Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

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Bully
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Bully »

Eine funktionierende Utopie wäre so lange langweilig, bis diese auf die böse Dystopie nebenan trifft. Im Unterschied zu den Eloy gewinnt sie aber schließlich.
Wenn die Utopie "zufällig" mit der RL-Weltanschauung läuft, die ihr Erfinder propagiert, oder die Dystopie dessen Lieblingsfeindbild verkörpert, oder beides, hat das evt. so einen predigenden Unterton. ("Seht ihr, dass Kapitalisten besser sind als Kommunisten? Eloy besser als Morloks? Schalker besser als Lüdenscheid-Nord? Mein Film ist der Beweis!")
Ehm, will nicht sagen, dass das keine spannenden Geschichten wären, oder wenn man sowieso dieser Weltanschauung anhängt, stört es einen nicht weiter, aber bei weniger utopischen Filmen hat man dieses Problem ganz vermieden.
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Arnold 2.0
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Arnold 2.0 »

Gantenbain hat geschrieben:Ich denke, dass funktionierende Utopien als Grundlage für einen Film schlicht zu langweilig sind
Seh ich auch so. DAS dürfte das zentrale Argument sein. Jede erzählte Geschichte (egal, ob in Roman-, Kurzgeschichten-, Serien- oder Filmform) handelt von Konflikten oder thematisiert zumindest einen zentralen Konflikt. Eine Utopie, in der alles schnucki ist, beinhaltet solche aber nicht, denn wie könnte es in einer perfekten Gesellschaft zu Konflikten kommen?
Und Geschichten, in denen ein Individuum gegen eine feindliche Kraft von außen (seien es Außerirdische, Politiker, Verbrecher, Polizei oder gleich die gesamte Gesellschaft) ist die Idealform für eine filmische Erzählung (ein oder zwei Protagonisten, mit denen man mitfiebert und die in die größtmögliche Gefahr geraten). Das schreit förmlich nach einer Dystopie.
"Moon" finde ich übrigens ein interessantes Beispiel,
da es sich hier ja offensichtlich wirklich um eine Utopie handelt, der Protagonist aber nicht Teil der Gesellschaft ist, sondern am Rande (auf dem Mond) dafür sorgt, dass die Utopie funktioniert. Ein schöner Gedanke, dass man selbst in einer scheinbar perfekten Gesellschaft nur an den Rändern der Fassade ein bisschen kratzen muss, um auf Sachen zu stoßen, die das gesamte Bild einer schönen neuen Welt wieder infrage stellen.
Die Utopie von "Star Trek" war zu perfekt, um innerhalb der Welt auch nur EINE interessante Geschichte zu erzählen, weswegen die Konflikte eben von außen herein kommen mussten. Jedesmal, wenn in "Star Trek" die eigene Gesellschaft auf interessante Weise thematisiert wird, dann rührt die Spannung daher, dass es an irgend einer Stelle zu bröckeln beginnt.
Erik Erdmann
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Erik Erdmann »

Nach den paar Jahren geht es hier doch wieder heiß her^^
Kringel hat geschrieben:Klar, mit dieser Einstellung (ich meine nicht deine, Khaa, gelle?) sind ambitionierte, möglicherweise nicht massentaugliche Projekte natürlich nicht möglich.
Da würde ich nicht zustimmen. Zum einen werden in letzter Zeit immer mehr Möglichkeiten für alternative Finanzierungen gefunden (Crowdfunding, etc.) zum anderen wird auch Tricktechnik (die ja in SF-Filmen immer mal wieder nötig wird) immer einfacher. Und vor allem die Trekkergemeinde ist doch (zumindest dem Klischee nach) sehr ambitioniert, was Projekte angeht. Ich kann mir daher ernsthaft vorstellen, in den nächsten paar Jahren eine professionelle Serie oder Film zu Gesicht zu bekommen, die alternativ finanziert wurde. (Als Beispiel für hohe Produktionsqualtität durch Crowdfunding sei hier mal auf Sarkeesians "Tropes vs. Women in Videogames" hingewiesen)
Gernot hat geschrieben:Ein 22jähriger, der nicht zum actionlastigen Publikum zählt? Erik, du zerstörst meine ganzen Vorurteile über die heutige Jugend! :wink: [Hier sollte eigentlich ein Alter-Mann-mit-Bart-Smiley kommen.]
Wenn ich jetzt noch zugebe, dass ich kein Mobiltelefon besitze, glaubst du wahrscheinlich, das hier ist ein Sockenpuppenaccount :lol:
Knochenmann hat geschrieben: Ein Beispiel nur: die Sache mit dem Geld. Es wird einfach behauptet das es keines gibt. Und fertig. Es wird weder erklärt warum noch hat es auswirkungen auf die Serie. Ist komplett irrelevent.
Einspruch: Zum warum wurde ja schon angemerkt, dass die (replikatorbasierte) Erdgesellschaft nicht mehr auf Finanzmittel angeweisen ist, weil es umständlicher wäre Sachen extra zu kaufen, wenn man sie sich direkt replizieren kann. Wie oft hört man in den Serien so etwas wie "ich habe mir das und jenes neu gekauft"? Kann mich nicht daran erinnern. Die Auswirkungen auf die Serie sind zugebenermaßen subtil. Beispiel: Fast alle mir bekannten Sterneflottenoffiziere und Mannschafter sind Idealisten. Neimand arbeitet für die Sternenflotte, weil sie müssen. Warum auch, wer kein Bock hat zu arbeiten begnügt sich halt mit den Replikatorgrundrationen und kann trotzdem noch n schickes Leben führen.
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Khaanara »

Stagniert dann eine solche Gesellschaft nicht, wenn es keine Ziele mehr gibt und man alles bekommen kann? Was treibt einen ins All, wenn man alles hat?

Warum soll man mit vielen Leuten untergeordnet der Kommandostruktur auf Großraumschiffe, wenn man sein eigenes Schiff kostenlos im Replikator erstellen könnte? Warum sollte man überhaupt arbeiten wollen und sieben Jahre der Heimat fern bleiben?
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Bully
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Bully »

Die meisten Sternenflottenmitglieder sind ziemlich genervt von ihren Verwandten. Ist Dir nicht aufgefallen, wie häufig Eltern, Kinder, Geschwister oder Exe(n) auftauchen, von denen der/die betreffende Angehörige nie etwas gesagt hat? Dachtest Du, das läge etwa daran, dass die erst für die jeweilige Folge oder Film erfunden wurden? Das fängt in der Folge an, wo die Klassik-Enterprise ein vulkanisches Botschafterpärchen abholt, und Kirk Spock fragt, ob er nicht die Gelegenheit nutzen wolle, runterzubeamen und seine Eltern zu besuchen. Nein, das sind doch seine Eltern. Mit anderen Worten, es wäre zwar jetzt der logischste Zeitpunkt, mal wieder Vulkan zu besuchen, aber er kann das Schiff mit ihnen nicht allein lassen. Ebenso plötzlich wurden eingeführt: Kirks Bruder (+Neffe), Spocks Bruder, Worfs Sohn, Kirks Sohn, Troys Mutter, Worfs Adoptivbruder, Pilles Vater wurde erst nach dessen Tod erwähnt, das zählt nicht ganz, Picards Verwandtschaft dito, aber Rikers Vater, Troys Mutter, Tasha Yars Schwester, Datas Erfinder (Datas sonstige Baureihe kannte er selber nicht, dito Troys Schwester) und natürlich immer wieder Troys Mutter. Und wie die sich immer alle freuten, wenn sie mitten auf einer jahrelangen Raummission ihrer buckligen Verwandtschaft doch noch über den Weg liefen, außer Data, der sich gerne gefreut hätte, aber da fehlte ihm ja noch der Chip.
Episch dieser Dialog: Troy zu Worf: "Wenn ich für Ihren Sohn Alexander die [Klingonischer Ausdruck für Ersatzelternteil, dass im schlimmsten Fall das Kind adoptieren soll], was bin ich dann in Bezug auf Sie?" (befürchtet wohl sowas wie Ehefrau, als zukünftige Stiefmutter) Worf: "Nun, das nächste Äquivalent wäre wohl Stiefschwester." - "Dann wäre meine Mutter ihre Stiefmutter?" - "Oh, das habe ich gar nicht bedacht - aber dessenungeachtet." Für seinen Sohn nimmt er halt auch größere Leiden auf sich.
Irgendwann erwähnte Geordie mal seine Schwester, die NICHT in derselben Folge vorkam. Geordie, der gute alte Familienmensch.
Und Sulu hat sich vor "Treffen der Generationen" die Zeit genommen, eine Familie zu gründen. Seine Kameraden wunderten sich etwas.
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von deval »

Vielleicht sollte man sich nicht nur auf die Hauptpersonen konzentrieren. Das ein Captain oder der 1. Offizier oder
sonstige Führungspersönlichkeiten keine Zeit für eine Familie finden, sind halt Karrieremenschen, ist doch klar.

Aber an Bord der Enterprise gibt es ja auch Kindergärten und Schulen, an Bord anderer Schiffe wird das vermutlich
ähnlich sein. Die "einfachen" Besatzungsmitglieder scheinen ja so gesehen durchaus Familienmenschen und nicht
genervt von ihrer buckligen Verwandschaft zu sein. Andere lassen ihre Familie vermutlich auch aus Sicherheitsgrün-
den nicht an Bord. So ein Dienst auf einem Flagg- oder Forschungsschiff kann ja durchaus gefährlich sein.
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Psalm 119, 105


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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Erik Erdmann »

Khaanara hat geschrieben:Stagniert dann eine solche Gesellschaft nicht, wenn es keine Ziele mehr gibt und man alles bekommen kann? Was treibt einen ins All, wenn man alles hat?
Wieso denn alles? Mitgliedschaft in der Sternenflotte scheint Ruhm und gesellschaftliches Ansehen einzubringen. Außerdem eventuell Kenntnisse. Es gibt doch die Folge 6.20 "Good Shepherd", in der Crewman Harren erzählt, dass er nur zur Sternenflotte gegangen ist, um die Zulassung für irgendwas anderes zu bekommen. Menschen haben anscheinend ganz unterschiedliche Motivationen.
Khaanara hat geschrieben: Warum soll man mit vielen Leuten untergeordnet der Kommandostruktur auf Großraumschiffe, wenn man sein eigenes Schiff kostenlos im Replikator erstellen könnte? Warum sollte man überhaupt arbeiten wollen und sieben Jahre der Heimat fern bleiben?
Man kann ja nicht alles replizieren. :lehrer:
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Erik Erdmann hat geschrieben:
Kringel hat geschrieben:Tatsächlich gefällt mir Roddenberrys Vision besser als z.B. JJs Version.
Volle Zustimmung! Die neuen StarTrek Filme scheinen sich an ein actionlastigeres Publikum zu wenden. Zu dem gehör ich irgendwie nicht. Ob diese Filme aber eventuell das Tor für neue Serien aufstoßen?
Dezent auf diesen meinen Blogeintrag hinweise : Star Trek ... continues
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Re: Was hat man aus Gene Roddenberrys SF gemacht?

Ungelesener Beitrag von Bully »

deval hat geschrieben:Vielleicht sollte man sich nicht nur auf die Hauptpersonen konzentrieren. Das ein Captain oder der 1. Offizier oder
sonstige Führungspersönlichkeiten keine Zeit für eine Familie finden, sind halt Karrieremenschen, ist doch klar.
...
Oder das ist die Motivation - manche Leute wollen halt gerne Karriere machen, und sich was verdienen, was nicht replizierbar ist. Wie den dritten Knopf am Pullover. (Ok, der Knopf selbst ist schon replizierbar, aber Du weißt schon)

Wobei es natürlich auch Karrieremenschen geben könnte, die trotzdem gerne ihren Eltern oder Geschwistern schreiben oder Besuch von ihnen kriegen. :wink:
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