Andreas Eschbach hat geschrieben:Tja, ich muß es zugeben: Ein Buch, das in meinen Besitz gerät, erwartet ein hartes Schicksal.
Seit einiger Zeit habe ich mir angewöhnt, auf den vorderen Umschlagseiten so eine Art Besitz- und Leseprotokoll zu führen. Erst mal wird vermerkt, wann ich es erworben habe und warum, was ich mir davon verspreche, was mich daran interessiert hat usw. Dann dicker Querstrich, und wenn ich anfange zu lesen, kommt jeweils das Tagesdatum hin, gefolgt von weiteren Eintragungen. Wenn mich etwa auf Seite 37 Ein Verdacht befällt, wie das Buch ausgehen könnte, kritzle ich rein: (37) Könnte es sein, daß der Gärtner der Mörder ist? Ich vermerke, wie weit ich an dem Tag komme, und wenn ich es wieder zur Hand nehme, in welcher Stimmung ich das tue: Konnte ich es kaum erwarten? Bin ich eher gefrustet, ist das Buch langweilig? Ich mache Vermerke, wenn mir etwas stilistisch positiv ( S.129: Sehr eindrückliche Beerdigungsszene!! ) oder negativ auffällt ( S.245: Irgendwie verliere ich den Faden, wer da eigentlich spricht und wo die Szene spielt. ); und wenn das Buch ausgelesen ist: Noch ein Querstrich und spontanes Resümee darunter
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Re: Umgang mit Büchern
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Re: Umgang mit Büchern
Ja, genau. Aber es ist ganz einfach: Wenn ein Buch richtig gut ist - dann vergesse ich ganz, meine Notizen zu machen.David Kenlock hat geschrieben:Es gibt nur zwei Möglichkeiten - man lässt sich auf ein Buch ein oder eben nicht. So wie Du die Sache angehst, zerfällt das Werk in seine Bestandteile
Das braucht ja außer mir keiner zu machen. Mir hat diese Methode geholfen, den Spaß am Lesen wiederzufinden, nachdem ich in den Jahren davor ca. 4 von 5 Büchern entnervt in die Ecke gepfeffert habe, ehe ich bei Seite 100 war.
und selbst der schönste Baum gibt nichts mehr her, wenn er erst einmal gefällt, entlaubt, entrindet und zerstückelt wurde.
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Re: Umgang mit Büchern
Das kann man nur herausfinden, wenn man es ausprobiert. Ich behaupte auch nicht, daß es jeder so machen muß. Ich habe nur gesagt, ich mache es so. Mir bringt's was.TT hat geschrieben:Ich frage mich, ob man wirklich etwas lernen kann, wenn man einem Text so zu Leibe rückt.
Das habe ich nicht behauptet und würde ich auch nie behaupten; im Gegenteil.Kann es sein, daß ein Roman nichts weiter ist, als die Summe seiner Einzelteile? Eine Aneinanderreihung gut (oder schlecht) ausgeführter und formulierter Szenen?
Thomas, sei nicht albern. Aber man kann sich ja mal eine Szene, die man gut gefunden hat, später vornehmen und gucken, ob man eine Ahnung davon kriegen kann, was sie so gut macht, oder?nach dem Motto: "wenn ich mal ne gute Beerdigungsszene brauche, schlage ich einfach da und da nach".
Bücher, die mich gefangennehmen, weisen in der Regel außer Tagesdaten und Seitenzahlen fast keine Notizen auf. Außer ab und zu einem Spannend!Die Frage, warum einen ein gutes Buch gefangennimmt und nicht mehr losläßt, läßt sich meiner Meinung nach nicht mit ein paar Randnotizen beantworten.
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Re: Umgang mit Büchern
Natürlich nicht.Andreas Eschbach hat geschrieben:Das kann man nur herausfinden, wenn man es ausprobiert. Ich behaupte auch nicht, daß es jeder so machen muß. Ich habe nur gesagt, ich mache es so. Mir bringt's was. Und ich lerne was dabei, keine Sorge.
TT hat geschrieben:nach dem Motto: "wenn ich mal ne gute Beerdigungsszene brauche, schlage ich einfach da und da nach".
Auch das ist absolut legitim, solange man sich nicht der Versuchung hingibt, es dann doch abzukupfern. Und sei ehrlich: bist du dagegen immun? Abgesehen davon klang deine analytische Vorgehensweise in meinen Ohren einfach zu verkopft. Du möchtest mit kühler Ratio daran gehen, zu erfassen, was dich emotional bewegt hat. Das ist, als ob du durch Zerlegen eines Organismus herausfinden möchtest, wo die Seele steckt. Und noch etwas habe ich vermißt und das führt uns wieder zurück zum Thema: wo ist dein Respekt vor Büchern geblieben? Mir jedenfalls würde es in der Seele wehtun, ein Buch so zu verstümmeln (auch wenn es mir nicht so gut gefallen hat). Das ist, als ob ich ein Bild (Druck, Original, was auch immer) mit Notizen vollschmieren würde. Das Bild wäre danach ruiniert. Und mit Büchern geht es mir ähnlich. Aber da sind die Geschmäcker wohl verschieden.Andreas Eschbach hat geschrieben:Thomas, sei nicht albern. Aber man kann sich ja mal eine Szene, die man gut gefunden hat, später vornehmen und gucken, ob man eine Ahnung davon kriegen kann, was sie so gut macht, oder?
Gruß,
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Re: Umgang mit Büchern
Thomas, laß doch den Andreas mit seinen Büchern machen, was er will.
Sind doch seine. Du kannst Deine heilig halten, solange Du willst.
Aber genau das ist doch die Absicht von Literaturwissenschaft:
"Begreifen, was uns ergreift"
(Ein Zitat, das in verschiedenen URLs sowohl Emil Staiger als auch Gadamer zugeeignet wurde.)
Die Würde des Buches ist unankritzelbar?
Ich weiß nicht, ob jedes Buch meinen Respekt verdient.
Das mit den Bildern sehe ich genau so.
Nur - Bücher sind doch etwas anderes.
Ein Bild kann ich theoretisch auf einen Blick erfassen. Die Gesamtwirkung aller Details ist wichtig, der Künstler hat sich bei der Gesamtkomposition und bei vielen Einzelheiten etwas gedacht, vielleich auch nur unbewußt. Jeder zusätzliche Strich wäre eine Verfälschung.
Bis ich ein Buch komplett durchhabe, brauche ich meine Zeit. Die Sprache ist bereits ein Medium, das verstandesmäßige Distanz schafft. Ein Buch lesen ist für mich nie ein derart unmittelbares Erlebnis wie ein Bild betrachten. Zudem hatte der Autor sicherlich nur bedingt Mitspracherecht bei der Festlegung von Typengröße, Schriftart, Zeilenabständen etc.
Und wenn ich die Notizen auf die leeren Anfangsseiten und auf die Seitenränder beschränke, kann ich immer noch unverfälscht die ursprüngliche Aussage des Autors erlesen.
Tut mir leid - der Vergleich hinkt.
Sind doch seine. Du kannst Deine heilig halten, solange Du willst.
TT hat geschrieben:Abgesehen davon klang deine analytische Vorgehensweise in meinen Ohren einfach zu verkopft. Du möchtest mit kühler Ratio daran gehen, zu erfassen, was dich emotional bewegt hat.
Aber genau das ist doch die Absicht von Literaturwissenschaft:
"Begreifen, was uns ergreift"
(Ein Zitat, das in verschiedenen URLs sowohl Emil Staiger als auch Gadamer zugeeignet wurde.)
Wer Bücher zerlegt, zerlegt bald auch Menschen?TT hat geschrieben:wo ist dein Respekt vor Büchern geblieben?
Die Würde des Buches ist unankritzelbar?
Ich weiß nicht, ob jedes Buch meinen Respekt verdient.
Als Grafiker mußt Du das natürlich so sehen.TT hat geschrieben:Das ist, als ob ich ein Bild (Druck, Original, was auch immer) mit Notizen vollschmieren würde. Das Bild wäre danach ruiniert.
Das mit den Bildern sehe ich genau so.
Nur - Bücher sind doch etwas anderes.
Ein Bild kann ich theoretisch auf einen Blick erfassen. Die Gesamtwirkung aller Details ist wichtig, der Künstler hat sich bei der Gesamtkomposition und bei vielen Einzelheiten etwas gedacht, vielleich auch nur unbewußt. Jeder zusätzliche Strich wäre eine Verfälschung.
Bis ich ein Buch komplett durchhabe, brauche ich meine Zeit. Die Sprache ist bereits ein Medium, das verstandesmäßige Distanz schafft. Ein Buch lesen ist für mich nie ein derart unmittelbares Erlebnis wie ein Bild betrachten. Zudem hatte der Autor sicherlich nur bedingt Mitspracherecht bei der Festlegung von Typengröße, Schriftart, Zeilenabständen etc.
Und wenn ich die Notizen auf die leeren Anfangsseiten und auf die Seitenränder beschränke, kann ich immer noch unverfälscht die ursprüngliche Aussage des Autors erlesen.
Tut mir leid - der Vergleich hinkt.
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Re: Umgang mit Büchern
Lass ich doch. Habe ich je gesagt, er soll es anders machen? Ich habe nur anhand einer kritischen Frage versucht zu erklären, warum ich es nicht so mache.Shock Wave Rider hat geschrieben:Thomas, laß doch den Andreas mit seinen Büchern machen, was er will.
Sind doch seine. Du kannst Deine heilig halten, solange Du willst.
Ja, genau. Und von denen gibt es, im Vergleich zu guten Autoren, leider viel zu viele. In diesem Sinne: Andreas weiter so!Shock Wave Rider hat geschrieben:Aber genau das ist doch die Absicht von Literaturwissenschaftlern.
Jetzt willst du mich aber wirklich bewußt falsch verstehen. Klingt fast so, als habe ich versucht, Andreas wie einen Nazi aussehen zu lassen. Nichts liegt mir ferner, denn ich betrachte Andreas als einen wirklich guten Freund. Sorry, wenn ich über den Scherz nicht lachen kann.Shock Wave Rider hat geschrieben:Wer Bücher zerlegt, zerlegt bald auch Menschen?
Die Würde des Buches ist unankritzelbar?
Ist bei mir halt anders. Vielleicht, weil ich ein optisch veranlagter Mensch bin. Ich habe schon etliche Bücher mit Bemerkungen versehen aber keine von denen habe ich je wieder gelesen. Sie waren zum damaligen Zeitpunkt eine reine Arbeitsgrundlage und sind nach einigen Jahren in den Müll geflogen weil ihnen dieses Ästhetische, sagen wir ruhig "Jungfräuliche" gefehlt hat. Seitdem mache ich meine Notizen (wenn überhaupt) auf einem separaten Blatt. Außerdem ist es in meinem Freundeskreis Usus sich die Bücher gegenseitig auszuleihen. Und wer will schon meine Gedanken in dem Text von jemand anderem lesen?Shock Wave Rider hat geschrieben:Das mit den Bildern sehe ich genau so.
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Ein Bild kann ich theoretisch auf einen Blick erfassen. Die Gesamtwirkung aller Details ist wichtig, der Künstler hat sich bei der Gesamtkomposition und bei vielen Einzelheiten etwas gedacht, vielleich auch nur unbewußt. Jeder zusätzliche Strich wäre eine Verfälschung.
Bis ich ein Buch komplett durchhabe, brauche ich meine Zeit. Die Sprache ist bereits ein Medium, das verstandesmäßige Distanz schafft. Ein Buch lesen ist für mich nie ein derart unmittelbares Erlebnis wie ein Bild betrachten. Zudem hatte der Autor sicherlich nur bedingt Mitspracherecht bei der Festlegung von Typengröße, Schriftart, Zeilenabständen etc.
Und wenn ich die Notizen auf die leeren Anfangsseiten und auf die Seitenränder beschränke, kann ich immer noch unverfälscht die ursprüngliche Aussage des Autors erlesen.
Gruß,
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Re: Umgang mit Büchern
Volle Zustimmung! Die Autoren sollen sich nicht vom Gesülze der Kritiker und Literaturwissenschaftler beirren lassen.TT hat geschrieben:Ja, genau. Und von denen gibt es, im Vergleich zu guten Autoren, leider viel zu viele. In diesem Sinne: Andreas weiter so!Shock Wave Rider hat geschrieben:Aber genau das ist doch die Absicht von Literaturwissenschaftlern.
Ich habe mal an der FernUni Hagen eine Zeit lang Literaturwissenschaft belegt. Dreimal darfst Du raten, warum ich damit aufgehört habe.
Nein. Nur provozieren.TT hat geschrieben:Jetzt willst du mich aber wirklich bewußt falsch verstehen.Shock Wave Rider hat geschrieben:Wer Bücher zerlegt, zerlegt bald auch Menschen?
Die Würde des Buches ist unankritzelbar?
Und es lag mir fern, Dir zu unterstellen, Du würdest Andreas in den Nazi-Dunstkreis rücken wollen.
Deine vielleicht nicht.TT hat geschrieben:Außerdem ist es in meinem Freundeskreis Usus sich die Bücher gegenseitig auszuleihen. Und wer will schon meine Gedanken in dem Text von jemand anderem lesen?
Aber ein guter Freund von mir hat mich sogar einmal angestiftet, eins seiner Bücher mit meinen Bemerkungen zu verunzieren, weil ihm meine Anmerkungen in einem Buch, das er sich von mir ausgeliehen hat, sehr weitergeholfen haben.
Und ich muß zugeben: Ich empfinde es stets aufregend, wenn ich in einem antiquarisch erworbenen Buch auf Spuren eines Vorbesitzers stoße. Dadurch werden die Bücher zu echten Unikaten.
Wie gesagt: Bei einem Bild würde ich so etwas niemals dulden!
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Re: Umgang mit Büchern
Hätte mich auch irgendwie gewundert. Und 'n bisschen Sticheln macht ja auch Spaß. Also, nix für ungut.Shock Wave Rider hat geschrieben:Nein. Nur provozieren.
Und es lag mir fern, Dir zu unterstellen, Du würdest Andreas in den Nazi-Dunstkreis rücken wollen.
Komisch, obwohl ich auch schreibe, hat mich noch nie jemand darum gebeten. Liegt vielleicht daran, daß meine Kommentare nicht so geistreich sind...Shock Wave Rider hat geschrieben:Aber ein guter Freund von mir hat mich sogar einmal angestiftet, eins seiner Bücher mit meinen Bemerkungen zu verunzieren, weil ihm meine Anmerkungen in einem Buch, das er sich von mir ausgeliehen hat, sehr weitergeholfen haben.
Grüße,
Thomas
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Re: Umgang mit Büchern
Wenn Du zuvor bei 80% der Bücher die Lektüre abgebrochen hast, dann gehe ich davon aus, daß Dir diese Romane als Entspannungslektüre nicht gefallen haben.Andreas Eschbach hat geschrieben:Aber es ist ganz einfach: Wenn ein Buch richtig gut ist - dann vergesse ich ganz, meine Notizen zu machen.
Das braucht ja außer mir keiner zu machen. Mir hat diese Methode geholfen, den Spaß am Lesen wiederzufinden, nachdem ich in den Jahren davor ca. 4 von 5 Büchern entnervt in die Ecke gepfeffert habe, ehe ich bei Seite 100 war.
Wenn Du jetzt aber plötzlich wieder Spaß daran hast, anscheinend auch solche Bücher zu lesen, dann hat sich etwas elementares geändert: Du liest nun analytisch und da kann es ja durchaus auch Spaß machen, die Fehler des anderen Autors zu finden und für sich herauszuarbeiten...
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Re: Umgang mit Büchern
Nein, im Grunde finde ich es viel lehrreicher, zu merken, wann ein Autor etwas gut macht und ein wenig darüber herauszufinden, wie. Ich würde es auch nicht als analytisches Lesen bezeichnen, sondern als Reflexion über die Wirkung, die ein Buch auf mich hat. Dieses Kapitel hat mich gefesselt. Nachdem mir die Figur X bisher ziemlich egal war, merke ich nun, daß ich mit ihr mitfiebere. So etwa lesen sich die meisten Eintragungen. Seit ich so angefangen habe zu differenzieren, sehe ich, daß manchmal auch ein im großen und ganzen schlechtes Buch Stellen hat, die zu lesen sich lohnt, und wahrscheinlich bin ich deshalb etwas duldsamer und toleranter geworden.breitsameter hat geschrieben:Du liest nun analytisch und da kann es ja durchaus auch Spaß machen, die Fehler des anderen Autors zu finden und für sich herauszuarbeiten...
Aber wie gesagt, ich glaube, das ist keine Methode für den Genußleser. Ich wollte hier auch bloß einen anderen Standpunkt einbringen, nachdem so viele so vieles erzählt haben darüber, wie sie ihre Bücher hegen und pflegen und nur bis max. 40° öffnen, um den Rücken zu schonen usw.
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Re: Umgang mit Büchern
Wenn sich die Spuren nicht zu aufdringlich sind, können sie das Buch wirklich interessant machen.Shock Wave Rider hat geschrieben: Und ich muß zugeben: Ich empfinde es stets aufregend, wenn ich in einem antiquarisch erworbenen Buch auf Spuren eines Vorbesitzers stoße. Dadurch werden die Bücher zu echten Unikaten.
Auch Besitzerstempel und Widmungen können bemerkenswert sein. Einmal habe ich ein paar SF-TBs aus dem Besitz des Phantastik-Kenners und Übersetzers Joachim Kalkla erworben.
Ich selbst schreibe seit ein paar Monaten in meine Neuerwerbungen auch hinein, wann wo und wie ich sie erworben habe. Aber Stempel mit Adresse hat bei mir keinen großen Sinn, denn ich bin zu oft umgezogen. Und allzu große Stempel finde ich zu aufdringlich.
MB
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TT
Re: Umgang mit Büchern
Wäre ja'n Ding, wenn ein Kommentar von Andreas von mir unkommentiert bliebe.Andreas Eschbach hat geschrieben:Im Grunde finde ich es viel lehrreicher, zu merken, wann ein Autor etwas gut macht und ein wenig darüber herauszufinden, wie. Ich würde es auch nicht als analytisches Lesen bezeichnen, sondern als Reflexion über die Wirkung, die ein Buch auf mich hat.
In diesem Sinne also ein frühmorgentlicher Gedanke. Ich habe beim Lesen immer festgestellt, daß die Wirkung einer Lektüre auf mich immer sehr stark davon anhängt, in welcher seelischen Verfassung ich mich gerade befinde. Gefällt mir eine Figur oder eine Passage, so gefällt sie mir eben jetzt, in diesem Moment. Das kann sich komplett ändern, wenn ich das Buch nach einer gewissen Zeit wieder in die Hand nehme. Was beim ersten Mal spannend und aufregend war, kann mir beim zweiten Lesen aufgesetzt und konstruiert vorkommen. Ähnliches passiert mir übrigens auch oft bei Filmen oder Musik. Und jetzt die Schlussfolgerung: Tattatata! Tusch!
Ist es bei Kommentaren im Buch nicht vielmehr so, daß sie weniger eine Refexion über die Qualität eines Textes abgeben, als viel mehr über meinen augenblicklichen Gemütszustand? Und wie sieht es dann mit ihrer langfristigen Aussagekraft aus? Hast du die selben Gefühle auch beim zweiten Lesen gehabt? Wie gesagt, bei mir war das eher selten der Fall.
Gruß,
Thomas (freu`mich schon auf Dienstag)
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Re: Umgang mit Büchern
8) Lieber Thomas, können wir uns darauf einigen, daß es so etwas wie objektive Qualitäten eines Textes geben muß? Andernfalls würde es nämlich keinen Sinn machen, zwischen guten und schlechten Büchern zu unterscheiden; Thomas Mann und Dieter Bohlen läse man, die zufällig passende Stimmung vorausgesetzt, mit dem gleichen Vergnügen oder auch dem gleichen Kopfschütteln, den gleichen Empfindungen jedenfalls. Und so etwas wie Bestseller wären völlig unmöglich; alle Bücher müßten sich dann statistisch ungefähr gleich oft verkaufen. Oder?TT hat geschrieben:Ist es bei Kommentaren im Buch nicht vielmehr so, daß sie weniger eine Refexion über die Qualität eines Textes abgeben, als viel mehr über meinen augenblicklichen Gemütszustand? Und wie sieht es dann mit ihrer langfristigen Aussagekraft aus?
Wenn wir das voraussetzen können, dann ist die Frage nicht, ob so eine private Literaturbetrachtung (mit Hausmitteln sozusagen) an sich Sinn macht, sondern wie man am besten dabei vorgeht.
Anbei bemerkt kenne ich das eine wie das andere: Bücher, an die ich in jungen Jahren gelesen habe und an die ich mich als großartig erinnere, die aber völlig verblassen, wenn ich sie nun, in reiferen Jahren zur Hand nehme. So geschehen etwa mit Niven/Pournelles "Luzifers Hammer". Andererseits gibt es Bücher, die nicht verlieren, sondern beim zweiten, dritten usw. Lesen immer noch beeindruckender werden. Und das sind dann eben die guten!! (Um bei Niven/Pournelle zu bleiben, "Der Splitter im Auge Gottes" z.B. hat mich beim Wiederlesen vor ein paar Jahren erneut beeindrucken können. Ich muß ihn mal wieder zur Hand nehmen und nachprüfen...
Warum haben mir Bücher der erstgenannten Kategorie damals gefallen? Nun, ich denke, an dem Begriff der "Reife" wird schon was dran sein. Als Jugendlichem gefällt einem so manches, was nur auf Effekt macht, aber wenig Substanz hat - wenn ich nur an die Musik denke, die ich mit 13, 14 gehört habe, schauder!
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Re: Umgang mit Büchern
Du bist doch nicht etwa auf der Suche nach Talent ...??Andreas Eschbach hat geschrieben:Im Grunde finde ich es viel lehrreicher, zu merken, wann ein Autor etwas gut macht und ein wenig darüber herauszufinden, wie.
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Re: Umgang mit Büchern
Hmmm, das liegt im Auge des Betrachters und der Zeit - Viele Künstler wurden zu ihren Epochen gar nicht als solche gesehen...Andreas Eschbach hat geschrieben: Können wir uns darauf einigen, daß es so etwas wie objektive Qualitäten eines Textes geben muß? Andernfalls würde es nämlich keinen Sinn machen, zwischen guten und schlechten Büchern zu unterscheiden;
Das ist immer eine Frage des Geschmacks - Daniel Küblböck scheint den Geschmack eines gewissen Anteils an Leuten zu treffen, die das kaufen - warum auch immer...Thomas Mann und Dieter Bohlen läse man, die zufällig passende Stimmung vorausgesetzt, mit dem gleichen Vergnügen oder auch dem gleichen Kopfschütteln, den gleichen Empfindungen jedenfalls. Und so etwas wie Bestseller wären völlig unmöglich; alle Bücher müßten sich dann statistisch ungefähr gleich oft verkaufen. Oder?
Das geht aber auch umgekehrt:Anbei bemerkt kenne ich das eine wie das andere: Bücher, an die ich in jungen Jahren gelesen habe und an die ich mich als großartig erinnere, die aber völlig verblassen, wenn ich sie nun, in reiferen Jahren zur Hand nehme. So geschehen etwa mit Niven/Pournelles "Luzifers Hammer". Andererseits gibt es Bücher, die nicht verlieren, sondern beim zweiten, dritten usw. Lesen immer noch beeindruckender werden. Und das sind dann eben die guten!! (Um bei Niven/Pournelle zu bleiben, "Der Splitter im Auge Gottes" z.B. hat mich beim Wiederlesen vor ein paar Jahren erneut beeindrucken können. Ich muß ihn mal wieder zur Hand nehmen und nachprüfen...)
Warum haben mir Bücher der erstgenannten Kategorie damals gefallen? Nun, ich denke, an dem Begriff der "Reife" wird schon was dran sein. Als Jugendlichem gefällt einem so manches, was nur auf Effekt macht, aber wenig Substanz hat - wenn ich nur an die Musik denke, die ich mit 13, 14 gehört habe, schauder!
Beispiel Andy Warhol...
Da denkt man vielleicht als Kind: Was fürn Scheiss Rumgekleckse, aber als Erwachsener entdeckt man den Kunstgedanken dahinter...
Das widerspräche übrigens auch der Einstellung, dass man auf keinen Fall an Bildern "rumfummeln" dürfte... da ein buch eine kopie ist, sehe ich das ähnlich wie ein abzug von einem bild, an dem man beliebig künstlerisch oder analytisch tätig sein kann (ähnlich einem remix in der musik).
Bloss beim Original hielte ich dies für verwerflich (OriginalTapes der Beatles, einem OriginalPicasso)
Just my 2cents zu einer sehr interssanten Diskussion