Unterbewertete Autoren

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khzimmer
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von khzimmer »

Irgendwie finde ich es merkwürdig, dass Leute wie Bradbury oder Sturgeon, deren Bedeutung ja über den SciFi-Bereich hinausgehen, nun 'verschwinden', obwohl der umfassendere Bereich Phantastik doch ziemlich Konjunktur hat.

Vielleicht war es ein Fehler, dass sie all die Jahre meist als SF-Autoren gehandelt wurden ... und Lesende nun glauben, sie seien uninteressant, da SF ja allgemein weniger interessant wurde?
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Shock Wave Rider
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Ich denke, das Phänomen des Verblassens betrifft nicht nur SF-Autoren und lässt sich schon gar nicht am SF-Label festmachen.

Wer hat zuletzt ein Werk von E. Marlitt gelesen, einer deutschen Bestsellerautorin des 19. Jahrhunderts?
Oder - um zwei deutsche Literaturnobelpreisträger zu nennen - von Theodor Mommsen oder Paul Heyse?
Ich kenne jedenfalls von allen dreien keine einzige Zeile.

Selbst Heinrich Bölls Werk gilt vielen als zu sehr in seiner Zeit verhaftet bzw. als schlecht gealtert. Wobei ich das Gefühl habe, die Einschätzung ändert sich gerade.

meint
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L.N. Muhr
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

khzimmer hat geschrieben: 13. Dezember 2017 10:03 Irgendwie finde ich es merkwürdig, dass Leute wie Bradbury oder Sturgeon, deren Bedeutung ja über den SciFi-Bereich hinausgehen, nun 'verschwinden', obwohl der umfassendere Bereich Phantastik doch ziemlich Konjunktur hat.
1. Kurzgeschichten. Kurzgeschichten gehen so gut wie gar nicht.
2. Zu literarisch, zu konzentriert. Die Leute wollen hübsch vorgekaute Ware aus bekannten Elementen.

Ist also wahrlich nicht merkwürdig, sondern mit den ganz normalen Marktvorgängen seit Jahrzehnten erklärbar.
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Ender
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Ender »

Und wenn mit dem schon angesprochenen "S is for Space" sogar gerade eine neue KG-Sammlung erscheint - und zwar erstmals in dieser Zusammenstellung - die im Original aus dem Jahr 1966 stammt (??und sogar einige Erstübersetzungen enthält??), dann kann doch zumindest bei Bradbury von "Verschwinden" keine Rede sein.
Dass ansonsten von einem Autor lediglich die 2-3 bekanntesten bzw. erfolgreichsten Werke verfügbar gehalten werden, ist ja auch nicht ungewöhnlich.
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L.N. Muhr
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Eine Schwalbe macht was genau nicht? ;-)

Relativ zu der Situation, dass Bradbury über Jahrzehnte und umfangreich konstant lieferbar gehalten wurde, ist das ein schlechtes Gegenargument.

Ich denke, den Band hat sich der Verlag geleistet, oder er war in irgendeinem Rechtepaket mit drin.
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von khzimmer »

Jepp, sie enthält einige Erstübersetzungen hab mich auch gefreut. :)

Ich war halt bloß irritiert, dass sich Diogenes damals extra so viel Mühe mit den anderen Bradbury KG-Sammlungen gab und sie nun nicht mehr anbietet. Sorry, es liegt daran, dass ich mich nicht auskenne: Als Laie glaube ich irgendwie, im Computerzeitalter sollte es mit geringen Kosten möglich sein, etwas, das man einmal fertig hat und gesetzt und so weiter, dann (quasi on demand) ausliefern zu können, wenn es bestellt wird.

(wie gesagt: Als Laie ...)

Als Fan tut mir halt das Fehlen der Bücher leid, da ich viel lieber NEUE verschenke als bei eBay gekaufte - auch wenn z.B. von Medimops ein "Sehr gut"normal eine verlässliche Aussage ist.
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Badabumm
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Shock Wave Rider hat geschrieben: 13. Dezember 2017 09:27
Ender hat geschrieben: 6. April 2017 14:14 Zu Ian Watson:
Sein Roman "Das Babel-Syndrom" (The Embedding) von 1973 erinnert von der Grundidee irgendwie stark an Ted Chiangs "Story of your life".
The Embedding basiert auf Ideen der Generativen Grammatik. Anhand von Außerirdischen, die auf der Suche nach neuen sprachlichen Zugängen zur Wirklichkeit die Erde aufsuchen, wird hier unter anderem die Frage behandelt, inwieweit die Sprache Erfahrungen und Bewusstsein beeinflusst und was sie über die, die sie sprechen, aussagt.
(Wikipedia)

Kennt jemand den Roman und kann Vergleiche anstellen?
Ian Watsons Romane habe ich eine Zeit lang verschlungen. Das ist aber mehr als 20 Jahre her. "Das Babel-Syndrom" habe ich gern gelesen, obwohl ich mich kaum an Details erinnere. Ich kann aber nichts über den Vergleich zu Ted Chiangs Werk sagen, weil ich letzteres nicht kenne.

Gruß
Ralf,
weiß, dass der Hinweis wenig hilfreich ist
Ist das die Idee, die mit dem Film "Arrival" umgesetzt wurde? Sprache bzw. Schrift prägen Wahrnehmung und Denken, und darüber hinaus die Möglichkeiten, Wirklichkeit zu formen?
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L.N. Muhr
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Du vergisst immer, dass man auch die Rechte an etwas haben muss, um es anzubieten. Keiner von uns kennt die Rechtelage.

Zumal Diogenes kein on-demand macht. Das macht kein Publikumsverlag.
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Ender
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Ender »

Badabumm hat geschrieben: 13. Dezember 2017 11:09 Ist das die Idee, die mit dem Film "Arrival" umgesetzt wurde? Sprache bzw. Schrift prägen Wahrnehmung und Denken, und darüber hinaus die Möglichkeiten, Wirklichkeit zu formen?
Genau. Der Film hatte die genannte Kurzgeschichte "Die Geschichte deines Lebens" zur Vorlage.
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Ender »

L.N. Muhr hat geschrieben: 13. Dezember 2017 11:03 Eine Schwalbe macht was genau nicht? ;-)

Relativ zu der Situation, dass Bradbury über Jahrzehnte und umfangreich konstant lieferbar gehalten wurde, ist das ein schlechtes Gegenargument.

Ich denke, den Band hat sich der Verlag geleistet, oder er war in irgendeinem Rechtepaket mit drin.
Naja, aber besser eine Schwalbe als gar kein Sommer. Immerhin ein Grund weniger, sich ausgerechnet bei Bradbury über "Verschwinden" zu beklagen. (Abgesehen von seinen schon erwähnten 3-4 weiterhin verfügbaren Standardwerken)
Da sieht es beim ebenfalls genannten Sturgeon meines Wissens schon wesentlich schlechter aus. Aber wie SWR sagte: Das ist kein SF-Phänomen.
Wenn sich Goethe irgendwann nicht mehr verkaufen sollte, dann würden auch dessen Werke nicht mehr neu aufgelegt (wird aber vermutlich noch ein paar Generationen dauern ...)
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von khzimmer »

Meines Wissens sind die letzten beiden, auf dt. erschienenen Bände von Sturgeon die, die ich dort als Unterlage 'versehentlich' mit fotografierte neulich:
http://kurzlesen.de/tmp/Freedom_Writers.jpg

Danach kam wohl nix mehr. :(
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L.N. Muhr
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Da eine Schwalbe keinen Sommer macht ...

Und doch, ja, Ray verschwindet. Er war halt mal erfolgreicher als Sturgeon, der in Deutschland nie eine nennenswerte Bedeutung besaß, d.h. sein Sturz erfolgt aus größerer Höhe und dauertd aher länger. Mehr aber nicht.

Goethe hat den Vorteil, gemeinfrei zu sein. Das dauert bei Bradbury und Sturgeon noch etwas. Gemeinfreie Bücher werden aber meist einfach deshalb gedruckt, weil praktisch keine Kosten dafür anfallen in Zeiten des Computersatzes.
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Badabumm
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Bradburys Ableben hätte gut der Anlass für eine Gesamtausgabe sein können. Schade also. Ich habe auch nur fünf KG-Bände von ihm und mittlerweile festgestellt, dass sein Oevre immens umfangreich war. Ich habe höchstens die Hälfte davon je gelesen. Seine tiefsinnige und eher "actionarme" Art zu schreiben ist aber heutzutage nicht mehr so gefragt, und die Verlage müssen ihre Knete leider irgendwie reinkriegen. Der Markt ist Gott ( könnte von Bradbury stammen ...).
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Re: Unterbewertete Autoren

Ungelesener Beitrag von khzimmer »

Wie ist es denn mit solchen Rechten?
Muss ein Verlag wie Diogenes evtl. alle (paar?) Jahr wieder in USA die Rechte neu kaufen / bzw. gegen Zahlung verlängern lassen?
Das würde evtl. erklären, dass sie mehrere ihrer Bradbury-Bände jetzt nicht mehr anbieten.
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Badabumm hat geschrieben: 13. Dezember 2017 11:09
Shock Wave Rider hat geschrieben: 13. Dezember 2017 09:27
Ender hat geschrieben: 6. April 2017 14:14Zu Ian Watson:
Sein Roman "Das Babel-Syndrom" (The Embedding) von 1973 erinnert von der Grundidee irgendwie stark an Ted Chiangs "Story of your life".
[...]
Kennt jemand den Roman und kann Vergleiche anstellen?
Ian Watsons Romane habe ich eine Zeit lang verschlungen. Das ist aber mehr als 20 Jahre her. "Das Babel-Syndrom" habe ich gern gelesen, obwohl ich mich kaum an Details erinnere. Ich kann aber nichts über den Vergleich zu Ted Chiangs Werk sagen, weil ich letzteres nicht kenne.
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Ich weiß es schlicht nicht mehr.
Wobei: Ziemlich genau so funktioniert Watsons Denke, und das wäre durchaus ein typisches Thema für ihn.

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