Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

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Bungle
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Ich habe den Roman schon zur Hälfte gelesen. Als es wieder mal einen Informationsschub gab, bei dem sich die mysteriösen Hintergründe erhellten und ich selbst versuchte, mir einen Reim zu machen, aber nicht so weit kam wie Dejan Serko, der als hauptsächlicher Erzähler fungiert, habe ich mal für heute aufgehört. Immerhin bin ich schon bei über der Hälfte des Romans. Er liest sich recht gut, der eigentümliche Stil, bzw. die verschiedenen Stile, machen die Lektüre nicht schnell, aber der Roman erhält dadurch mehr Dichte und auch eine ganz eigene Atmosphäre.
Etiketten wie "Urban Fantasy" oder "Alternativweltroman" würde ich nicht vergeben, beide passen meiner Meinung nach nicht zum Roman, denn zum einen wird die Existenz von Drachen, Vampiren und anderer übernatürlicher Wesen nur von wenigen nicht angezweifelt, und diese Wesenheiten agieren nur im Vorborgenen, zum anderen sehe ich keine nennenswerten Unterschiede zum Verlauf der bekannten Geschichte.
Mehr als ein Hauch von Dekadenz durchweht die Erzählung. Die geschilderten Figuren haben alle ihre faulen Stellen, besonders Dejan Serko und Trubic, die abgewirtschafteten Adelshäusern entstammen, oder selbst heruntergekommen oder verlebt wirken. Dass Österreich-Ungarn 1909 am Ende angelangt ist, wird schon spürbar, finde ich.

MB
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Rusch
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Rusch »

Ich habe jetzt das erste Drittel durch. Die homosexuelle Beziehung fand ich auch unnötig, zumal sie nicht recht begründet wird. Aber es passt wohl zur Endstimmung der Monarchie, die wirklich in Dekadenz ihr Ende findet.

Ob mir das Buch gefällt? Das kann ich irgendwie noch nicht sagen. Für mich hängt das sehr davon ab, wie es jetzt weitergeht und wie geschickt die Autorin den folgenden Höhepunkt des Buchs vorbereitet hat. Damit steht und fällt alles.
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Olaf
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Olaf »

Keiner mehr was zu schreiben über den Roman??
Also, ich bin inzwischen durch, und ich muss meine anfängliche Kritik etwas revidieren. Auch wenn die erste Hälfte etwas lahmarschig ist und dort vor allem von der Atmosphäre und den Stadtbeschreibungen lebt, zieht der Roman in der zweiten Hälfte richtig an, wenn sich die Fäden der Verschwörung entdröseln und der Baron Serko den Verantwortlichen immer näher kommt.
Der Roman hat eine sehr langsame Erzählweise und das meine ich überhaupt nicht negativ. Ich bin überrascht und erfreut, daß Heyne sich für diesen Roman entschieden hat als Sieger, denn er entspricht in kaum etwas den modernen Erzählweisen und hat mit moderner Fantasy, glücklicherweise, so gut wie nichts an der Mütze.
Doch, hat Spaß gemacht das Buch zu lesen und bin mal gespannt, was man als nächstes von Victoria Schlederer zu lesen bekommt.
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breitsameter
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Olaf hat geschrieben:Keiner mehr was zu schreiben über den Roman??
Doch, doch! Aber ich bin erst auf Seite 100, da ich kaum zum Lesen gekommen bin. Aber ich dafür von diesem Roman, der sich an die Phantastik der von ihm geschilderten Zeit anlehnt, sehr begeistert – die Autorin weiß mit Worten umzugehen. Ein Genuß! Und als alter Leo-Perutz-Leser bin ich glücklich, daß es der Autorin auch so gut gelingt die Zeit und die Figuren der Zeit so geschickt einzufangen. Ich freue mich ehrlich auf's weiterlesen!

Noch ein Spoiler (?):
Ich vermute momentan, daß Trubic eine Bösewicht ist - vielleicht ein Werwolf? Aber ganz unschuldig ist er auf keinen Fall!
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
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Rusch
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Rusch »

Olaf hat geschrieben:Keiner mehr was zu schreiben über den Roman??
Also, ich bin inzwischen durch, und ich muss meine anfängliche Kritik etwas revidieren. Auch wenn die erste Hälfte etwas lahmarschig ist und dort vor allem von der Atmosphäre und den Stadtbeschreibungen lebt, zieht der Roman in der zweiten Hälfte richtig an, wenn sich die Fäden der Verschwörung entdröseln und der Baron Serko den Verantwortlichen immer näher kommt.
Der Roman hat eine sehr langsame Erzählweise und das meine ich überhaupt nicht negativ. Ich bin überrascht und erfreut, daß Heyne sich für diesen Roman entschieden hat als Sieger, denn er entspricht in kaum etwas den modernen Erzählweisen und hat mit moderner Fantasy, glücklicherweise, so gut wie nichts an der Mütze.
Doch, hat Spaß gemacht das Buch zu lesen und bin mal gespannt, was man als nächstes von Victoria Schlederer zu lesen bekommt.
Also Olaf, ich bin jetzt auch durch und mir ging es genau anders herum: Den Beginn fand ich recht gelungen, doch ab der Mitte fiel mir das Lesen schwer. Vielleicht war es auch der falsch Zeitpunkt, wer weiß, aber ich kam nur langsam voran und ich musste mich zwingen weiterzulesen. Der Funke wollte einfach nicht überspringen und erst auf den letzten 100 Seiten wurde es langsam besser. Insgesamt muss ich sagen, dass das Buch meinen Geschmack nicht getroffen hat, obwohl das Setting eigentlich interessant war. Ich denke, ich hätte mir mehr Action gewünscht. Die interessante Art, die Geschichte anhand von Briefen und Tagebucheinträgen zu erzählen war gut, aber stellenweise fand ich das ganze zu trocken.
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Pogopuschel
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Ich bin schon seit einer Woche durch, hatte mich hier aber zurückgehalten, da ich dachte, dass sich hier noch eine Diskussion über den Anfang und den Mittelteil entwickelt.
Die Geschichte hätte auch gut als historischer Roman funktioniert. Mir gefällt, dass sich die phantastischen Anteile dezent zurückhalten (bis auf den Otter). Das "gemächliche" Tempo gefällt mir gut, allerdings stimme ich Rusch zu, dass der Actionanteil etwas höher sein könnte.
Nicht gestört hat mich, dass es eigentlich keine Sympathieträger gibt. Baron Sirco fällt durch seine chronisch schlechte Laune auf.
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Rusch
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Rusch »

Also Lysander mochte ich schon, der mit seinen süffisanten Kommentaren die Geschichte immer bereicherte.

Was Sirco betrifft: Auch ich bin mit ihm nicht richtig warm geworden, was ja eigentlich komisch ist, da weite Teile des Buchs in der ersten Person aus seiner Sicht geschrieben wurden. Sicher passt es in einen Bericht nicht hinein, viel über Gefühle zu schreiben, aber genau das hat gefehlt.
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Olaf
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Olaf »

Wobei ich auch mit Lysander meine Probleme hatte. Was für einen Sinn hatte es, den Geist in einen Otterkörper zu packen? Für die Geschichte war es vollkommen irrelevant und als buntes Element zur Belebung der Geschichte hat es auch nicht wirklich getaugt.
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Bungle
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Pogopuschel hat geschrieben:Ich bin schon seit einer Woche durch, hatte mich hier aber zurückgehalten, da ich dachte, dass sich hier noch eine Diskussion über den Anfang und den Mittelteil entwickelt.
Der Anfang ist ja sehr gemächlich, nur einmal wird ein Vampir genannt, sonst wird nur das Quartett Baron Sirko, Mirko, Lysander und Esther vorgestellt, und dann kommt Trubic ins Spiel. Eine Gestalt die sich nicht so leicht fassen lässt, glaubwürdig, aber unsympathisch. Der Anfangsteil ist zu Ende, als Trubic vom Tod seines Vaters, den Drohungen und dem Fluch erzählt.
Die Geschichte hätte auch gut als historischer Roman funktioniert. Mir gefällt, dass sich die phantastischen Anteile dezent zurückhalten (bis auf den Otter). Das "gemächliche" Tempo gefällt mir gut, allerdings stimme ich Rusch zu, dass der Actionanteil etwas höher sein könnte.
Stimmt, es wird nicht dich aufgetragen und der Leser sozusagen in einen neuen (Fantasy)Kosmos hineingezogen, man kann noch aus einer nüchternen Welt heraus in einen verborgenen Winkel der (realen) Vergangenheit hineinschauen.
Mir ging es bei der "Action" ähnlich, ich habe auch insgeheim erwartet geprägt durch viele englischsprachige Thriller jedweden Couleurs, dass die Konfrontationen handlungsreicher ausfallen. Da baut die Autorin eine Verschwörung auf, die vor Mord und Gewalttaten nicht zurückschreckt, und dann versucht am Ende der Hauptverschwörer zu fliehen, und ein anderer lässt sich überrumpeln. Aber die Unfähgkeit der Bösen passt zum Dilettantismus der Guten.
Nicht gestört hat mich, dass es eigentlich keine Sympathieträger gibt. Baron Sirco fällt durch seine chronisch schlechte Laune auf.

Ja, der ist ein melancholischer Decadent. Aber hierin ziemlich glaubwürdig.

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breitsameter
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Re: Lesezirkel zu "Des Teufels Maskerade"

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Zwei Wochen nach Euch habe ich nun auch die Lektüre von »Des Teufels Maskerade« beendet. Hat mir der Roman gefallen? Eindeutig ja!
Rusch hat geschrieben:Den Beginn fand ich recht gelungen, doch ab der Mitte fiel mir das Lesen schwer. Vielleicht war es auch der falsch Zeitpunkt, wer weiß, aber ich kam nur langsam voran und ich musste mich zwingen weiterzulesen. Der Funke wollte einfach nicht überspringen und erst auf den letzten 100 Seiten wurde es langsam besser.
Allerdings stimme ich Rupert zu: nach einem tollen Auftakt hängt der Roman in der Mitte etwas durch, als es nach Wien geht und die Ermittlungen völlig zur Nebensache werden und statt dessen Kommissar Zufall ein ums andere Mal herangezogen wird. Etwas mehr Initiative hätte ich mir hier von Dejan schon gewünscht, der gerade in dieser Phase des Romans sperrig und unentschlossen wirkt und es dem Leser damit unnötig schwer macht, ihn zu mögen und mit ihm mitzufiebern.
Das Geeiere um Felix Trubic hätte man auch etwas einschränken können, denn das dieser scheinbar gar kein Interesse an seiner Rettung hat, widerspricht ja dem Anfang des Romans. Und diese Beziehung zwischen Felix und Dejan war für die Geschichte eigentlich unnötig, denn die Autorin entfremdet uns damit nur Dejan noch ein wenig mehr – denn durch seine ständigen Gedanken an seine Erlebnisse mit Trubic weilt Dejan zu oft mit seinen Gedanken in der Vergangenheit, statt in der Gegenwart. Der Lesefluß wird dadurch nicht besser. Aber sei's drum: es ist ein Erstlingsroman und er liest sich sehr gut und das Setting in Prag erweist sich als Glücksfall. Allerdings hier eine Rüge an Heyne: was nützt eine Übersicht der Zeichnungen, wenn nicht die Seitenzahlen genannt werden, wo diese zu finden sind??
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