Baltar hat geschrieben:Es geht hier um ein Produkt, welches in der Öffentlichkeit von massivem Werberummel begleitet wurde und wird. Die Frage, ob ein solches Game rassistischen Stereotypen Vorschub leistet, oder nicht, ist ja eben keine Privatsache, sondern Gegenstand einer öffentlichen Diskussion.
Okay, betrachten wir es unter diesem Gesichtspunkt.
Martin hat geschrieben:Die Handlung spielt nun in einer (fiktiven) afrikanischen Nation, und wie die Leute dort ohne T-Virus reagieren würden, weiß Du nicht, da es eben nicht dargestellt wird. Shanty Town sieht ja nun nicht gerade wie eine Warlord-Hochburg aus, sondern wie ein (mit Einschränkungen) leidlich wohnliches Städtchen afrikanisch-orientalischen Gepräges, so richtig schön mit Basar und allem Drum und Dran. Wäre die Gegend nicht gerade kontaminiert, könnten auch Touristen durch die Gassen stromern, serienweise Fotos schießen und um Teppiche feilschen.
Ich weiss nicht wo du gerne deine Teppiche kaufst. Mich erinnert die Darstellung an Townships.
Zugegeben, Shanty Town sieht in weiten Teilen arg mitgenommen aus. Aber wenn man danach geht, schien Racoon-City, eine us-amerikanische Stadt, im Spiel ebenfalls aus erstaunlich vielen heruntergekommenen Ecken zu bestehen. Dort ging wohl die Spielergemeinde (mich eingeschlossen) davon aus, dass dies 1.) eine Folge der Katastrophe ist und 2.) die aktive Spielhandlung des Spielgefühls wegen nicht unbedingt im Speckgürtel der Stadt oder zwischen Wolkenkratzern spielt.
Bei Shanty Town wird hingegen davon ausgegangen, dass die "bespielten" Viertel repräsentativ für die ganze Stadt sind, diese repräsentativ für die fiktive afrikanische Nation und diese für den ganzen Kontinent - womit ich wieder darauf zurückkomme, dass hier auch die eigenen Vorbehalte eine starke Rolle spielen, und man schon allein deshalb Rassismus vermutet, weil man sich irgendwie dieser Vorbehalte schämt.
Klar, Townships existieren nachweislich in Afrika. Man könnte aber auch davon ausgehen, dass die Spielhandlung in den miesen Vierteln der Stadt spielt. Oder dass Shanty Town nicht gerade beispielhaft für das Land Kijuju ist. Oder das Kijuju nun einmal sinnbildlich für jene Länder Afrikas steht, in denen auch in der Realität Leute mit Macheten unterwegs sind und auch sonst nicht gerade durch menschenfreundliche Affekte auffallen - nicht, weil sie Schwarzafrikaner sind, sondern weil sie unter Bedingungen leben, die solche Dinge hervorbringen.
Natürlich hätte sich das Spiel auch eine der entwickelten oder einer der relativ naturbelassenen Regionen Afrikas als Kulisse bedienen können. Die Frage ist, wer ein Spiel spielen möchte, wo man erneut durch eine moderne Stadt oder durch die untere Kalahari tingelt und dort auf zombifizierte Pendler bzw. Nomaden trifft, die - Um Himmels Willen! - auch Schwarzafrikaner wären und - Gott bewahre! - ja auf keinen Fall so dargestellt werden dürfen, als könnten sie vielleicht, eventuell und unter besonderen Umstände auch ohne T-Virus zu Aggressionen neigen. Stattdessen sollten sie den Spieler höflich darum ersuchen, sich doch bitte selbst umzubringen.
Was ich sagen will: Dem Gedankengang folgend, dürfte man man gar keine Schwarzafrikaner in negativer Rolle in Spielen (oder anderen Medien auftreten) lassen, weil sonst immer der Ruf kommen könnte "Ja ja, die werden mal wieder als wilde Tiere dargestellt!". Also lassen wir sicherheitshalber nur Weiße (Warum wird dieser Begriff eigentlich nicht als rassistisch bewertet? Ich bin jedenfalls bin ebenso wenig weiß wie mein Kumpel Atsou schwarz ist!) auftreten, auf die dann auch nur Weiße schießen dürfen, weil das ja sonst die Opferumkehr wäre. - Aber Moment mal, gar keine Schwarzen mehr wäre ja auch wieder diskriminierend und somit tendenziell rassistisch! Jetzt bin ich verwirrt und weiß nicht mehr, wie man es der political correctness im Detail recht machen könnte.
Den vierteiligen Kiefer gibt es eher selten. Schwarze dagegen, die mit Motorrädern hinter dir her brettern und mit Armbrüsten von LKW-Ladeflächen auf dich ballern, oder mit Molotow-Cocktails werfen, während Du sie mit deiner Gatling eindeckst, wecken nun mal andere Assoziationen bei mir. Hier wird kein Horrorszenario in Szene gesetzt, sondern ein bürgerkriegsähnliches. Genau diese Klischees sind es, die das Spiel laufend bedient.
Wieso Klischee? Es gibt nachweislich ja Gegenden in Afrika geben, wo es genau so aussieht und hergeht. Und dieses
Actionspiel wählt nun einmal einmal eine solche Gegend, und kein typisches Touristenziel ... Ebenso wenig,wie man Actionspiele vor europäischer oder nordamerikanischer Kulisse in beschaulichen Reihenhaussiedlungen spielen lässt.
Martin hat geschrieben:Das Totschlagargument musste ja kommen. Also ganz einfach: das Spiel ist vom Gameplay her ziemlich gut. Und natürlich ist es letztlich nur ein Spiel. In diesem Zusammenhang wäre es tatsächlich heuchlerisch zu behaupten, meine moralische Empörung ginge soweit, dass ich das Game zur Seite lege. Das bedeutet aber nicht, dass die Spielindustrie frei von Verantwortung für Ihre Releases ist. Und ich hoffe mal, es ist erlaubt, kontrovers über so ein Thema zu diskutieren.
Vorweg, es war nicht als Totschlagsargument gemeint. Ich wollte lediglich ködern, um herauszufinden, wo bei Dir die Schmerzgrenze liegt, also wann Du ein Spiel unbedenklich fändest und wann Du es konsequent ablehnen würdest. Ich kann mich erinnern, dass es bereits vor Jahren um "Soldier auf Fortune" eine ähnliche Diskussion gab, weil einige Level in Afrika spielen und man dort auf einheimische Freischärler schießt. Und vor nicht so langer Zeit gab es um "Far Cry 2" eine ähnliche Debatte. Mich würde interessieren, wie Dein Standpunkt dazu war.
Spiel einfach mal das Spiel, dann sprechen wir weiter.
Ehrlich gesagt, die Demo genügt mir. Schon darin ist mir das Gameplay zu eintönig und ich hatte es schnell satt, meinem SC über die Schulter zu kauen und in den immer gleichen Abwandlungen der selben Kulisse immer wieder ähnliche Abwehrsituationen durchzuspielen.