Duane Fitzgerald ist ein Cyborg, eine vom US-Militär mit übermenschlichen Kräften und technischen Schnickschnack ausgerüstete Kampfmaschine, ein für Einzelkämpfereinsätze aufgerüsteter Mensch.
Doch das Projekt Steel-Man wird nach etlichen technischen und finanziellen Rückschlägen von der Regierung auf Eis gelegt. Duane und seine Gefährten werden in den vorzeitigen Ruhestand geschickt, getrennt und leben fortan zurückgezogen als milliardenschwerer Schrott in den von ihnen gewählten Gegenden der USA.
Duane bekommt die Erlaubnis sich in Dingle, dem Land seiner Ahnen im Südwesten Irlands niederzulassen. Dort führt er ein unauffälliges Leben außerhalb der Gesellschaft bis eines Tages ein Anwalt auftaucht, der in dazu bewegen will eine Schadensersatzklage gegen die Regierung der Vereinigten Staaten zu führen. Doch bevor es soweit kommen kann wird der Jurist ermordet.
Kurz darauf tauchen noch mehr Fremde in dem verschlafenen Fischerdorf auf und ein weiterer Mord passiert. Diesmal ist es ein Arzt dem sich Duane offenbart hat und über Fitzgeralds Innenleben bestens bescheid weiß. Duane versucht hinter das Geheimnis der ihn beobachtenden Fremden zu kommen...
Ja, das klingt nach rambam: ein im Stich gelassener Soldat nimmt Rache und beginnt seinen persönlichen Krieg gegen den perfiden Militärapparat. Ich sehe Explosionen und einen unbesiegbaren, lächelnden Protagonisten der seinen ehemaligen „Ziehvätern“ das Fell über die Ohren zieht, einen Haufen Asche hinter sich lässt um nach getaner Arbeit in sein Fischerdörfchen zurückzukehren und ein neues, freies Leben zu beginnen... aaarrggghhh.
Aber nix da, Eschbach lässt sich nicht dazu hinreißen einen solch ausgelutschten Plot darzustellen und das ist gut so
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Er legt dar, dass die verheißungsvolle Technik in seinem Körper eine Hölle für Duane geworden ist. Sein Turboherz hat von Anfang an nicht so funktioniert wie es die Entwickler haben wollten und die Titanlegierungen in seinem Körper sind so schwer, dass er ständig Probleme damit hat. Dazu kommt das die Modifizierungen einem schleichenden Alterungsprozess anheimfallen und ihm die Gewissheit geben, dass es um eine hohe Lebenserwartung eher schlecht bestellt ist.
Der Autor beschreibt mit Liebe zum Detail wie der alltägliche Horror eines Cyborgs aussehen muss und das macht den Roman zu etwas einzigartigem. So beschreibt er z. B. die komplizierte und einzig praktikable Möglichkeit der Nahrungsaufnahme die Duane geblieben ist, nachdem man einen Großteil seines Darms zugunsten technischer Ausrüstung entfernt hat und man leidet mit wenn er den Wunsch nach einem Bier oder herkömmlicher Nahrung äußert. Oder er zeigt auf, dass Fitzgeralds Superauge solch ein Gewicht besitzt, dass es sich mit der Zeit in der Augenhöhle abgesengt hat. Das sind Sachen bei denen man sieht, dass Eschbach sich Gedanken und Mühe gemacht hat.
Dabei wird das Ganze nicht ohne Komik und mit einem verschmitzten Grinsen erzählt. Duane flüchtet sich in die Philosophie im speziellen einem römischen Philosophen namens Seneca, dessen Zitate jedes Kapitel des Romans einleiten. Senecas Credo ist: hadere nicht mit dem Schicksal, den nur wer große Mühen ohne zu murren meistert hat sein Leben wirklich gelebt. Das ganze hört sich ein bisschen bauernschlau und profan an, passt aber auf die Situation in der sich Fitzgerald befindet gut. Zudem ist der Protagonist nicht einer der übersprudelnde Intelligenz besitzt, was ihn aber sympathisch und glaubwürdig macht.
Der Charakter des Duane Fitzgerald ist schön herausgearbeitet ohne das entnervende Längen entstehen. Klar hätte man die Thematik philosophisch wesentlich tiefer abhandeln können, was ich mir auch das ein oder andere mal gewünscht hätte, aber so bleibt es was Eschbach ausmacht nämlich gut lesbar ohne zuviel Anspruch. Es bleibt für den Leser noch genug übrig über das er sich Gedanken machen kann. Zum Beispiel wird kurz die Frage angerissen wo sich die Grenze Mensch-Cyborg befindet. Ist man schon ein Cyborg wenn man ein künstliches Herz in sich trägt? Welche Auswirkung hat das auf das Menschsein? Wird man weniger Wert und Schritt für Schritt zur Maschine ohne Rechte je mehr Organe durch Technik ersetzt werden? Die Grenze zur Maschine scheint im Falle der Steel-Man schon überschritten denn ihnen würde ein Notaus-Schalter eingefügt und ihren Vorgesetzten bleibt das Privileg ihn zu drücken.
Die eigentliche Handlung bleibt dagegen etwas blass und platt. Hier wird mit den üblichen Klischees gearbeitet. Eine Verschwörungsgeschichte in der es die üblichen Guten und Bösen gibt. So auch die Liebesgeschichte mit Keane, einer natürlich rothaarig, sommersprossig, grünäugigen irischen Schönheit, deren Mann (natürlich gutaussehend, schwarzhaarig und mit wildem Blick bestückt) natürlich in der Komandoebene der IRA tätig war und ermordet wurde. Wahrscheinlich diente Eschbach die Liebe hier als ein Mittel um Duane die Möglichkeit zu geben sich über Senecas Lebensweisheiten zu erheben und das Leid der unerfüllten Liebe als ebenso hoch einzuschätzen wie Senecas kraftmeierische Philosophie. Frei nach dem Motto: Ich fühle mich.
Mir wurde schon frühzeitig klar das es für Fitzgerald kein Entkommen gibt. Duane, wahrscheinlich aufgrund seiner mangelnden Intelligenz, erst zum Schluß, denn natürlich muss ein mit allen technischen Pipapo ausgerüsteter Organismus über ein klasse Ortungssystem verfügen allein schon um die militärischen Operationen von außen koordinieren zu können. Ich wäre echt enttäuscht gewesen hätte man diesen Aspekt nicht berücksichtigt. So bleibt nur der bittere Geschmack, dass wenn Duane es nicht schon von Haus aus wusste, er doch etwas früher auf den Gedanken hätte kommen müssen, dass man ein militärisches Gerät das Milliarden gekostet hat und ein immenses Sicherheitsrisiko darstellt nicht einfach so rumrennen lässt.
Interessant allerdings ist die Frage, ob Duane nur deshalb verschont wurde um ein ausgestopftes Sammlerobjekt von Hunter zu werden oder ob das nur Paranoia eines alterierenden Cyborgs ist.
Mein Urteil: durchaus lesenswert.
Gruß Andreas