Nach den zwei Romanen habe ich jetzt eine Reihe Kurzgeschichten von Leiber gelesen. Hier ist mir aufgefallen, dass Gewalt gegen Frauen ein wiederkehrendes Thema von Leiber ist. Schon in "Eine große Zeit" erwähnt die Ich-Erzählerin, dass der Nazi-Soldat sie wohl wieder schlagen wird, nimmt das aber eher stoisch hin. In "Eine neue Attraktion" ("Coming Attraction") ist es nach dem dritten Weltkrieg in "Mode" gekommen, dass Frauen Masken tragen. Von Banden werden Frauen gezielt belästigt, Verletzungen billigend in Kauf genommen. 1950 war diese Thematik wahrscheinlich etwas für die SF völlig Neues und auch das Ende mit den Sado-Maso Andeutungen werden das noch verstärkt haben. Trozdem kann ich nicht ganz verstehen, dass die Geschichte immer nach als herausragend angesehen wird und 2001 einen Retrohugo gewonnen hat.
In "Die Nacht, in der er weinte" ("The Night He Cried") geht Leiber das Thema satirisch an. Ein Autor von hard-boiled Krimis ist in seinen Romanen ebenso sexistisch wie im wirklichen Leben. Ein als Blondine getarnter Alien möchte das genauer untersuchen. Und gegen den Alien helfen weder Schläge noch Schusswaffen.
Die beste Geschichte zu diesem Thema ist aber "Ein Schreibtisch voller Mädchen" ("A Deskful of Girls"). Ein genialer Psychologe hat herausgefunden, dass Menschen unter bestimmten Voraussetzungen eine Hülle absondern können, die einen kleinen Teil der Persönlichkeit enthält. Er nutz dies jedoch dazu aus, sich eine ganze Sammlung solcher Hüllen, natürlich nur von schönen Frauen, anzulegen. Eine der besten Geschichten, die ich bis jetzt von Leiber gelesen habe und die völlig zu recht den Hugo bekommen hat.
Andere Geschichten Leibers zeichnen sich durch ihre Menschlich aus, wie "Das Schiff startet um Mitternacht" ("The Ship Sails at Midnight"), einer Erstkontaktgeschichte, die die Frage aufkommen lässt, wer eigentlich der menschlicher ist, Mensch oder Alien. In "Das Schiff der Schatten" ("Ship of Shadows") ist der Ich-Erzähler ein alter, fast blinder Gehilfe eines Barbetreibers. Die Geschichte spielt in der Schwerelosigkeit und der Erzähler kommt erst langsam hinter die Wahrheit seiner Umgebung und seiner eigenen Rolle darin. Eine trostlose Situation, aber trotzdem ein optimistisches Ende.
Eher zynisch geht es dagegen in der Kurzgeschichte "Mariana" ("Marinana") zu, die schon leichte Dick'sche Züge annimmt.
Hier noch die restlichen Erzählungen im Schnelldurchlauf:
"Ich muß mal wieder würfeln" ("Gonna Roll the Bones"): Ich bin zwar nicht sicher, ob ich das Ende dieser bemerkenswerten Geschichte verstanden habe (war alles nur ein Traum?) aber das Würfelduell zwischen dem Ich-Erzähler und dem Leibhaftigen ist schon sehr gelungen.
"Der verzauberte Wald" ("The Enchanted Forest"): Interessante Geschichte, um einen letzten Rebellen, der auf der Flucht auf einem seltsamen Planeten Notlandet.
"Ein Eimer Luft" ("A Pail of Air"): Hervorragend, siehe oben.
"Die großen Ferien" ("The Big Holiday"): Hat Staub angesetzt.
"Ein Versuch, die Vergangenheit zu ändern" ("Try and Change the Past"): Geschichte aus dem Veränderungskrieg, in dem auch "Eine große Zeit" spielt. Kurz und gut.
"Die kleine alte Miß Macbeth" ("Little Old Miss Macbeth"): Kurze Geschichte mit mittelmäßiger Pointe.
"Gespensterschach" ("Midnight by the Morphy Watch"): Mittelmäßiger Schachspieler entdeckt das Geheimnis einstiger Schachweltmeister. Nette Geschichte, die zumindest gefällt, wenn man selber mal Schach gespielt hat.
Fritz Leiber
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Re: Fritz Leiber
Hier noch die Quellen zu den Erzählungen:
"Gespensterschach" erschien in Ullstein Science Fiction Stories 76.
"Das Schiff der Schatten" erschien bei Heyne: Das Schiff der Schatten THE MAGAZINE OF FANTASY AND SCIENCE FICTION 27
Alle anderen Geschichten sind in "Die besten Stories von Fritz Leiber" (Playboy/Moewig) enthalten.
"Gespensterschach" erschien in Ullstein Science Fiction Stories 76.
"Das Schiff der Schatten" erschien bei Heyne: Das Schiff der Schatten THE MAGAZINE OF FANTASY AND SCIENCE FICTION 27
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Re: Fritz Leiber
Jetzt habe ich auch noch die letzten fünf Geschichten, die ich von Leiber besitze, gelesen:
"Bei klarem Verstand": Satire über den Geisteszustand von politischen Führren. Ganz nett, aber voraussehbar.
"Gesucht - ein Feind" : Ein Pazifist versucht die Marsianer zu überreden, die Erde zu befrieden. Kleine böse Geschichte, die mir gut gefallen hat.
"Der Mann, der niemals jung wurde": Geschichte, in der die Zeit rückwärts läuft. Interessante Geschichte, wenn man sowas noch nicht gelesen hat.
"Armer Supermann": Kleine Gruppe eines Thinktanks hält die Gesamte USA einschließlich Präsidenten zum Narren. Sieht man von der satirischen Überspitzung und den vielen Anachronismen ab, eigentlich gar keine SF mehr.
"Versäum nicht den Zeppelin!": Berühmte Geschichte, die Hugo und Nebula gewonnen hat. Ich hatte allerdings mit A.H. als braven Zeppelinverkäufer eher Probleme.
Die ersten vier Geschichten sind in "Die besten Stories von F.L." enthalten, der "Zeppelin" unter anderem im Science Fiction Jubiläums Band (Heyne SF 4000).
"Bei klarem Verstand": Satire über den Geisteszustand von politischen Führren. Ganz nett, aber voraussehbar.
"Gesucht - ein Feind" : Ein Pazifist versucht die Marsianer zu überreden, die Erde zu befrieden. Kleine böse Geschichte, die mir gut gefallen hat.
"Der Mann, der niemals jung wurde": Geschichte, in der die Zeit rückwärts läuft. Interessante Geschichte, wenn man sowas noch nicht gelesen hat.
"Armer Supermann": Kleine Gruppe eines Thinktanks hält die Gesamte USA einschließlich Präsidenten zum Narren. Sieht man von der satirischen Überspitzung und den vielen Anachronismen ab, eigentlich gar keine SF mehr.
"Versäum nicht den Zeppelin!": Berühmte Geschichte, die Hugo und Nebula gewonnen hat. Ich hatte allerdings mit A.H. als braven Zeppelinverkäufer eher Probleme.
Die ersten vier Geschichten sind in "Die besten Stories von F.L." enthalten, der "Zeppelin" unter anderem im Science Fiction Jubiläums Band (Heyne SF 4000).
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Re: Fritz Leiber
Unser Protagonist hat nix zum weinen, das ist ja keine Jammertante, und das Alien keine Mutter Theresa. Die Übersetzung müsste lauten "Die Nacht, in der er schrie". SCHRIE !
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NOVA - Das deutsche Magazin für Science Fiction - http://www.nova-sf.de
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Re: Fritz Leiber
Kennt jemand vielleicht die gesuchte Kurzgeschichte?
https://phantastik-literatur.de/forum/i ... #post30938
Zitat:
Ich habe mal vor Jahren eine übersetzte Kurzgeschichte von Fritz Leiber gelesen (ich meine in einer Anthologie), in der ein Mann auf Anweisung seiner tyrannischen Ehefrau, seine Katze(n) in den Keller verbannen muss, und er sie (die Katze) heimlich füttert. Ich finde ums Verrecken nicht heraus, welche Story das war. Weiß es jemand von euch?
https://phantastik-literatur.de/forum/i ... #post30938
Zitat:
Ich habe mal vor Jahren eine übersetzte Kurzgeschichte von Fritz Leiber gelesen (ich meine in einer Anthologie), in der ein Mann auf Anweisung seiner tyrannischen Ehefrau, seine Katze(n) in den Keller verbannen muss, und er sie (die Katze) heimlich füttert. Ich finde ums Verrecken nicht heraus, welche Story das war. Weiß es jemand von euch?
Die "SF-Fan" - Lesechallenge 2025
https://defms.blogspot.com/2025/01/die- ... -2025.html
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Re: Fritz Leiber
Die Kurzgeschichte "Raum-Zeit-Sprünge" ("Space-time for Springers") aus dem Jahr 1958 passt. Sie ist in der Anthologie Titan 2 von Jeschke/Pohl enthalten.