive Ersetzen schlimmer Wörter hat in meinen Augen etwas sehr bigottes und verlogenes an sich.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Ich glaube, die Argumente sind ausgetauscht, jeder hat seine eigene Ansicht dazu, Aber vielleicht ist das Thema mehr ins Bewusstsein gerückt und man reflektiert mehr, wenn man bestimmte Wörter in Büchern findet.
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Re: Otfried Preussler
Achwas?Anubizz hat geschrieben:Es hat einen Einfluss, welches Wort man wie verwendet. Das ist dir doch auch bewusst. Man kann alles zur Beleidigung machen, aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass es egal ist, welche Wörter man gebraucht. Wie ein Wort wirkt, hängt immer vom Kontext ab, ob es eine Eigen- oder Fremdbezeichnung ist etc.Bully hat geschrieben:Dann hat es keinen Einfluss, welches Wort man verwendet.
Wenn wirklich bis vor wenigen Jahrzehnten jeder eine "niedere Lebensform" meinte, egal, ob er "Mohr", "N****" oder "Schwarzer" sagte oder schrieb, dann war es egal, welches Wort er verwendete. Man hätte gar keine Möglichkeit gehabt, über bestimmte Menschen zu reden, ohne eine "niedere Lebensform" zu meinen. Wenn man das zu Ende denkt, waren entweder alle Rassisten, oder man wurde automatisch zum Rassisten, wenn man über Menschen mittel- bis südafrikanischer Abstammung auch nur redete. Glaube ich beides nicht.
Aber wenn denn diese drei Wörter einen zu einem Rassisten machten, dann tun sie das noch heute. Warum sollte "Schwarzer" plötzlich ok sein, wenn man früher damit "niedere Lebensform" meinte?
Ich könnte einwenden, dass er möglicherweise weder selbst Rassist war, noch den Alltagsrassismus seiner Zeit zeigen wollte, sondern nur Wörter verwendete, die seinerzeit als wertneutral galten und von Nicht-Rassisten verwendet wurden (vorbehaltlich meine Hypothese, dass nicht alle Menschen Rassisten waren). Ich sehe einen Austausch insofern ein, als dass das Wort als solches selbst nicht mehr als wertneutral gilt.
Davon zu unterscheiden ist die literarische Verwendungsweise eines Wortes. Mark Twain wollte den Rassismus seiner Zeit darstellen, Otfried Preußler nicht. Anstößige Wörter aus Twains Buch zu ersetzen, würde die Aussage des Buches zerstören, weil es keine Möglichkeit gäbe, eine Bezeichnung wie Afroamerikaner sinnvoll auf das Thema zu beziehen, den Twain anschaulich machen wollte. Preußlers Kleine Hexe zeigt, gleichsam en passant, auf problematische Weise den Alltagsrassismus seiner Zeit, ohne dass dieser im Buch explizit Thema wäre.
Eigentlich wird nur Vater Langstrumpf verherrlicht, wenn man nach dem Text geht, andere schwedische Erwachsene sind weniger ähem "überlegen".Es ist deshalb möglich, die anstößigen Wörter zu ersetzen, ohne die Aussageabsicht des Buches zu verändern, da sie nicht handlungsmotivierend sind. Im Fall von Pippi in Taka-Tuka-Land ist die Lage komplizierter. Man kann das Buch entschärfen, indem man ein Wort nicht mehr verwendet, das auf viele Menschen beleidigend wirkt. Man löst damit aber nicht das Problem, dass in dem Buch der Kolonialismus verherrlicht wird.
Dass Lapismont das nicht zu Ende denkt.Was willst du denn damit zum Ausdruck bringen, dass du all diese sehr unterschiedlichen Fälle in einen Topf schmeißt?
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