Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Wie schon im Blog geschrieben, beschränkt sich mein Artikel auf den Roman "Erde in Gefahr". Was in späteren Romanen und in der Serie passiert, weiß ich nicht. Aber die "damsel in distress" ist ein beliebtes Motiv dieser Zeit.
Zuletzt geändert von Pogopuschel am 10. März 2013 13:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Wie übersetzt man "damsell in distress" eigentlich adäquat? Livesearch bietet mir "Damsell in Seenot" an, was mir irgendwie falsch vorkommt. *g
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Ups, da hatte ich ein l zuviel getippt. "damsel in distress" - dict.cc schlägt "Jungfrau {f} in Nöten" vor. Das kommt dem Original wohl am nächsten. Wobei die deutsche Bezeichnung nicht so gängig ist, wie die Englische. Man könnte auch "Fräulein in Nöten" nehmen. Den Begriff "Fräulein" halte ich inzwischen für unzeitgemäß und diskriminierend halte. Bei einer Übersetzung eines älteren Textes würde ich ihn aber trotzdem benutzen, einfach weil er damals üblich war.
Aber das wird hier jetzt zu OT. Ich wollte durch die Verlinkung zu meinem Blogeintrag nur zeigen, dass man auch als Übersetzer mit älteren Texten konfrontiert wird, die durchaus diskriminierende Begriffe und Inhalte enthalten können, und das man sich überlegen muss, wie man damit umgeht.
Aber das wird hier jetzt zu OT. Ich wollte durch die Verlinkung zu meinem Blogeintrag nur zeigen, dass man auch als Übersetzer mit älteren Texten konfrontiert wird, die durchaus diskriminierende Begriffe und Inhalte enthalten können, und das man sich überlegen muss, wie man damit umgeht.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
@Uschi Zietsch
Yep - verschlimmbessern birgt so manche feine Stilblüte. Etwa wenn Sam Frodo plötzlich mit "Chef" anreden darf. Demnächst dann Galadriel zu Gandalf "Ey, Alter!".
Die Argumentation mit sprachlicher Modernisierung holpert ein klein wenig, denn Shakespeare gewinnt genau wieviel, wenn ins Schriftdeutsch übertragen?
@In toto...
Das Bestreben um "Ja-nirgends-möglicherweise-irgendwann-Anecken" in Kinderbüchern hat vielleicht auch ein wenig mit der All-inclusiv-Einstellung mancher Eltern zu tun, die ihren Kindern nicht mehr erklären wollen/können was gut oder schlecht ist. Reden wir nicht mit unseren Kindern, weil das in kritischen Dingen "Aufgabe des Kindergartens, der Schule, der Universität zu sein hat"?!
Auch ne Form von Outsourcing.
Zu guter letzt drücken wir irgendwann den Sprößlingen nach der Geburt ein Handbuch in die Selbige!? Titel: "Read the fucking manual!".
George läßt, im Jahre 29 nach, weiter herzlich grüßen...

Yep - verschlimmbessern birgt so manche feine Stilblüte. Etwa wenn Sam Frodo plötzlich mit "Chef" anreden darf. Demnächst dann Galadriel zu Gandalf "Ey, Alter!".

Die Argumentation mit sprachlicher Modernisierung holpert ein klein wenig, denn Shakespeare gewinnt genau wieviel, wenn ins Schriftdeutsch übertragen?
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Das Bestreben um "Ja-nirgends-möglicherweise-irgendwann-Anecken" in Kinderbüchern hat vielleicht auch ein wenig mit der All-inclusiv-Einstellung mancher Eltern zu tun, die ihren Kindern nicht mehr erklären wollen/können was gut oder schlecht ist. Reden wir nicht mit unseren Kindern, weil das in kritischen Dingen "Aufgabe des Kindergartens, der Schule, der Universität zu sein hat"?!
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Orwell hat nun wirklich nichts damit zu tun.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Das sagst du als Autorin. Aber als Verlegerin beschäftigst du Alisha als Lektorin. Ich glaube nicht, dass du ihr Geld bezahlst, damit sie alles so stehen lässt wie der Autor/die Autorin es geschrieben hat.Uschi Zietsch hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob ich schon jemals einer Meinung mit FWH gewesen bin - aber hier hat er recht.
Was der Autor geschrieben hat, hat der Autor geschrieben. Punkt!
Sicher, dass er noch nie sprachlich angepasst wurde? Im Zusammenhang mit den Bearbeitungen der Texte des Maysters seitens des Karl-May-Verlags - einer Praxis, die auf viel Unmut gestoßen ist und die zuerst Hans Wollschläger umfänglich angeprangert hat (der kurioserweise aber selbst ein vom Verlag bezahlter Bearbeiter war) - habe ich von den Apologeten der Bearbeitungen vernommen, dass es keine unbearbeiteten Goethe-Ausgaben gebe ... habe das allerdings nicht nachgeprüft.Uschi Zietsch hat geschrieben:Wieso wurde Goethes Faust eigentlich noch nicht modernisiert?
Andere Klassiker, die fast durchweg bearbeitet erscheinen, sind z.B. "Robinson Crusoe", "Gullivers Reisen", "Don Quijote".
Ich habe die unbearbeitete Version des wohl größten und bedeutendsten deutschen Kolportageromans, Mays "Waldröschen" (Reprint der Olms-Presse) mit der bearbeiteten Version des Karl-May-Verlags verglichen und finde die Bearbeitung kongenial. Sie hat aus etwas Rohem, Ungeschliffenem einen Diamanten gemacht. Sie hat nicht "verschlimmbessert", sondern in meinen Augen tatsächlich "verbessert". Sie hat den Weizen aus den Texten geholt und die Spreu fallen gelassen. Ist es verwerflich, die Texte eines Autors zu redigieren und in einem Maße das Gold herauszuholen, zu dem er offensichtlich selbst nicht in der Lage war, vielleicht aus Betriebsblindheit, vielleicht aus Zeitdruck, wer weiß? Ist nicht gerade das gutes Lektorat? - Es ist wie mit Kosmetik: Sie kann dir kein hübsches Gesicht verschaffen, wenn du keins hast. Aber sie kann die natürliche Schönheit deines Gesichts, die du hast, gegenüber den weniger schönen Zügen zur Geltung bringen und in ein gutes Licht setzen.
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Svenja Flaßpöhler
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Änderungen an Texten werden ja nicht vorgenommen, weil man die Texte ändern will. Sondern weil man Notwendigkeiten zur Änderungen sieht.
Und die gilt es zu diskutieren, ob sie rechtens, angebracht oder - Tautologie! - wirklich notwendig sind. Das Motiv der Tat ist entscheidend, nicht die Tat an sich.
Beim "Faust" hat offenbar noch keiner die Notwendigkeit gesehen. Was wohl damit zusammenhängt, dass er nicht für Kinder ist, eher wenig Negerkönige darin vorkommen und ganz allgemein das Buch zwar populär ist, aber nicht wirklich gern gelesen wird.
Und die gilt es zu diskutieren, ob sie rechtens, angebracht oder - Tautologie! - wirklich notwendig sind. Das Motiv der Tat ist entscheidend, nicht die Tat an sich.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Faust ist ein ganz schwieriger Fall. Die Sprache ist altmodisch, aber auch ikonisch - Zitate zuhauf - und gerade das Gestelzte darin macht einen Teil des Reizes aus.
Wer würde es wagen, den Osterspaziergang einer Spreu-und-Weizen-Rediktion zu unterziehen?
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Die deutsche Zoe-Lionheart-Serie
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Ein Weiser sagte einmal, daß eine jede Reise mit einem ersten Schritt beginnt...L.N. Muhr hat geschrieben:Orwell hat nun wirklich nichts damit zu tun.
(Immer wieder gut anwendbar

Wir laßen - im Bezug auf das diskutierteThema - den eigenen Gedanken etwas Freilauf und erinnern spontan die Lektüre von "1984". Augenmerk auf Neusprech.
Wie superplusgut, daß Georges Gedanken darüber, unviel mit den möglichen Mechanismen von textlichen Abänderungen zu tun haben...
"Alles shiny, Captain!", sagt zumindest Kaylee Frye.

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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Na, was für ein Unterschied.L.N. Muhr hat geschrieben:Änderungen an Texten werden ja nicht vorgenommen, weil man die Texte ändern will. Sondern weil man Notwendigkeiten zur Änderungen sieht.
...
"Ten little Niggers" wurde als Bühnenstück "Ten little Indians", weil man die Notwendigkeit einer Änderung sah. Nicht gerade eine Verbesserung, wenn Du mich fragst.
Auf deutsch heißt es jetzt: "Und dann gabs keines mehr", und das tut seiner Beliebtheit keinen Abbruch, ohne Mörder/Mordopfer mit einer ethnischen oder sonstigen Gruppe zu assoziieren, auch, weil es sich auf Neutren bezieht, ist also sogar gendergerecht (OffT: Muss da nicht zur Abwechslung mal doch ein Apostroph stehen: "gab es" => "gab's"?). Aber schließlich geht es in dem Buch ja nicht um unbewussten Rassismus, sondern um bewusste Selbstjustiz.
Also, meinetwegen kann man ja alle paar Jahrzehnte Begriffe austauschen, aber der unbewusste Rassismus wird nicht aufhören, weil er unbewusst ist, und der bewusste nicht, weil er sich nicht an Wörtern aufhängt.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
"und dann gab es keines mehr" ist die Übersetzung des Titels der ersten amerikanischen Ausgabe des Christie-Romans aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts: "And then there were none".
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Wer das verlegerische Risiko trägt, hat auch das Recht, Texte zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen - jedenfalls mit dem Erlöschen des Urheberrechts. Wer weiß, ob "Gullivers Reisen" heutzutage außerhalb der akademischen Literaturwissenschaft noch einem Menschen bekannt wäre, wenn man das Buch nicht lesetauglich gemacht hätte. - Aber es ist zweifellos eine Gradwanderung.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Ich fände es auf jeden Fall toll, wenn die Verlage solche Veränderungen in den Büchern auch erwähnen und erklären würden.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
So wie die endlosen Erläuterungen zu Platos "Staat"?Pogopuschel hat geschrieben:Ich fände es auf jeden Fall toll, wenn die Verlage solche Veränderungen in den Büchern auch erwähnen und erklären würden.
Heutzutage könnte man so was als E-Buch-Anhang rausbringen. Das wäre noch verdaulich.
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Re: Nachträgliche Anpassungen an Kinderbüchern
Nein, jetzt nicht alles im Detail. Einfach nur, dass sie es geändert haben und warum. Damit man als Leser weiß, dass man das Buch nicht in der Fassung liest, in der es der Autor zu Papier gebracht hat.Valerie J. Long hat geschrieben:So wie die endlosen Erläuterungen zu Platos "Staat"?Pogopuschel hat geschrieben:Ich fände es auf jeden Fall toll, wenn die Verlage solche Veränderungen in den Büchern auch erwähnen und erklären würden.
Heutzutage könnte man so was als E-Buch-Anhang rausbringen. Das wäre noch verdaulich.
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