Zukunftsvisionen für die Menschheit

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kaffee-charly
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von kaffee-charly »

Es gab immer Mutige, die ins Unbekannte aufbrachen, auch wenn es gefährlich war.
Sie wurden meist von den Zurückbleibenden für "verrückt" gehalten.
Und es gab immer Ängstliche, die lieber in ihrem Dorf hocken blieben, weil das für sie "die Welt" war. Sie hielten sich für "vernünftig".
Wagemutige und Zauderer wird es immer geben.
Daran wird sich nie etwas ändern.

:kaffee_muede:
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Thomas Wawerka
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Genau. So war es, so ist es, so wird es immer bleiben - und damit basta! Menschen verhalten sich nach Gesetzmäßigkeiten, und ihr Geist tickt so berechenbar wie eine Uhr. Und um all den dämlichen intellektuellen Zauderern, Angsthasen und Bedenkenträgern das mal so richtig klar zu machen, hat St. Isaac ja auch die Psychohistorik erfunden! Hinfort also mit aller kleinkarierten Kritikelei, wir sind immun dagegen - wir wissen, was Sache ist!
:mad:
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Thomas Wawerka
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

kaffee-charly hat geschrieben:Es gab immer Mutige, die ins Unbekannte aufbrachen, auch wenn es gefährlich war.
Sie wurden meist von den Zurückbleibenden für "verrückt" gehalten.
Und es gab immer Ängstliche, die lieber in ihrem Dorf hocken blieben, weil das für sie "die Welt" war. Sie hielten sich für "vernünftig".
Wagemutige und Zauderer wird es immer geben.
Daran wird sich nie etwas ändern.
"Den Fortschritt bringen nie die Frühaufsteher, sondern die Bequemen, die Faulen, die nach Mitteln und Wegen suchen, sich das Leben zu vereinfachen. Allein die Faulheit macht erfinderisch." (Robert A. Heinlein, "Das Leben des Lazarus Long")

Nehmt dies vom Godfather persönlich! Ha! :teufel:
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Thomas Wawerka hat geschrieben:
Beverly hat geschrieben:
Thomas Wawerka hat geschrieben: Warum sollten wir die Erde hinter uns lassen? Was wäre besser als sie?
Warum sollten die Menschen Afrika verlassen?

Kein Kontinent ist besser als er.
In der Tat - warum haben sie das getan?
Diese Frage ist noch offen geblieben und hat mich gewurmt. Abgesehen davon, dass die frühen Hominiden keine Vorstellung von "Afrika" oder überhaupt von Kontinenten hatten, versuche ich mal die Annäherung an eine Theorie.

Nach allem, was wir wissen, hatten die frühen Hominiden folgende Merkmale:
- Sie waren Jäger und Sammler, vorzugsweise in Steppengebieten.
- Sie waren nicht fähig, komplexere Sozialsysteme zu bilden.
- Sie waren bei der Nahrungsbeschaffung nicht wählerisch und töteten und verspeisten auch eigene Artgenossen.
Daraus ist zu schlussfolgern: Mit dem Bevölkerungswachstum kam es in einem Gebiet (wie groß auch immer) irgendwann zu einem Populations-Sättigungsgrad. Ab einer bestimmten Bevölkerungsdichte waren nicht noch mehr Individuen in dieses Gebiet integrierbar - nicht einmal unbedingt der Ressourcen wegen, sondern weil es die Sozialkompetenz einer Gruppe (wie groß auch immer) überstieg. Ein Teil der Gruppe musste sich also abspalten und weiterziehen - wobei man sich dieses "Weiterziehen" ganz und gar unspektakulär vorzustellen hat:
"Von der Olduvai-Schlucht [in Tansania] nach Kapstadt in Südafrika ist es ein weiter Weg - 2500 Kilometer -, doch um diese Strecke in 100 000 Jahren zu überwinden (allem Anschein nach dauerte es tatsächlich so lange), mussten die Affenmenschen wohl nichts anderes tun, als den Raum ihrer Nahrungssuche jedes Jahr um durchschnittlich 35 Meter in eine Richtung zu erweitern." (Ian Morris, "Wer regiert die Welt?", 54)
35 Meter - das ist nun wirklich nicht gerade das, was man sich gemeinhin unter der "Eroberung von Neuland" vorstellt. Natürlich gab es nicht so eine permanente langsame Bewegung. Wenn der Populations-Sättigungsgrad erreicht war, spaltete sich eine Gruppe ab und zog vielleicht 30 km weiter (vielleicht weniger - vielleicht auch mehr) - der Punkt ist: Die frühen Hominiden erschlossen sich nicht mit neuzeitlicher Eroberungslust fremde Gebiete. Kein Individuum und auch keine Gruppe von Individuen gelangte jemals über eine Klimazone, ja nicht einmal über einen eng begrenzten Horizont hinaus. Ganz im Gegenteil: Jeder blieb, wo er war! Die Ausbreitung ist das Resultat einer äußerst langsamen Generationendrift.
Das führt uns zu der Frage, warum die Gruppen im kälteren Norden nicht zurück in den wärmeren Süden zogen. Dazu zwei Hinweise:
1. Die Gebiete im Süden waren bereits "besetzt", "markiert", als "Revier" von jeweils einer bestimmten Gruppe in Anspruch genommen. Wer in dieses Revier eindrang, riskierte zu allen sonstigen Gefahren auch noch von den eigenen Artgenossen gejagt und gefressen zu werden. Der Fundort Zhoukoudian nahe Peking war nachweislich 250 000 Jahre lang von einer Population des Peking-Menschen besetzt (aaO, 59) - 250 000 Jahre! In diesem Zeitraum müssen sich tausende Gruppen abgespalten haben und weitergezogen sein. Zurück nach Zhoukoudian konnte allerdings keine von ihnen. Manche mögen es versucht haben, im Ganzen gesehen ist es dennoch plausibler, dass neue Gruppen die unbesetzten Gebiete bevorzugten.
2. Der kältere Norden begünstigte die evolutionäre Entwicklung und Anpassung. Für ein Individuum war das freilich nicht spürbar, für eine gesamte Population schon. Die Hominiden waren an die Gebiete optimal angepasst, in denen sie lebten. Es gab auch daher keinen Grund, in besetzte Gebiete einzudringen.

Soweit erste Rechercheergebnisse.
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Weiter im Text:
Wenn man die gesamte Sachlage, wie sie sich darstellt, von ihrer Mitte aus betrachtet und nicht von ihren langsam und unmerklich sich verschiebenden Rändern, stellt sich einem die Frage, wohin eigentlich sich abspaltende Hominiden-Gruppen aus dem Inneren Afrikas gehen sollten, nachdem sich die Ränder des Besiedlungsraums über Afrika hinweg ausgedehnt hatten. Auch diese Gruppen erzeugten ja unablässig Nachkommen, die - egal in welcher Richtung - besetzte Räume vorfanden. Mit dieser kleinen Perspektivveränderung wird klar, dass die Ausbreitung der frühen Hominiden eigentlich nur nebenbei stattfand. Sie war eine Randerscheinung. Ein Abfallprodukt. Innerhalb der besetzten Räume kann es nur einen permanenten Konkurrenzkampf gegeben haben - ein Hauen und Stechen, das das Herz jedes Sozialdarwinisten höher schlagen lassen müsste. Und jetzt wirds interessant: Mitten aus diesem Hauen und Stechen trat vor ca. 150 000 Jahren (ta-taa!) der homo sapiens auf - wir. Wie es aussieht, sind wir ein Produkt der Evolution, das von vornherein darauf angelegt ist, mit Strategie und Aggressivität, verbunden mit einer phänomenalen Fortpflanzungsfrequenz, im Hauen und Stechen zu gewinnen ... evolutionsgeschichtlich vielleicht eine ganz logische Folge des innerafrikanischen Überlebenskampfes, den sich die frühen Hominiden lieferten. Wo es keinen Ausweg mehr gibt, setzen sich eben die Stärkeren durch. Es ist fast ein bisschen gruslig. Nach spätestens 100 000 Jahren war Afrika in der Hand des homo sapiens. Vor 60 000 Jahren erreichte der homo sapiens entlang der Küsten Australien (im Gegensatz zu den frühen Hominiden hatte der homo sapiens scheinbar eine ausgeprägte Vorliebe für Küsten - obwohl, das ist ja eigentlich auch heute noch so) - 25 000 Jahre später war die dortige Megafauna (bis zu 200 kg schwere, flugunfähige Vögel; bis zu 1 t schwere Reptilien) ausgestorben. Vor 35 000 Jahren erreichte er Europa - 10 000 Jahre später gab es keine Neandertaler mehr. Vor 15 000 Jahren erreichte er Amerika - 4000 Jahre später keine Spur mehr von den Riesenfaultieren, Elefanten und Kamelen, die sich bis dahin in Amerika ganz wohl gefühlt hatten (die Zeitabstände werden immer kürzer ...) - nein, ich muss mich verbessern: Es ist gruslig.
Der homo sapiens hat im Vergleich mit der halben Million Jahre währenden Geschichte der Hominiden vor seinem Auftreten ein ziemlich straffes Tempo vorgelegt - als hätte er keine Zeit zu verlieren und auch sonst nichts.
Das haben wir nun davon: Die Qualitäten, die uns groß gemacht und unser Überleben gesichert haben, drohen uns nun das Genick zu brechen. Morris nennt dieses Phänomen "Entwicklungsparadoxon" und macht es auch an vielen anderen Stellen ausfindig. Es besagt: Was einmal ein Nachteil war, wandelt sich mit bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungen zum Vorteil. Die arabischen Wüsten oder die sibirische Taiga - um ein etwas aktuelleres Beispiel zu nehmen - waren benachteiligte Regionen, bis dort Öl und Gas gefunden wurden und sie plötzlich geostrategische Bedeutung erhielten. Das Paradoxon gilt aber umgekehrt genauso: Die Faktoren, die eine Entwicklung einmal kräftig angeschoben haben, verbrauchen so viele Ressourcen, dass für die Weiterentwicklung gar nicht mehr genug da ist. Entweder man schafft es umzusteigen (auf nachhaltige Energieerzeugung, um im aktuellen Beispiel zu bleiben), oder eine boomende Gesellschaft frisst sich selbst auf ... wie etwa eine Bakterienkultur in einer Petrischale. - Blöde Evolution, das haben wir nun von ihr! Wir sollten für intelligent design demonstrieren gehen ... occupy evolution ...
:-? - Naja, von einer übergeordneten Ebene aus könnte man das vielleicht auch als Mechanismus zur Selbstregulation bezeichnen ... mir wäre das Umsteigen aber trotzdem lieber.
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Thomas Wawerka hat geschrieben:im Gegensatz zu den frühen Hominiden hatte der homo sapiens scheinbar eine ausgeprägte Vorliebe für Küsten - obwohl, das ist ja eigentlich auch heute noch so
:dafuer:
Kann ich nur bestätigen ... :D
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Thomas Wawerka hat geschrieben:Das Paradoxon gilt aber umgekehrt genauso
Auf kleiner Ebene ist das der Effekt, an dem viele erfolgreiche Unternehmer scheitern: Die Eigenschaften, die ihnen anfangs zum Erfolg verholfen haben, wandeln sich unter den veränderten Bedingungen des bereits Erreichten in nachteilige Verhaltensweisen, an denen der Betreffende aber festhält, denn es kann ja nicht schlecht sein, was einmal erwiesenermaßen funktioniert hat!
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Thomas Wawerka
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Andreas Eschbach hat geschrieben:
Thomas Wawerka hat geschrieben:im Gegensatz zu den frühen Hominiden hatte der homo sapiens scheinbar eine ausgeprägte Vorliebe für Küsten - obwohl, das ist ja eigentlich auch heute noch so
:dafuer:
Kann ich nur bestätigen ... :D
Was mich nun zum letzten Teil bringt.
Nur um mal kurz zu rekapitulieren: Die Grundannahme, die geäußert wurde, war: Der Mensch hat seit Urzeiten einen Entdeckerdrang, sonst wäre er nie "out of Africa" gekommen. Er hat aber Eurasien entdeckt und besiedelt, er hat Amerika entdeckt und besiedelt, und genauso wird er den Mond, den Mars und den interstellaren Raum entdecken und besiedeln. Das Entdecken und Besiedeln liegt in seiner Natur. Er ist einfach so.
Genausowenig wie die frühen Hominiden hat jedoch der homo sapiens aus Entdeckerlust Afrika verlassen und andere Kontinente besiedelt. Afrika, zumindest das Innere, war erstmal auch gar nicht in seinem Blickfeld, sondern die Küstengebiete. Das kam daher, weil es überall schon Hominiden gab und für homo sapiens nicht viel Platz war. Es herrschten zwar nicht unbedingt, hm ... shanghaianische Verhältnisse, aber die von den Hominiden bevorzugten Savannen- und Steppengebiete waren aufgeteilt. Der Wald war nicht die richtige Umgebung für Hominiden. Die frühen Hominiden hatten scheinbar Angst vor dem Meer, es blieben für homo sapiens also erstmal die Küstengebiete. Entlang der Küstenlinie des Indischen Ozeans breitete er sich deshalb zunächst auch aus - mit einer sagenhaften durchschnittlichen Geschwindigkeit von 2 km im Jahr! Gegenüber den 35 Metern der frühen Hominiden wirkt das wie Raketentempo ... aber die Exemplare des homo sapiens waren in Wirklichkeit gar nicht schneller unterwegs. Das Prinzip der extrem langsamen Generationendrift war dasselbe, nur erzielte homo sapiens bei der Fortpflanzung höhere Quoten und schob energischer Gruppen vorwärts. Von den Küstengebieten aus drang homo sapiens dann in die Stammesgebiete der frühen Hominiden ein und verdrängte sie im kontinuierlichen Wettbewerb (homo sapiens hatte drei Vorteile gegenüber homo erectus/ergastus: mehr Nachkommen, komplexe Artikulation/Kommunikation und vor allem eine höhere Gruppenintegrationskompetenz ... technische Neuerungen wie der Wurfspeer gegenüber dem Spieß der frühen Hominiden spielten wahrscheinlich nur eine untergeordnete Rolle). Durch die freie Bahn an der Küste des Indischen Ozeans und das wesentlich langsamere Vorankommen in den besiedelten Gebieten Afrikas ist es zu erklären, dass homo sapiens vor 60 000 Jahren Australien erreichte, Europa aber erst vor 35 000 Jahren - der Weg nach Europa führte durchs Innere Afrikas, über Ägypten und die Levante; der Weg nach Australien über den Jemen und Indien. Homo sapiens benutzte Boote ... aber auch das war jetzt nicht die Neuerung. Diese Sympathieträger haben schon lange, lange, sehr lange vorher Boote für die Überfahrt von Java nach Flores benutzt (und folglich auch gebaut - und das ohne Sprachvermögen!):
http://www.focus.de/wissen/wissenschaft ... 23637.html
Homo sapiens stellte auch Steinwerkzeuge her, wie die Hominiden es schon seit hunderttausenden Jahren taten. Er fiel weniger durch technische Innovationen auf (aber auch - er bearbeitete die Steine auf unterschiedliche Arten, und er bearbeitete sie feiner), sondern - und das finde ich besonders interessant - durch Kultur. Er bestattete seine toten Artgenossen und fraß sie nicht auf. Und er war künstlerisch tätig: In 90 Höhlen wurden bisher Malereien entdeckt, außerdem Schmuck und Ockerstifte, mit denen er sich rot färben konnte.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass auch homo sapiens nicht den mindesten Eindruck macht, einer Art "Entdeckergen" zu folgen. Auch hier gilt: Kein Individuum und keine Gruppe von Individuen begab sich auf ausgreifende Fahrten ins Ungewisse - wozu auch?! Die Gruppen blieben in ihrem Gebiet, spalteten sich, ein Teil zog weiter, alles wie gehabt. Auch der technische Fortschritt ist 100 000 Jahre lang recht überschaubar. Was homo sapiens ausmacht, ist eine gegenüber den frühen Hominiden deutlich erhöhte soziale Kompetenz und kulturelle Schöpferkraft. Ersteres sorgte für eine höhere Populationsdichte (im Zusammenhang mit ordentlicher Reproduktion - ja, Geschlechtsverkehr, das konnte er auch schon immer gut!), Letzteres schien der Neandertaler sogar von ihm übernommen zu haben (aber das hat ihm auch nichts genützt). Naja ... und die deutliche Tendenz, auszurotten, was ihm im Weg ist.
Man kann unsere direkten Vorfahren als extrem aggressive und extrem sozial orientierte Superhirne bezeichnen. Das ist kein Widerspruch: Gerade durch die hohe Gruppenstärke waren sie so erfolgreiche Jäger und Krieger - und diese Gruppenstärke ließ sich nur durch hohe Sozialkompetenzen erreichen.
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

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Zum Thema "Fortschritt" die Zeit online:
http://www.zeit.de/2012/10/Fukushima-Fo ... ettansicht
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Ming der Grausame »

Nun ja, Fortschritt als linearer geschichtsphilosophischer Wachstumsprozess ist als Konzeption sicherlich am Ende. Nur Krebs wächst schließlich beständig vor sich hin, eben bis sein Wirt schlussendlich tot ist. Leider ist damit auch der teleologische Kulturoptimismus am Ende und damit sind wir tatsächlich am Ende unserer Gewissheiten. Aber was soll’s? Es gibt immer ein Morgen, und wenn es doch keinen mehr gibt, dann singen wir eben alle gemeinsam noch das Abschlusslied Always Look on the Bright Side of Life und das war es dann. Lebend kommt hier sowieso niemand raus.


Link: https://www.youtube.com/watch?v=

Ansonsten bin ich keineswegs davon überzeugt, dass die Selbstheilungskräfte der Märkte gescheitert sind, wie im obigen Zeit-Artikel unterstellt wird. Sie konnte ja gar nicht zur Entfaltung kommen, eben weil der Staat in den Markt eingegriffen hat und die Schulden sozialisiert hat. Dass es auch anders und durchaus erfolgreich gemacht werden kann, kann man ja an Island studieren. Mir deucht vielmehr, dass einige Zukunftsvisionen für die Menschheit da einfach nur zu vorschnell in den Mülleimer der Geschichte entsorgt werden.
„Weisen Sie Mittelmäßigkeit wie eine Seuche zurück, verbannen Sie sie aus ihrem Leben.“ – Buck Rogers
#The World from the nefarious Ming the Merciless
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Re: Zukunftsvisionen für die Menschheit

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Für alle, die's noch nicht bemerkt haben: Themenwoche auf 3sat - "Fortschritt"! Sehr interessant!!
Der olle Hansdampf Dietmar Dath ist heute bei Scobel auch mit von der Partie.
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