NOVA 11

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Jan Gardemann
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Ungelesener Beitrag von Jan Gardemann »

Nach Lektüre des Gedichts von Ralf P. Krämer könnte man verleitet sein auszurufen: Esst mehr Delphine!
Ob diese armen Viecher, denen man doch einige Intelligenz nachsagt, wirklich zu so infantilen Versen fähig sind, wie Krämer sie ihnen in die Gehirnwindung legt, wird wahrscheinlich auch die Delphinforschung uns nicht beantworten können, warum ich von einem Verzehr dieser Säugetiere als vorbeugende Maßname gegen schlechte Gedichte auch eher abraten möchte.
Aber mal im Ernst: Die Zeilen sind harmlos und niedlich - ich wäre Stolz, wenn meine neun Jahre alte Tochter sie zu Papier gebracht hätte. Mir persönlich fehlte der Bruch, die Ironie, die dem Thema angemessen gewesen wäre. Deshalb würde ich aber nicht gleich an dem literarischen Urteilsvermögen derer zweifeln, die sich nicht zu schade waren, die Verse zu drucken!
Man wird doch wohl mal träumen dürfen?
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Scotty
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Ungelesener Beitrag von Scotty »

Ich kann Jans Ausführungen zu 100% unterschreiben. Habe ich den Gag übersehen???
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    Gast

    Ungelesener Beitrag von Gast »

    SPIEGEL online meldete im August 2006: "Delfine sind doof / Beliebt wird sich der Neuroethologe Paul Manger mit dieser These wohl kaum machen: Delfine, behauptet er, hätten nur deshalb ein großes Gehirn, damit es ihnen im kalten Wasser nicht einfriert. Eigentlich seien die beliebten Kleinwale eher dämlich." Welche hübsche Polemik man sich aus diesen Zeilen für "Ich träume" ziehen könnte, liegt so sehr auf der Hand, daß ich´s lasse; und nur einen Satz zur Form verlieren will. Entscheidet man sich - außerhalb der Bezirke des Parodistischen, Ironischen und Satirischen - für den Reim, so bindet man sich an die Tradition. Und die verlangte - meiner geringen Einsicht nach - auch eine Entscheidung für ein Metrum und die Fähigkeit, dieses rhythmisch korrekt zu füllen. Hier läßt uns Krämer doch ein wenig im Stich. Schwört man jedoch auf die sogenannten Freien Rhythmen, die uns die sehr ausgezackte Phalanx der Flattersatz-Lyriker nahe gebracht hat, so wirkt der Einsatz des Reims doch eher albern. Wie man´s auch wendet: Der handwerklichen Schludrigkeit Krämers addiert sich die Weltflucht, die das eigentliche Thema des Gedichts ist. Was könnte man dem Autor empfehlen? Vielleicht: weniger träumen und besser arbeiten.

    Gruß, Guido
    Jorge
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    Ungelesener Beitrag von Jorge »

    Jan Gardemann hat geschrieben:Ob diese armen Viecher, denen man doch einige Intelligenz nachsagt, wirklich zu so infantilen Versen fähig sind
    Höchstwahrscheinlich, wenn man sich die folgenden Knittelverse der Grönlandwale mal zu Gemüte führt:

    Alte Bullen:

    Die Jahre sind an uns vorübergezogen,
    Aus Tiefen des Himmels zu Tiefen der See.
    Das härteste Riff einmal glätten die Wogen,
    Die Zeit schwemmt hinweg unsern Stolz, unser Weh.
    Wir suchen nach Weiden auf unseren Wegen,
    Wo Orcas lauern mit gierigem Schlund,
    Auf uns ruht der weiten Gewässer Segen,
    Doch sinken auch wir einmal tot auf den Grund.
    Unsre Rasse ist alt, doch auch wir müssen gehen;
    Der letzte Gesang der Wale verklingt.
    Die Erde wird selbst nur so lange bestehen,
    Bis einmal die letzte Flut sie verschlingt.*



    Manno, ist das vielleicht deprimierend! Kein Wunder, das sich die Viecher reihenweise vor den nächstbesten Walfänger werfen oder an Land springen :rotfl: ...



    *aus:
    Poul Anderson
    "Kinder des Wassermanns"(The Mermen`s Children)
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    Jan Gardemann
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    Ungelesener Beitrag von Jan Gardemann »

    Zur Ehrenrettung der Delphine habe ich jetzt mal selber ein paar Zeilen zusammengebastelt:

    Der Gesang der Delphine
    (von Jan Gardemann)

    Wenn sie uns in Rudeln begaffen
    Benehmen wir uns zum Schein wie Affen,
    Wir tollen umher und springen durch Reifen,
    Fiepsen niedlich dabei und pfeifen.
    Doch treibt einer von ihnen verloren im Meer
    Helfen weder Harpune noch Messer ihm mehr.
    Wir sind nicht so blöd und werden ihn retten,
    (auch wenn sie das gerne so hätten).
    Statt dessen zeigen wir unsre wahre Natur
    Verspeisen den Einsamen ohne Beilage ganz pur.
    Von so was werden unsre Gehirne warm,
    Versammeln uns eilig zu gigantischem Schwarm,
    Verjagen die Haie und singen im Chor
    senden unser Fraßlied zu den Sternen empor:
    Dass von Delphina doch endlich Verstärkung kommt
    Und wie versprochen die Menschen von der Erde bombt!
    Aber die Invasoren lassen schon so lang auf sich warten,
    Wenn das so weitergeht, zählen wir bald zu den bedrohten Arten!

    Tja, ich konnte einfach nicht an mich halten - weiß auch nicht, was mich da geritten hat? Sowas gehört vielleicht nicht in einen Lesezirkel - nunja, die Delphine wird es wohl auch nicht retten. Trotzdem! :evil:
    Zuletzt geändert von Jan Gardemann am 22. März 2007 12:34, insgesamt 2-mal geändert.
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    Scotty
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    Ungelesener Beitrag von Scotty »

    Passt nicht ganz hier rein, aber einer meiner liebsten SF-Kurzgeschichten ist eine Story aus der Sicht eines Delfins: "Ishamel in love" von Robert Silverberg!
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      Guido Seifert

      Ungelesener Beitrag von Guido Seifert »

      Also - wenn wir schon dabei sind: Ein lütter Vierzeiler, der mir in die Feder zuckt:

      Schwurbelköpfe

      Schwurbelköpfe verschwurbeln die Welt,
      Faseln von Intelligenz bei Delphinen
      Zu Recht, denn man hat festgestellt:
      Es stimmt! (Doch nur gemessen an ihnen).

      Gruß, Guido
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      Jan Gardemann
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      Ungelesener Beitrag von Jan Gardemann »

      @Guido

      hehehe - nicht schlecht! So ein Lesezirkel ist doch echt inspirierend!

      Viele Grüße
      Jan
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      Random
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      Ungelesener Beitrag von Random »

      Und hier noch das Gedicht eines französischen Delphins.

      "Der Mensch und das Meer

      Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
      Dein Spiegel ist`s. In seiner Wellen Mauer,
      Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,
      In die und ihm der gleiche Abgrund klafft.

      Du liebst es, zu versinken in dein Bild,
      Mit Aug' und Armen willst du es umfassen,
      Der eignen Seele Sturm verrinnen lassen
      In seinem Klageschrei, unzähmbar wild.

      Ihr beide seid von heimlich finstrer Art.
      Wer taucht, o Mensch in deine letzen Tiefen,
      Wer kennt die Perlen, die verborgen schliefen,
      Die Schätze, die das neidische Meer bewahrt?

      Und doch bekämpft ihr euch ohn Unterlaß
      Jahrtausende in mitleidlosem Streiten,
      Denn ihr liebt Blut und Tod und Grausamkeiten,
      O wilde Ringer, ewiger Bruderhaß!"

      Baudelaire
      Die Blumen des Bösen
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      Ungelesener Beitrag von Mammut »

      Hat schon jemand Frank Hebbens Geschichte gelesen? Die dürfte doch heute dran sein.
      Mir fällt zu der Geschichte eigentlich nichts Richtiges ein. Eine Cyberpunkgeschichte, aber irgendwie fehlt mir der Pep in der Handlung, obwohl die Stimmung gut rüber kommt und die Geschichte schön zu lesen ist. Was denkt ihr?
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      Scotty
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      Ungelesener Beitrag von Scotty »

      Also ich fand "Im Labyrinth der Neonrose" wesentlich besser als Frank Hebbens Story in Nova 10. Ich erinnere mich dunkel, dass dort die Atmosphäre sehr schön ausgestaltet war, aber ich irgendwie von der Story nicht viel mitbekommen hatte.

      Ganz anders hier, das muss ich sagen. Nach dem 1. Absatz dachte ich noch "Oh Weia, das kommt gar geschwollen daher, hoffentlich wird das nicht so ein aufgesetztes Künstler-schreibt-für-Künstler-Werk. Aber nichts da: "Im Labyrinth der Neonrose" ist eine Story, die aus meiner Sicht wieder sehr atmosphärisch ist und dazu noch eine interessante Handlung aufweist....obwohl sie deutlich kürzer ist. Respekt! Auch die Figuren waren meiner Meinung nach diesmal differenzierter dargestellt ohne dass es übertrieben wirkte. Von Anfang an wurde meine Neugierde geweckt, ohne dass der Bogen überspannt wurde. Ihr wisst ja, es gibt nicht wenige Autoren, die halten dich mit immer neuen Rätseln bei der Stange und irgendwann ist das Vertrauen verpufft, dass das irgendwann noch einmal aufgelöst. Bei der vorliegenden Story hat Frank genau richtig dosiert.

      Ach übrigens: Richtig spannend war es auch.

      Gut, nicht alles war für mich plausibel. Allerdings ist es ja auch nur eine Kurzgeschichte. Da ist es eigentlich nicht sooo wichtig, wie denn der Einbruch gelungen ist oder wie die Gedankenübertragung funktioniert (obwohl der Frank hierfür vielleicht doch eine halbe Seite hätte spendieren können).

      Einzig das Ende war mich nicht so klar. Was wollte Frank damit sagen? Dass Kohle wichtiger als die Revolution ist? Glaube ich nicht. Dieser Aspekt wurde schon vorher in der Story veraten. Das wäre keine Pointe. Aber was dann? Habe ich etwas verpasst? Irgendwie passiert mir das dauernd, dass ich die Pointe nicht versteh oder versuche, zuviel darin zu sehen. Hat einer die Verse zwischendurch verstanden???

      Wie dem auch sei: Wenn die nächste Story jetzt auch noch ein Ende hat, dass ein Leser wie ich sie vor dem Einschlafen immer noch versteht, dann hab ich nichts mehr zu meckern!
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        Ungelesener Beitrag von Jakob »

        Einzig das Ende war mich nicht so klar. Was wollte Frank damit sagen? Dass Kohle wichtiger als die Revolution ist? Glaube ich nicht. Dieser Aspekt wurde schon vorher in der Story veraten. Das wäre keine Pointe. Aber was dann? Habe ich etwas verpasst? Irgendwie passiert mir das dauernd, dass ich die Pointe nicht versteh oder versuche, zuviel darin zu sehen.
        Ich glaube ja ehrlich gesagt, dass diese Pointenfixiertheit in der SF oft ziemlich unglücklich ist und dazu führt, dass Autoren sich in dem verzweifelten Bemühen, noch einen letzten Twist einzubauen, verkrampfen, anstatt sich auf Figuren und Geschichte zu konzentrieren. Von daher erwartest du von Frank Story vielleicht etwas, worauf sie gar nicht abzielt - ich konnte auch keine "Abschlusspointe" finden, die in dem Sinne eine neue Aussage hat, aber das ist ja auch völlig OK. Wir erfahren am Ende einfach, wie sich die Hauptfigur innerhalb eines schon vorher aufgespannten Möglichkeitsfelds entscheidet.

        Ich persönlich störe mich ja meistens eher an Geschichten, bei denen der Autor mir explizit auftischt, was er mir "sagen" will. Ich hab manchmal den verdacht, dass sf-Leser einfach zu wenig vertrauen in das haben, was sie vielleicht selbst in einer Story sehen, und immer gern durch den Autor explizit bestätigt hätten, ob ihre Interpretation denn nun "richtig" ist. Ist doch nun wirklich egal, was Frank sagen will, solange man etwas interessantes in der Geschichte findet!
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        Ungelesener Beitrag von Scotty »

        Jakob hat geschrieben:
        Einzig das Ende war mich nicht so klar. Was wollte Frank damit sagen? Dass Kohle wichtiger als die Revolution ist? Glaube ich nicht. Dieser Aspekt wurde schon vorher in der Story veraten. Das wäre keine Pointe. Aber was dann? Habe ich etwas verpasst? Irgendwie passiert mir das dauernd, dass ich die Pointe nicht versteh oder versuche, zuviel darin zu sehen.
        Ich glaube ja ehrlich gesagt, dass diese Pointenfixiertheit in der SF oft ziemlich unglücklich ist und dazu führt, dass Autoren sich in dem verzweifelten Bemühen, noch einen letzten Twist einzubauen, verkrampfen, anstatt sich auf Figuren und Geschichte zu konzentrieren. Von daher erwartest du von Frank Story vielleicht etwas, worauf sie gar nicht abzielt - ich konnte auch keine "Abschlusspointe" finden, die in dem Sinne eine neue Aussage hat, aber das ist ja auch völlig OK. Wir erfahren am Ende einfach, wie sich die Hauptfigur innerhalb eines schon vorher aufgespannten Möglichkeitsfelds entscheidet.

        Ich persönlich störe mich ja meistens eher an Geschichten, bei denen der Autor mir explizit auftischt, was er mir "sagen" will. Ich hab manchmal den verdacht, dass sf-Leser einfach zu wenig vertrauen in das haben, was sie vielleicht selbst in einer Story sehen, und immer gern durch den Autor explizit bestätigt hätten, ob ihre Interpretation denn nun "richtig" ist. Ist doch nun wirklich egal, was Frank sagen will, solange man etwas interessantes in der Geschichte findet!
        An dem, was du sagst, ist sicherlich einiges wahres dran. Verkrampfte Pointen sind schlechter als gar keine! Das sehe ich auch so.

        Allerdings sieht das Ende der vorliegenden Geschichte nach einer Pointe aus. Das verunsichert den Leser. Habe ich da etwas nicht verstanden? Frank Hebbens Story fand ich auch ohne Pointe gut, ich war jedoch am Ende etwas verunsichert.

        Ein weiterer Aspekt ist: Für Kurzgeschichten gelten aus meiner Sicht andere Kriterien als für einen Roman. Bei einer Kurzgeschichte führt eine Pointe zu einem runden akzentuierten Ende. Das ist eine besondere Kunst. Ich kann auch ohne Pointe leben, aber wenn es jemand schafft, eine gelungene Pointe einzubauen, wertet das die Story aus meiner Sicht auf. EIn Hauptgang mag auch ohne Nachtisch und Espresso gut schmecken, aber mit dem richtigen Dessert wird es zum kulinarischen Erlebnis!

        Bei einem Roman reicht dagegen eine inhaltliche Auflösung der Handlungsfäden.
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          Frank
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          Ungelesener Beitrag von Frank »

          Hey Leute! Es gibt tatsächlich eine "Mega-Pointe", aber die ist eben storyübergreifend; und zwar von der "Neonrose" zu "Memories ":

          Neonrose:
          Und ein Strudel von Memories drang in sie ein – Bilder, Klänge und Empfindungen aus einem Leben, das nicht ihr eigenes war, und sich dennoch vertraut anfühlte: Kindheit, goldenes Viertel, Mord an ihrer Mutter, gravierte Klingen, Drache, Teufel, Schulfabrik, Einsamkeit, Untergrund, Spraydosen, Gefängnis, Waffen, Feuer über Feuer, ein Blitz, ein blauer Hund und dann Graffitis mit Knochen und Blumen und Tod, surreal und doch so echt, daß sich Mirós Erinnerungen mit den ihren vermischten, sich beim dritten Kurzschluß miteinander verzahnten. Céline schrie auf, während das letzte Memory sich in ihr aufblähte wie eine Seifenblase und zerplatzte – Schwärze und Rauschen; Skas Körper war kollabiert.
          Memories:
          Der Händler beugte sich über den Transmitter, ein Gerät in der Form eines Kubus, links und rechts die Drähte und goldene Haftungen für die Stirn. »Fünfzehn.«
          »Was, fünfzehn?« Mit zwei Fingern knibbelte das Mädchen die Haftung ab. »Das sind ja mehr als drei Erinnerungen.«
          »In bester Qualität«, ergänzte der Händler und setzte sein Verkaufslächeln auf. »Glasklare Bilder, saubere Gefühle. Wir nehmen nur Alpha-Memories.«
          »Teuer, teuer.«
          »Und zu recht!« Der Händler öffnete die Hände. »Diese Erinnerung stammt aus dem Jahr 1964, Westeuropa, Frankreich vielleicht; sie ist mehr als 200 Jahre alt.« Sein Lächeln wurde breiter. »La Bohème, wenn Sie wissen, was ich meine.«
          »La Bohème«, wiederholte das Mädchen nachdenklich. »Gut, okay, tauschen sie auch schlechte?«
          »Kommt drauf an.«
          »Ich habe ein Erlebnis aus der Schulfabrik, zwei Nächte im Gefängnis und den Mord an meiner Mutter.«
          Der Händler sog Luft durch die Zähne. »Mord? Wir sind ein seriöses Geschäft, so etwas können Sie hier nicht tauschen. Erinnerungen an Bücher, an Filme, die unsere Regierung vernichten ließ, das nehmen wir gerne. Sonnenuntergänge, Erinnerungen an Tiere und Pflanzen. Ein Picknick im Wald. Haben Sie solche Fragmente?«
          »Nein«, antwortete das Mädchen traurig, und ihre Augen schillerten in tausend Farben. »Oh, ich hatte mal einen Hund.«
          »Einen Hund? Dafür gibt es Sammler. Welche Rasse?«
          »Weiß ich nicht. Er hatte ein königsblaues Fell.«
          Der Händler winkte ab. »Keine Schöpfungen, tut mir leid.«
          Denn die "Neonrose" ist der Prequel, ein kleiner "Insider-Gag" sozusagen ...


          Und zum Ende möchte ich anführen:

          "Lieber den Spatz auf der Hand als die Taube auf dem Dach!"

          Oder besser: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral!" :smokin :D


          :wink: Grüße! :lol:
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          Ungelesener Beitrag von breitsameter »

          Jakob hat geschrieben:Ich persönlich störe mich ja meistens eher an Geschichten, bei denen der Autor mir explizit auftischt, was er mir "sagen" will. Ich hab manchmal den verdacht, dass sf-Leser einfach zu wenig vertrauen in das haben, was sie vielleicht selbst in einer Story sehen, und immer gern durch den Autor explizit bestätigt hätten, ob ihre Interpretation denn nun "richtig" ist. Ist doch nun wirklich egal, was Frank sagen will, solange man etwas interessantes in der Geschichte findet!
          Dem stimme ich gerne zu!

          Was mir allerdings gefallen würde und was ich mir für die Zukunft auch wünschen würde, wären weniger generische Cyberpunk-Geschichten. Nun ja, beim Dort.Con wurde ja gezeigt, wie Frank Hebben ein Cyberchip implantiert wurde, aber trotzdem wäre es mir recht, wenn die typischen Cyberpunk-Elemente den Hintergrund der Geschichte bilden würden, und nicht das Storygerüst selbst. Denn Außenseiter führt Diebstahl durch und wird dabei selbst gelinkt ist halt ein etwas ausgelutschter Plot...
          Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
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