Ja, allerdings war der Siedleraspekt (wenn man das so nennen will) in Nazideutschland komplexer. Man denke an die Unterteilung in Reichsgebiet und Protektorat. Darüber hinaus war der Umsiedlungsplan Nazideutschlands nicht in dem Sinne organisch wie es der frontier-Gedanke der USA war. (Nichts lag den Nazis ferner als natürliche Prozesse.) Die US-frontier war als eine Art Überdruckventil oder Ablassventil gedacht (auch wenn diese Vorstellung de fakto falsch war, es geht hier aber um das Bild der frontier als prägende Gedankenvorstellung, also um eine Vorstellung, die die Realität prägte, nicht andersherum).
Der Siedlerplan Nazideutschlands war dagegen als schachbrettartige Neuaufteilung insbesondere der deutschen Landbevölkerung gedacht, mit Acker, Haus und Sklaven. Hier war von Anfang an im Idealbild alles geplant (was de fakto nicht mal ansatzweise so lief).
Bei Perry Rhodan finden wir wiederum ein ganz anderes Bild, dort ähneln die frühen Siedler eher den britischen Strafkolonnien, vermengt mit faschistoider Vorstellungswelt: Verbrecher und aufrührerische Elemente werden von der Erde verbannt, um Kolonien im All zu errichten, um auf der Erde das großimperatorische Handeln nicht zu stören. Es ist kein Wunder, dass diese beiden Ideen sich verknüpfen, Nazideutschland hat lange versucht, sich an die Briten ranzuwanzen, die es als natürliche Verbündete und Vorbilder ansah. Erst als die das halt nicht wollten, ging das Geschimpfe über die Briten los. Bei Perry Rhodan verknüpfen sich in der Anfangszeit viele Vorstellungen, Scheer etwa war gleichermaßen von faschistischen, britischen und amerikanischen Ideenwelten geprägt (die Schlußszene aus PR 1 ist die Schlußszene von "12 Uhr mittags"), Mahr dagegen fast ausschließlich amerikanisch. Infolgedessen findet sich die frontier-Idee dort definitiv, man denke an den Revolvermann auf Wanderer. Aber sie ist nur ein Teilaspekt, und gerade in der Frühzeit ist die Imperiumsidee sehr stark, was eher so britisch-deutsche Denke ist als US-Denke.
Man muss es nochmal betonen: die frontier meint nicht den realen historischen Ablauf, sondern eine These des Geschichtsablaufs, die Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellt wurde und die sich als ungeheuer wirkmächtig erwies und die prägenden Einfluss auf die US-SF hatte. Diese These war simplifiziert, glorifizierend und in Teilen schlicht falsch, aber sie klang so verlockend, dass sie quasi in die DNA der USA integriert wurde.
Außerdem ging und geht es hier ja um Nachhaltigkeit und SF. Der Ansatz vom Raum als Ressource spielt da definitiv rein (und vom Mißbrauch dieser Ressource, Stichwort Dust Bowl), aber wir sollten vielleicht nicht zu weit vom Thema wegbabbeln.
