Der neue NEBULAR Sammelband 10 mit dem Titel "Genora", ist ab sofort bei Beam-eBooks, bei Amazon, im Apple iBookstore und bei Kobo verfpgbar.
Das Titelbild stammt von Arndt Drechsler.
Sammelband 10 faßt die Roman Episoden 43 bis 46 zusammen.
Vorwort
Auf den Welten der Solaren Union schreibt man den 2. Juli 2120.
Die besorgniserregenden Vorgänge auf der Heimatwelt der Schwacken haben erneut bewiesen, mit welcher Kompromisslosigkeit die Temporalkrieger vorgehen, um ihre Ziele im Äonenkrieg durchzusetzen. Hassan Khalil konnte einen der Krieger überwältigen, adaptieren und dabei neue Erkenntnisse gewinnen, welche die Gefährlichkeit der Lage nur noch unterstreichen.
Beide Kriegsparteien, Genoranten und Temporalkrieger, stehen der Menschheit und ihren Verbündeten feindlich gegenüber, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Als Quintessenz bleibt für die Solare Union die bittere Erkenntnis, dass die Menschheit und verschiedene befreundete Völker bereits zwischen die Fronten dieses Konflikts geraten sind.
Mit den Temporalkriegern scheint jeder Verständigungsversuch zu scheitern und mit neuen Angriffen muss jederzeit gerechnet werden. Die Genoranten haben durch P'tomer zwar der Menschheit in aller Deutlichkeit ihre Existenzberechtigung abgesprochen, sind jedoch seit dem Zusammenstoß auf Kryos nicht mehr in Erscheinung getreten. Vielleicht ist die alte Schutzmacht der Galaxis zugänglicher für Verhandlungen als die unheimlichen Krieger aus Andromeda und es ist möglich, einen Kompromiss auszuhandeln.
Um einen letzten Versuch zu unternehmen, mit den Genoranten in einen Dialog einzutreten, muss man zunächst wissen, wo man diese alte Zivilisation finden kann. Es gibt zahlreiche Mythen und Erzählungen, die von einer sagenhaften Zentralwelt berichten, auf der die Genoranten residierten und ihr galaktisches Portalnetz aufbauten. Die Position des Planeten Genora, vor einer Million Jahren eines der großen Zentren der Milchstraße, ist in den Wirren des letzten Schlachtzuges verloren gegangen. Es gibt aber möglicherweise einen anderen Weg, um nach Genora zu gelangen. Unter der Prämisse, dass die Genoranten planen, die bereits erfolgten Veränderungen der Zeitlinie zu bereinigen, ist ein Vorstoß nach Genora, mit einem enormen Risiko für alle Beteiligten verbunden.

Vor wenigen Minuten war die Techno-Fähre auf dem Landefeld der Tritonbasis niedergegangen. Nur ein Besatzungsmitglied hatte das Schiff verlassen, während die Fähre über dem Landeplatz verharrte. In seiner jetzigen Form glich das Schiff einem Rochen, der sich mit leichten Schlägen seiner Schwingen in der Schwebe hielt.
Maya Ivanova schritt energisch aus und wurde von zwei Offizieren an der Hauptschleuse erwartet. Nach einem kurzen und freundlichen Gruß geleiteten die Männer die Flotteninspekteurin in die Basis. Die Mimik der Russin war verschlossen, ihre Eile nicht gespielt. Besatzungsmitglieder, die den Weg der Eskorte in den engen Verbindungsgängen kreuzten, wurden mit einem kurzen Kommando zur Seite gebeten. Das Ziel der Flotteninspekteurin war die Sternenkuppel, das Zentrum für offizielle Begegnungen auf der Tritonbasis.
Als Ivanova die Sternenkuppel betrat, sah sie kurz zu Neptun auf, der sich imposant hinter dem transparenten Kuppelglas abbildete. Die große Halle sowie Teile der Basis wurden in den letzten Jahren mehrmals bei Auseinandersetzungen schwer beschädigt, aber immer wieder aufgebaut. Die Unionsbasis spiegelte den Willen der Menschheit wider, sich durch Rückschläge nicht von ihren Zielen abbringen zu lassen.
»Ich bedanke mich für Ihr schnelles Kommen. Wir sind gespannt auf Ihren Bericht«, begrüßte Unionskommissarin Nok Daralamai ihren Gast. Die Asiatin ging Ivanova ein paar Schritte entgegen und streckte ihre Hand aus. Daralamai trug eine eng geschnittene, silbergraue Uniform mit den Emblemen der Unionsregierung. Ihr rückenlanges schwarzes Haar war zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt.
In ihrer Begleitung waren Nuri Jawa und Nexus Tor. Die beiden Hybriden fixierten die Russin mit ihren golden schimmernden Augen. Manche Menschen empfanden diesen Anblick noch immer irritierend, doch Maya Ivanova war es gewohnt, mit Progonauten und Hybriden zusammenzuarbeiten.
Nexus Tor wirkte durch seine albinotische Veranlagung noch eine Spur exotischer. Sein schneeweißes Haupthaar, der weiße Bart und die bleiche Haut bildeten einen markanten Kontrast zu seiner dunkelgrauen Uniform mit dem goldenen Abzeichen des Hybriden Operationsteams.
Nuri Jawa hatte ihr Haar dunkelrot gefärbt, ein Trend, der sich bei den Frauen im Außenring durchzusetzen schien. Ihre Zugehörigkeit zur Tritonbasis wurde durch ein silbernes Emblem an ihrer Schulter ausgewiesen. Sie trug dieselbe Uniform wie Nok Daralamai.
Weitere Mitglieder der Führungscrew wohnten dem Treffen bei, hielten sich aber dezent im Hintergrund.
Nok Daralamai nahm mit einem kurzen Blick zur Kenntnis, dass Maya Ivanova wieder die silberne Kombination der Techno-Fähre angelegt hatte. Über ihrer Brust war das goldene Symbol einer stilisierten Galaxis zu sehen. Toiber Arkroid und Lai Pi trugen dieselbe Kombination, die ihnen von der Techno-Fähre zur Verfügung gestellt wurde. Wer zur Besatzung des Schiffes gehörte, erhielt einen Sonderstatus, musste sich aber auch an bestimmte Konventionen halten. Gewaltverzicht war eine Regel, die mit Nautilus nicht zu diskutieren war.
Die Russin lächelte freundlich. »Ich bedanke mich für den freundlichen Empfang. Die Neuigkeiten überschlagen sich. Ich möchte im Namen der Techno-Fähre und ihrer Besatzung Grüße und Glückwünsche überbringen. Die Entdeckung und Identifizierung Nebulars ist ein bahnbrechender Meilenstein. Dies gilt nicht nur für die Solare Union, sondern für alle Völker der Galaxis. Ich freue mich, dass dieser Durchbruch von einem Unionswissenschaftler erreicht wurde.«
Nok Daralamai bestätigte. »Wir stehen erst am Anfang. In Kürze werden überall in der Galaxis Wissenschaftler des Kooperationsrates dem Beispiel Kopolas folgen und das Phänomen intensiv untersuchen. Kopola leitet derzeit ein Projektteam, um diese Anstrengungen zu koordinieren. Er ist Gast auf der Atlantika. Als Erstes wollen die Wissenschaftler eine Karte Nebulars anfertigen, um die Natur dieser Existenz besser zu verstehen. Alles deutet darauf hin, dass wir es mit einer enorm großen und fremdartigen Lebensform zu tun haben.«
Maya Ivanova nickte anerkennend. »Selbst Nautilus und 40028 waren von den neuen Erkenntnissen überrascht und tief beeindruckt. Ich wünsche dem Team Glück und Erfolg.«
Die Flotteninspekteurin räusperte sich. Ihre Narbe über dem linken Auge war gerötet, ein Zeichen ihrer Erregung. Mit ernster Stimme fuhr sie fort: »Leider sind meine Nachrichten weit weniger erfreulich. Ohne Beschönigungen auf den Punkt gebracht: Sie sind äußerst beunruhigend.«
Sofort verschwand das Lächeln aus Daralamais Gesicht. Die Lippen der Asiatin wurden schmal.
Maya Ivanova setzte sich in einen angebotenen Sessel und holte tief Luft. »Es kam zu einem weiteren Übergriff der Temporalkrieger auf die Heimatwelt der Schwacken. Der Angriff erfolgte nur wenige Stunden, nachdem die Equinox und die Atlantika das System verlassen hatten. Wir konnten die Bedrohung dank Klori'Tars Hilfe abwehren. Hassan Khalil hatte großen Anteil daran, den Planeten unserer Freunde zu schützen. Alle relevanten Daten und Details zu dem Vorfall werden gerade von Nautilus an den Knotenrechner der Basis übertragen.«
»Hassan? Wo ist er jetzt?«, wollte Nuri Jawa nervös wissen. »Geht es ihm gut?«
Maya Ivanova lächelte kurz. »Sorgen Sie sich nicht um Ihren Freund. Er befindet sich an Bord der Fähre, genau wie Arkroid, Lai Pi, Vasina und 40028. Auch ich werde nach unserem Meeting unverzüglich an Bord zurückkehren. Hassan lässt Ihnen Grüße ausrichten.«
»Warum greifen die Temporalkrieger Gamma Draconis an?«, kam Nok Daralamai direkt zur Kernfrage.
Die Miene der Russin verdüsterte sich. »Die Sache ist komplexer als wir zunächst annahmen. Hassan konnte einen Temporalkrieger überwältigen und adaptieren. Er durchforschte das Bewusstsein des Kriegers und konnte einen Teil seines Wissens auslesen. Die neuen Erkenntnisse, die wir dank Khalils Einsatz erhielten, sind nur schwer zu verdauen.«
Nok Daralamai wechselte einen kurzen Blick mit Nexus Tor. »Was haben Sie herausgefunden?«
Ivanova blickte die Unionskommissarin offen an. »Es gab in Gamma Draconis zwei Angriffsziele der Krieger. Ein Ziel war Hassan Khalil. Die Temporalkrieger sehen in Hassan eine große Gefahr, die sie offenbar entschlossen bekämpfen wollen. Warum dies so ist und woher sie wussten, dass Hassan im System der Schwacken weilte, ist uns unbekannt. Fakt bleibt, ein Auftragskiller wurde entsandt, um unseren Freund zu ermorden. Dieser Krieger landete heimlich auf Hexaquotl' und verursachte Angst und Schrecken. Viele Schwacken fielen ihm zum Opfer.«
Nuri Jawas erstickter Schrei schnitt Ivanovas Worte ab. Die Hybridin schlug erschrocken eine Hand vor den Mund.
Maya Ivanova versuchte, die junge Frau zu beruhigen. »Die Rechnung des Angreifers ging nicht auf. Hassan war ihm überlegen und konnte ihn überlisten. Auch der abscheuliche Plan, Hexaquotl' mit einer Planetenbombe zu zerstören, wurde vereitelt. Hassan konnte die Bombe rechtzeitig entschärfen. Ein zweites Sternschiff der Temporalkrieger, welches sich nahe Hexaquotl' versteckt hielt, wurde von Klori'Tar mit einer neuartigen Waffe vernichtet. Der Klorianer hat uns freundlicherweise die Pläne zur Verfügung gestellt. Nautilus weigerte sich die Konstruktionsdaten zu speichern und zur Basis zu überspielen, aber es geht auch so.«
Maya Ivanova griff in ihre rechte Seitentasche und holte einen Speicherwürfel hervor. Mit einer schnellen Bewegung warf sie ihn Nexus Tor zu. Der Hybride fing ihn reaktionsschnell mit einer Hand auf und betrachtete ihn von allen Seiten.
»Keine Angst, er besteht nicht aus Antimaterie«, sagte Ivanova belustigt. »Die Schwacken haben die Daten für uns aufgezeichnet und auf den Würfel überspielt. Klori'Tar übergab uns die Konstruktionsunterlagen unter der Bedingung, dass diese Waffe allen bedrohten Völkern zur Verfügung steht, also auch den Schwacken. Scorch unterstützt Mutterpatriarchin Snosa bei der Umrüstung der planetaren Verteidigungsanlagen. Klori'Tars Erfindung ist derzeit die einzige Möglichkeit, das Schutzfeld der Angreifer wirksam zu schwächen.«
»Sie rechnen mit weiteren Angriffen?«, wollte Nok Daralamai wissen.
Ivanova wirkte ernst. »Nach allem was wir wissen, ist keine Welt des Kooperationsrates sicher, denn diese Angriffe richten sich nicht in erster Linie gegen die Schwacken oder ein bestimmtes Volk, sondern gegen unser Bündnis. Die Temporalkrieger betrachten den Kooperationsrat als stabilisierenden Faktor in der Galaxis und vermutlich als Nachfolgeorganisation der galaktischen Bruderschaft. Ihr Ziel ist es aber, die Machtstrukturen in der Milchstraße zu zerstören.«
...
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