NOVA 11

Wir lesen gemeinsam ausgewählte Science Fiction-Bücher und diskutieren darüber!
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Jan Gardemann
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Ungelesener Beitrag von Jan Gardemann »

Die Geschichte von Alfred Bekker hat mir gefallen, weil die Zukunftswelt gut ausgearbeitet worden ist. An anderer Stelle ist mokiert worden, dass das eigentliche Fest in der Geschichte nicht hinreichend genug beschrieben wurde. Mir persönlich haben die Andeutungen gereicht - die Geschichte wäre bestimmt ins splatterhafte abgeglitten, wenn Alfred ausführlicher geworden wäre.
Ähnlich, wie der Protagonist in dem Netz der Diplomatie gefangen war, blieben die geschilderten Szene auch irgendwie gefangen. Ein Eindringen in tiefere Schichten der seltsamen Kultur war so nicht möglich. Der Leser musste sich mit der diplomatischen Oberfläche begnügen. Ich fand das aber recht interessant und gut umgesetzt. Der Schluss war dann ein wenig zu moralisierend. Aber letztendlich ist das in Ordnung, weil es irgendwie auch menschlich ist.
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Jan Gardemann
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Ungelesener Beitrag von Jan Gardemann »

Um für mich diesen Lesezirkel abzuschließen, hier ein kurzes Statement zur letzten Nova 11 Story von Olaf Kemmler. "Das perfekte Paar" ist eine vergnügliche Geschichte, etwas Kurzweiliges für Zwischendurch. Vielleicht war sie für die Computerzeitschrift c´t vorgesehen gewesen - jedenfalls ist sie von ihrer Machart einigen c´t Geschichten ähnlich. Mir hat sie gefallen und mich daher gut zu den Nova-Interviews übergeleitet.
Nova ist und bleibt für mich ein lesenswertes Magazin - und ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe (wann immer die auch erscheinen mag :wink: ).

Tschüss
Jan
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ChristianW
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Ungelesener Beitrag von ChristianW »

Jan Gardemann hat geschrieben:Um für mich diesen Lesezirkel abzuschließen,
Einsam sind die Tapferen ... :D

Hm, so ein Lesezirkel über ein Vierteljahr zieht sich ziemlich hin - vielleicht sind deshalb viele unterwegs ausgestiegen?

Ich bin ja nicht so der Lesezirkelfan, weil mein Lesetempo meist ein ganz anderes ist als das des Zirkels. Aber wäre es generell nicht besser, den Zeitraum straffer zu gestalten?
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ChristianW
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Ungelesener Beitrag von ChristianW »

Guido Seifert hat geschrieben:Tja, die Ansprüche sind unterschiedlich, so banal wie wahr.
... Das extreme Beispiel, das mir im Kopf hängen geblieben ist, stammt aus der Zeit meiner Perry-Rhodan-Lektüre. Ein Leser (sei´s in der LKS oder in einem Forum, ich weiß es nicht mehr) teilte mit, das es für ihn des ganzen Beiwerks nicht bedürfte: Er würde die Serie noch mehr lieben, wenn sie sich auf das Erzählen der reinen Handlung beschränkte, so dass er möglichst rasch sehe, "wie´s weitergeht". Nicht undenkbar, dass er PR im Telegrammstil, jedes Heft auf 1/3 des Umfangs gerafft, als noch besser und SF-gemäßer empfindet.
Ich möchte ja nicht unbedingt den Spruch von der "goldenen Mitte" bemühen, aber ein bisschen passt es hier vielleicht schon. Letztlich wird es wohl keine Form geben, die alle annähernd gleich befriedigt, aber die extremen Ausprägungen werden selten auf breites Leserinteresse stoßen.
Guido Seifert
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Ungelesener Beitrag von Guido Seifert »

Dann will ich auch mal abschließen. Alfred Bekkers "Das Festival" gehört für mich zu den besten Erzählungen aus NOVA 11. Bekker findet ein Bild für die dünne, brüchige Oberfläche der sogenannten Zivilisation. Manchmal scheint diese Oberfläche auch nur Schminke zu sein, die sich der Raubaffe aufgekleistert hat (Beispiele aus der jüngsten angloamerikanischen Geschichte ließen sich beibringen). Vielleicht lese ich zuviel hinein, aber mir scheint, dass Bekker hier den Dualismus von Expansion und Destruktion - oder, freudianisch gewendet, von Libido und Todestrieb - thematisiert hat. Was mir allerdings ein wenig fehlt, sind die gesellschaftlichen Implikationen der Festival-Institution. Wenn ich´s richtig lese, findet das Festival etwa alle fünf (Terra-)Jahre statt. Was bedeutet das für die individuellen Planungen innerhalb einer solchen Gesellschaft? Warum gibt es immer noch Familiengründungen, wenn in fünf Jahren alles aus sein kann? Wie sähe das Versicherungswesen in einer solchen Gesellschaft aus? Was "passiert" mit den Rachegefühlen der Opfer nach Beendigung des Festivals? Auch könnte man fragen, warum sich die Tasner-Gesellschaft nicht mit einer hochkomplexen Simulation "begnügt". Ich finde, Bekkers Idee besitzt ein größeres Potenzial, als der Autor uns sehen lässt. Der Schilderung des Festivals selbst hätte eine "Schlüsselszene" gut getan, die uns gar nicht das splatterhafte Außen blutig in die Augen tröpfeln müsste, sondern die uns Israts Innen in der reflexiven Bewegung der ausgesandten Destruktion darstellte (Der Krieger eines Urvolks empfand noch Schuld nach Tötung seines Feindes und sehnte sich nach Buße).

Olaf Kemmlers "Das perfekte Paar" ist eine kurzweilige Geschichte, die natürlich ganz auf die Pointe setzt. War nett zu lesen.

Gruß, Guido
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Shock Wave Rider
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Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

OK, Lesezirkel ist was anderes als nach Ende der Lesefrist seinen gesammelten Senf abzusondern.
Aber meine Meinung zu NOVA 11 möchte ich doch posten.

Jakob Schmidt: Nadeln und Fäden
Der Mann kann schreiben. Schmidt bedient sich einer intensiven, wunderschönen Sprache, die den Leser in ihren Bann zieht. Leider blieb dahinter die Handlung etwas auf der Strecke. Die Pointe, so es eine gab, blieb mir verborgen. Dennoch: Gern gelesen, mehr davon!
7 von 10 Punkten

Ralf Peter Krämer: Ich träume
Was sich hinten reimen tut,
ist nicht immer wirklich gut.
Vor allem, wenn der Rhythmus holpert,
weil ein Delphin durchs Wasser stolpert.
1 von 10 Punkten

Frank Hebben: Im Labyrinth der Neurose
Eine weitere starke Story aus dem "Memories"-Universum. Céline kommt lebensecht und intensiv rüber. Lakonische, eiskalte Sprache, dem düsteren Setting angemessen. Hebben kann schreiben. Eine fesselnde Story, die ich gern gelesen habe.
8 von 10 Punkten

Ronald M. Hahn: Wie Terrorismus entsteht
Konventionelle, vorhersehbare Glosse über den Leidensweg von S.F. Schreyber und seiner Erzählung "Planet der Gullideckelsammler" durch die Publikationsmühle eines kleineren SF-Magazins. Zur Auflockerung ganz nett. Die Story ist genauso ernst zu nehmen, wie sie gemeint war.
4 von 10 Punkten

Holger Eckhardt: Kafkas Schloß
Holger präsentiert eine runde Geschichte in einer stimmigen Welt, die von Außerirdischen übernommen wurde. Die Story, vor allem das Eindringen in Hansens Erinnerungen, ist gut durchdacht. Der Humor ist diesmal sparsam und puktgenau eingesetzt, was der Geschichte insgesamt gut tut. Die Auflösung kam für mich überraschend. Einziger Kritikpunkt: Das Motto (Hansen kann mit Frauen nicht), ursprünglich wohl als Leitmotiv gedacht, wurde im Rahmen der Story schlicht vergessen. Das war gut für die Story, allerdings hätte man das Motto schlicht streichen können.
9 von 10 Punkten

AD: Testudo
Das ist bestenfalls das Exposé für die Story, die noch geschrieben werden muss. Wozu D. die historische Entwicklung der terranischen Raumfahrt brauchte, ist mir nicht klar geworden. Ebensowenig, wie diese "Story" zur Veröffentlichung bei NOVA angenommen werden konnte. :kopfkratz:
0 von 10 Punkten

Scot W. Stevenson: Der Lazarus-Mann
Der Lazarus-Mann, der mithilfe übersinnlicher Fähigkeiten elektronische Geräte reparieren kann, ist eine interessante Idee. Auch sein Konflikt mit FBI, CIA und anderen begehrlichen Kreisen ist prinzipiell tragfähig. Grundsätzlich ist die Story gut geschrieben, an einigen Stellen störten mich zu viele "und"s. Nur das Ende mit dem FBI-Mann, dessen Kind auch Krebs hatte, fand ich seltsam. Insgesamt eine gelungene Fingerübung!
6 von 10 Punkten

Aleksander Ziljac: Ein Abend im City-Café, die Gedanken bei Lydia
Die Idee mit der Alien-Hure ist klasse, die ganzen Verwicklungen drumherum sind gut durchgeführt. Ziljac schreibt spannend, nimmt den Leser mit. Das Ende mit dem Lazarus war mir eine Spur zu dick aufgetragen, dafür sind die ebenfalls von Ziljac stammenden Illustrationen, nun ja, sehr schön und anregend. :oops:
9 von 10 Punkten

Kirsten Küppers und Maximilian Vogel: Kontakt
Spinnen-Aliens richten sich in einem U-Bahn-Schacht wohnlich ein. Nur die Putzfrau bemerkt was, aber nicht richtig. Ausgelutschte Idee, schon dutzendmal gelesen, meist sogar besser, wenig aufregend erzählt.
2 von 10 Punkten

Christian Weis: Bergers Bericht
Am Anfang entwickelt Weiß ein düsteres Thriller-Szenario mit interessanten Figuren, die noch einiges miteinander erleben können. Der Schluß kommt zu früh und etwas unmotiviert gerade an der Stelle, an der es richtig losgehen könnte mit der Handlung. Schade. Eine Unvollendete, die durchaus zu einer Novelle bzw. einem Roman ausgebaut werden könnte.
7 von 10 Punkten

Alfred Bekker: Das Festival
Bekker entrollt eine interessante Kultur auf dem Randplaneten Tasner und platziert interessante Charaktere darin (allen voran N'Gaba und LeCarré - war die Namensgebung eine Hommage an den Schriftsteller John le Carré?), die in konfliktträchtigen Beziehungen zueinander stehen. Wahnsinn, wie er die Funktionsweise von Vitamin B und Korruption darstellt. Leider fällt die Story zum Ende hin ab. Das Festival selbst wird viel zu kurz und oberflächlich abgehandelt - etwas mehr Splatter hätte hier gut getan. Und die Schlußszene fand ich arg aufgesetzt. Zumal auch zu viel explizit erklärt und zu wenig erlebbar gemacht wird.
Insgesamt aber die stärkste Story in NOVA 11!
9 von 10 Punkten

Olaf Kemmler: Das perfekte Paar
Jau, nett geschrieben, zum Schmunzeln, wobei sich die Pointe schon ab der Hälfte der Story abzeichnete. Außerdem ist die Idee nur wenig originell. Immerhin kann Kemmler ganz ansehnlich erzählen. Zur Entspannung zwischendurch gern gelesen.
5 von 10 Punkten

Usch Kiausch: Interview mit Leigh Kennedy und Christopher Priest
Wieso brauchte es drei Jahre, bis die Transkription eines Podiumsgesprächs auf dem PalantineCon 2004 in Neustadt/Weinstraße zum Druck kommt? Das Interview selbst bleibt etwas theoretisch-abgehoben. Wir lernen das Stichwort "Visionärer Realismus" kennen und erfahren etwas über die Probleme von Büchern, die zwischen alle Schubladen fallen.

Michael Lohr: Interview mit Charles Stross
Lohr bringt Stross dazu, Einblicke in seine Ideenwelt und sein Leben zu gewähren. Hochspannend, Rote-Ohren-Lektüre, die viele Leseanregungen bietet!

Gesamturteil: Nicht die beste NOVA-Ausgabe, aber mit Sicherheit auch nicht die schlechteste. Sie enthielt einige gute Stories (Hebben, Eckhardt, Ziljac, Bekker), einige mit guten Ansätzen und auch einige mißlungene Texte. Insgesamt habe ich NOVA 11 aber gern gelesen und fühlte mich nicht übervorteilt.

Gruß
Ralf
Zuletzt geändert von Shock Wave Rider am 9. Mai 2008 00:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Ungelesener Beitrag von ChristianW »

Shock Wave Rider hat geschrieben: Christian Weiß: Bergers Bericht
Am Anfang entwickelt Weiß ein düsteres Thriller-Szenario mit interessanten Figuren, die noch einiges miteinander erleben können. Der Schluß kommt zu früh und etwas unmotiviert gerade an der Stelle, an der es richtig losgehen könnte mit der Handlung. Schade. Eine Unvollendete, die durchaus zu einer Novelle bzw. einem Roman ausgebaut werden könnte.
Hm, vielleicht sollte ich mich da tatsächlich mal ranwagen ... Überlegungen für längere Versionen gabs, letztlich hab ich aber dann ziemlich abgespeckt.

Und bittebitte Weis, nicht Weiß :wink:
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Shock Wave Rider
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ChristianW hat geschrieben:Und bittebitte Weis, nicht Weiß :wink:
Sorry für den Verschreiber. Ist korrigiert.

Gruß
Ralf
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Shock Wave Rider hat geschrieben:Sorry für den Verschreiber. Ist korrigiert.
Ist verziehen. :D
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