
Aber man sollte sich davon nicht abhalten lassen, zuzugreifen. Erstens: Es ist Jeschkes "opus magnum", gewissermaßen die Quintessenz der Themen, die in Jeschkes Werk wesentliche Rollen spielen: Zeitreisen und die (möglicherweise längst verspielte) Zukunft unserer Welt vor allem. Zweitens: Man wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als einmal lesen, denn das Wort "intensiv" ist im Zusammenhang mit diesem Roman deutlich untertrieben.
Ich hatte im Frühjahr Gelegenheit, das nahezu fertige Manuskript zu lesen, um mir bei Gefallen einen verkaufsfördernden Spruch für die Buchrückseite auszudenken. Daß es mir gefallen würde, daran hegte ich wenig Zweifel, aber dann hat es mich doch geplättet, wie sehr! Buchstäblich vom ersten Absatz an hat der Autor mich fest im Griff, seine kühnen, glaubhaften, manchmal erschreckenden Visionen haben mir regelmäßig den Atem verschlagen, und die Kraft seiner Sprache hat mich alle paar Seiten »Wow!« oder dergleichen sagen lassen.
Tja, sehen wir den Tatsachen ins Auge: Im "Cusanus-Spiel" zeigt Jeschke uns Jungspunden nochmal, wie es geht, und wir werden uns ganz schön ins Zeug legen müssen, um aufzuholen. Es gibt wenig Bücher, die in mir den Wunsch geweckt haben, ich hätte sie selber geschrieben - ich kann sie an einer Hand abzählen -, aber seit dieser Lektüre steht eines mehr auf der Liste. (Ich kann sie immer noch an einer Hand abzählen.)
Daß es SF ist, ist klar. Aber ist es das perfekte Buch? Nein. Es hat seine Schwächen, und der ärgste Wermutstropfen ist, daß im Lauf des Romans Erwartungen auf einen Schluß geweckt werden, die unmöglich zu erfüllen sind. Trotzdem ist es ein wunderbares Buch, ein Meisterwerk. Schwer zu sagen, warum. Vielleicht, weil man selten so viel und so sehr staunt wie in dieser Geschichte. Vielleicht, weil man den Herzschlag des Autors darin spürt. Es gibt in diesem Buch (auf Seite 506) einen Satz, der meiner Meinung nach unbedingt auf die Buchrückseite gehört hätte:
»Man muß mit eigenen Augen gesehen haben, wie gefährdet die Schöpfung ist - wie schrecklich einfach es ist, der Dunkelheit Tür und Tor zu öffnen.«
In diesem Buch sieht man es! Im Grunde ist der Roman ein einziger Gesang auf die Wunder der Schöpfung und des Lebens - und auf die Zerbrechlichkeit von all dem.
In einem Satz: Unbedingt lesen!