Der "Liest zur Zeit" Thread
- Nina
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Ich lese nicht, ich lasse lesen. Und zwar "Die Krone der Sterne" von Kai Meyer in der Hörbuchvariante.
Ich habe gerade erst angefangen, also kann ich nicht allzu viel dazu sagen. Ich glaube aber, dass es mir gefallen wird.
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- Teddy
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Nnedi Okorafor - Lagune
Roman einer Amerikanerin deren Eltern aus Nigeria in die Staaten emigrierten. Okorafor spielt dann ihre Wurzeln in diesen Erstkontakt-Roman auch voll aus: Die Aliens landen nämlich in Lagos, der nigerianischen Megacity. Genauer gesagt in der Lagune vor Lagos, wo sich die ersten Lebewesen, denen sie begegnen, erstmal etwas wünsche dürfen, wodurch die Lagune plötzlich wieder sauberes Wasser hat und die Meeresbewohner sich in starke "Monster" verwandelt haben, die den Menschen nicht mehr fürchten müssen. Drei unterschiedliche Menschen (Meeresbiologin, Popstar und Soldat), die alle - bewusst oder unbewusst - übernatürliche Fähigkeiten besitzen, werden von den Aliens für den Erstkontakt ausgewählt. Die wirren dieser drei mit einer Art Botschafterin der Außerirdischen in Menschengestalt, sowie die Machenschaften zahlreicher unterschiedlicher Gruppen, die alle Kapital aus der Ankunft der Außerirdischen schlagen wollen, nimmt den größten Teil des Roman ein, mit viel Lokalkolorit aus Lagos, wobei hier nichts geschönt dargestellt wird, insbesondere, wenn der Mob durch die Stadt wütet oder die grassierende Koruption in Nigeria angeprangert wird.
Okorafor mischt immer wieder afrikanische Mythologie in den Roman. Dies kann einerseits durch die Figuren transportiert werden, da auch aufgeklärte Menschen angesichts der Ereignisse plötzlich nicht mehr sicher sind, ob es nicht doch Wasserhexen gibt. Teilweise wird dies aber auch direkt in die Handlung eingebaut und eine Straße nimmt als monströses Wesen Gestallt an.
Die Vielfalt der Großstadt in einer Extremsituation wird durch zahlreiche Perspektivwechsel dargestellt, wobei manche Szenen aus der Sicht von Nebenfiguren oder völlig unbekannten Figuren erzählt werden.
Der Roman ist teilweise etwas gewöhnungsbedürftig, hat mir aber alles in allem gut gefallen.
Noch ein Wort zur Übersetzung: Große Teile der Dialoge finden in nigerianischem Pidgin statt. In der Übersetzung wurden einige Eigenheiten und Begriffe nicht übersetz, die in einem Glossar erklärt werden. Der Rest ist dann doch ein recht übliches Deutsch geworden, das sich nicht wie eine Pidgin-Sprache liest. Zum Vergleich habe ich mir noch mal das Kapitel "Sloosha’s Crossin’ un wies weiterging" aus dem "Wolkenatlas" angeschaut. Das Pidgin dort ist deutlich gelungener als in "Lagune".
Roman einer Amerikanerin deren Eltern aus Nigeria in die Staaten emigrierten. Okorafor spielt dann ihre Wurzeln in diesen Erstkontakt-Roman auch voll aus: Die Aliens landen nämlich in Lagos, der nigerianischen Megacity. Genauer gesagt in der Lagune vor Lagos, wo sich die ersten Lebewesen, denen sie begegnen, erstmal etwas wünsche dürfen, wodurch die Lagune plötzlich wieder sauberes Wasser hat und die Meeresbewohner sich in starke "Monster" verwandelt haben, die den Menschen nicht mehr fürchten müssen. Drei unterschiedliche Menschen (Meeresbiologin, Popstar und Soldat), die alle - bewusst oder unbewusst - übernatürliche Fähigkeiten besitzen, werden von den Aliens für den Erstkontakt ausgewählt. Die wirren dieser drei mit einer Art Botschafterin der Außerirdischen in Menschengestalt, sowie die Machenschaften zahlreicher unterschiedlicher Gruppen, die alle Kapital aus der Ankunft der Außerirdischen schlagen wollen, nimmt den größten Teil des Roman ein, mit viel Lokalkolorit aus Lagos, wobei hier nichts geschönt dargestellt wird, insbesondere, wenn der Mob durch die Stadt wütet oder die grassierende Koruption in Nigeria angeprangert wird.
Okorafor mischt immer wieder afrikanische Mythologie in den Roman. Dies kann einerseits durch die Figuren transportiert werden, da auch aufgeklärte Menschen angesichts der Ereignisse plötzlich nicht mehr sicher sind, ob es nicht doch Wasserhexen gibt. Teilweise wird dies aber auch direkt in die Handlung eingebaut und eine Straße nimmt als monströses Wesen Gestallt an.
Die Vielfalt der Großstadt in einer Extremsituation wird durch zahlreiche Perspektivwechsel dargestellt, wobei manche Szenen aus der Sicht von Nebenfiguren oder völlig unbekannten Figuren erzählt werden.
Der Roman ist teilweise etwas gewöhnungsbedürftig, hat mir aber alles in allem gut gefallen.
Noch ein Wort zur Übersetzung: Große Teile der Dialoge finden in nigerianischem Pidgin statt. In der Übersetzung wurden einige Eigenheiten und Begriffe nicht übersetz, die in einem Glossar erklärt werden. Der Rest ist dann doch ein recht übliches Deutsch geworden, das sich nicht wie eine Pidgin-Sprache liest. Zum Vergleich habe ich mir noch mal das Kapitel "Sloosha’s Crossin’ un wies weiterging" aus dem "Wolkenatlas" angeschaut. Das Pidgin dort ist deutlich gelungener als in "Lagune".
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Neal Stephenson - Amalthea
So, jetzt habe ich mir Amalthe doch noch vorlesen lassen, und zwar von Commander Riker alias Detlef Bierstedt, der das auch sehr schön gemacht hat. Nach einigen schlechten Kritiken hatte ich die Lektüre erst einmal verschoben. Insbesondere Lensmans verheerende Kritik gab da den Ausschlag:
Das erste Drittel fand ich sehr gut: Die Prämisse, dass noch zwei Jahre verbleiben, bis die Trümmer des explodierten Monds die Erde vernichten. Die vielfältigen Reaktionen darauf. Die Beschreibung des Baus der Schwarm-Arche. Dass hierbei Stephenson, um Jo Walton zu zitieren, den Infodump zur Kunstform erhebt, sollte für alle, die schon mal ein Werk von ihm gelesen haben, nicht überraschen.
Im zweiten Teil kommt dann illegalerweise Mrs. President an Bord und nervt. Ob es von schriftstellerischer Fähigkeit zeugt, eine Figur zu entwerfen, die den Leser/Hörer die Zornesröte ins Gesicht treibt, sei mal dahingestellt. Ich hätte darauf verzichten können. Generell hätte der Konflikt über die beste Überlebensstrategie der Arche besser herausgearbeitet werden können.
Im dritten Teil, 5000 Jahre später, beschreibt Stephenson eine überaus faszinierende Weltraumkultur. Mir ist eigentlich nicht klar, warum die sieben Urmütter sich auf die sieben Ethnien eingelassen haben, noch warum diese sich in 5000 Jahre nicht vermischen sollten, aber wenn man das einfach hinnimmt, ist die Beschreibung der Gesellschaft, die sich aus einer einzigen Entscheidung entwickelt, sehr interessant. Leider ist die Handlung gegen Ende des dritten Teils etwas mau. Die Aufregung um die Digger und Pinger erschließt sich dem Leser nicht richtig.
Ich gebe Lensman in so weit recht, dass Amalthea schlechter ist als Cryptonomicon, Anathem oder der Barock-Zyklus. Trotzdem ist es immer noch ein gutes Buch, das über weite Strecken sehr gut unterhält. Von mir also eine Leseempfehlung.
In Stehensons neuen Roman, der Mitte des Jahres herauskommen soll, geht es dann um "Magie".
https://www.harpercollins.com/978006240 ... of-d-o-d-o
So, jetzt habe ich mir Amalthe doch noch vorlesen lassen, und zwar von Commander Riker alias Detlef Bierstedt, der das auch sehr schön gemacht hat. Nach einigen schlechten Kritiken hatte ich die Lektüre erst einmal verschoben. Insbesondere Lensmans verheerende Kritik gab da den Ausschlag:
Danach habe ich aber nur noch Positives über den Roman gehört, beispielsweise die Empfehlung von Dennis Scheck in Druckfrisch und - ausschlaggebend - der KLP für den besten ausländischen Roman. (Lese ich immer.)Lensman hat geschrieben: Um es klar zu sagen: Das Buch ist ein einziges Ärgernis. Für mich DIE Science-Fiction-Enttäuschung des Jahres.
Das erste Drittel fand ich sehr gut: Die Prämisse, dass noch zwei Jahre verbleiben, bis die Trümmer des explodierten Monds die Erde vernichten. Die vielfältigen Reaktionen darauf. Die Beschreibung des Baus der Schwarm-Arche. Dass hierbei Stephenson, um Jo Walton zu zitieren, den Infodump zur Kunstform erhebt, sollte für alle, die schon mal ein Werk von ihm gelesen haben, nicht überraschen.
Im zweiten Teil kommt dann illegalerweise Mrs. President an Bord und nervt. Ob es von schriftstellerischer Fähigkeit zeugt, eine Figur zu entwerfen, die den Leser/Hörer die Zornesröte ins Gesicht treibt, sei mal dahingestellt. Ich hätte darauf verzichten können. Generell hätte der Konflikt über die beste Überlebensstrategie der Arche besser herausgearbeitet werden können.
Im dritten Teil, 5000 Jahre später, beschreibt Stephenson eine überaus faszinierende Weltraumkultur. Mir ist eigentlich nicht klar, warum die sieben Urmütter sich auf die sieben Ethnien eingelassen haben, noch warum diese sich in 5000 Jahre nicht vermischen sollten, aber wenn man das einfach hinnimmt, ist die Beschreibung der Gesellschaft, die sich aus einer einzigen Entscheidung entwickelt, sehr interessant. Leider ist die Handlung gegen Ende des dritten Teils etwas mau. Die Aufregung um die Digger und Pinger erschließt sich dem Leser nicht richtig.
Ich gebe Lensman in so weit recht, dass Amalthea schlechter ist als Cryptonomicon, Anathem oder der Barock-Zyklus. Trotzdem ist es immer noch ein gutes Buch, das über weite Strecken sehr gut unterhält. Von mir also eine Leseempfehlung.
In Stehensons neuen Roman, der Mitte des Jahres herauskommen soll, geht es dann um "Magie".
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- L.N. Muhr
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Hm, dockt das bei Cryptonomicon und dem barock-Zyklus an? Klingt ein wenig so.
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- Oliver
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Meinst Du inhaltlich? Nein.L.N. Muhr hat geschrieben:Hm, dockt das bei Cryptonomicon und dem barock-Zyklus an? Klingt ein wenig so.
(außer, ich habe ein paar supergeheime Anspielungen/Verweise überlesen..)
Ich mochte den Roman übrigens sehr, auch wenn ich das letzte SF-Drittel etwas angestrengt und damit anstrengend fand.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Nun ja, Magie (oder etwas in der Art) spielt in genannten Titeln eine tragende Rolle. Und manches ist weiterhin ungeklärt. Inwieweit die Magie und das schwere Gold zusammenhängen mögen, darüber könnte man nachdenken.
(Dir ist jetzt shcon bewusst, dass ich mich auf Teddys letzten Satz beziehe, oder?)
(Dir ist jetzt shcon bewusst, dass ich mich auf Teddys letzten Satz beziehe, oder?)
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- Teddy
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
In der Inhaltsangabe auf der Harper-Collins-Seite wird zumindest mit keinem Wort erwähnt, dass der neue Roman etwas mit Cryptonomicon/Barock-Zyklus zu tun hätte. Und die Figuren heißen auch nicht Shaftoe oder Waterhouse...
- L.N. Muhr
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Ennoch Root würde mir schon reichen.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Auch der wird in der Inhaltsangabe nicht erwähnt, würde aber gut reinpassen, da hast du recht.
And so the Department of Diachronic Operations—D.O.D.O. —gets cracking on its real mission: to develop a device that can bring magic back, and send Diachronic Operatives back in time to keep it alive . . . and meddle with a little history at the same time.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Für mich bleiben die Brüche in der Handlungslogik und die z. T. unsägliche Personenzeichnung ein Ärgernis. So sind die Ansichten verschieden...Teddy hat geschrieben:Ich gebe Lensman in so weit recht, dass Amalthea schlechter ist als Cryptonomicon, Anathem oder der Barock-Zyklus. Trotzdem ist es immer noch ein gutes Buch, das über weite Strecken sehr gut unterhält. Von mir also eine Leseempfehlung.
In Stehensons neuen Roman, der Mitte des Jahres herauskommen soll, geht es dann um "Magie".
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Bevor ich ein neues Buch von Stephenson beginne, müssen schon ein paar wirklich gute Rezensionen vorliegen. Der KLP ist doch mit Amalthea auch verbrannt. (Aber ich verstehe viele SF-Preise ohnehin nicht. )
Es grüßt
Lensman
"Und nun, durch zwiefach Glas, sehe ich
Des Bruders dunkelnd Ebenbild.
Jetzt mach' uns frei, an unserer Seite stehe,
den Hammer schwing, o Thor, und leih uns deinen Schild."
Gordon Dickson
Des Bruders dunkelnd Ebenbild.
Jetzt mach' uns frei, an unserer Seite stehe,
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Gordon Dickson
Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Braun, Wernher von
The Mars Project
University of Illinois Press 1991
Das Buch erschien bereits 1952 im Original als "Marsprojekt" im Bechtle-Verlag, Esslingen. Was ich hier habe ist ein mit zwei Vorworten versehenes Reprint der US-Ausgabe von 1953.
Von Braun geht in die Vollen. Sein Marsprojekt umfasst 10 Raumflugkörper mit insgesamt 70 (!) Astronauten. Nur drei der 10 Trägerschiffe sind mit Landefähren ausgerüstet und auch nur zwei dieser Fähren sollen von der Oberfläche zurück in den Orbit starten. Der in den sieben anderen Schiffen freie Frachtraum soll für Nahrung, Luft und Wasser genutzt werden.
Von Braun liefert Berechnungen zu allem: Startschub, Hitze-Entwicklung, Flugbahn, Größe der Flugkörper und noch vieles mehr. Er hatte dazu kaum mehr als einen Rechenschieber zur Verfügung, sehr viel Papier und wohl auch jede Menge Zeit, denn die ersten Jahres seines Teams in den USA waren durch Untätigkeit geprägt.
Mir fehlt sowohl das Fachwissen als auch die Motivation, die Berechnungen nachzuvollziehen. Ich bin mir aber sicher, dass sie im Grundsatz zumindest mal nicht falsch sind; jedenfalls scheint das aus den Vorworten zur US-Ausgabe hervorzugehen.
Wer weiß was geschehen wäre, wenn die Weltraum-Hype der späten Sechziger unverändert Bestand gehabt hätte. Von Braun hätte sein Marsprojekt umgesetzt. Vielleicht nicht in der eher massigen Form seines Erstentwurfes, vielleicht aber war dieser Erstentwurf ganz einfach nur deshalb so massig, damit Potenzial zu einer Reduzierung vorhanden war.
Ein lohnenswertes Buch, zwischen den Berechnungen gut lesbar und ein historisches Dokument der Raumfahrt-Forschung.
Gast09
The Mars Project
University of Illinois Press 1991
Das Buch erschien bereits 1952 im Original als "Marsprojekt" im Bechtle-Verlag, Esslingen. Was ich hier habe ist ein mit zwei Vorworten versehenes Reprint der US-Ausgabe von 1953.
Von Braun geht in die Vollen. Sein Marsprojekt umfasst 10 Raumflugkörper mit insgesamt 70 (!) Astronauten. Nur drei der 10 Trägerschiffe sind mit Landefähren ausgerüstet und auch nur zwei dieser Fähren sollen von der Oberfläche zurück in den Orbit starten. Der in den sieben anderen Schiffen freie Frachtraum soll für Nahrung, Luft und Wasser genutzt werden.
Von Braun liefert Berechnungen zu allem: Startschub, Hitze-Entwicklung, Flugbahn, Größe der Flugkörper und noch vieles mehr. Er hatte dazu kaum mehr als einen Rechenschieber zur Verfügung, sehr viel Papier und wohl auch jede Menge Zeit, denn die ersten Jahres seines Teams in den USA waren durch Untätigkeit geprägt.
Mir fehlt sowohl das Fachwissen als auch die Motivation, die Berechnungen nachzuvollziehen. Ich bin mir aber sicher, dass sie im Grundsatz zumindest mal nicht falsch sind; jedenfalls scheint das aus den Vorworten zur US-Ausgabe hervorzugehen.
Wer weiß was geschehen wäre, wenn die Weltraum-Hype der späten Sechziger unverändert Bestand gehabt hätte. Von Braun hätte sein Marsprojekt umgesetzt. Vielleicht nicht in der eher massigen Form seines Erstentwurfes, vielleicht aber war dieser Erstentwurf ganz einfach nur deshalb so massig, damit Potenzial zu einer Reduzierung vorhanden war.
Ein lohnenswertes Buch, zwischen den Berechnungen gut lesbar und ein historisches Dokument der Raumfahrt-Forschung.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Mal wieder ein Update:
- Adam Fletcher:Make me german
Ein vor einem Jahrzehnt nach Deutschland emigrierter Engländer schildert aus seiner Sicht für Deutsche typische Dinge, die uns mehr oder weniger definieren sollen. Ist ganz nette, ironisch lockere Klolektüre. Nett, aber nicht mehr. Am besten fand ich, dass sowohl die deutsche als auch die englische Fassung enthalten sind.
- Lee Child:Größenwahn
Dem allerersten Jack Reacher-Roman merkt man noch an, dass Child seinen Ton gesucht hat. Es dominieren kurze Sätze, meist ohne Adjektive, fast schon im Stile von Hemingway. Solider, spannender Reisser.
- Jonathan Swift:Gullivers Reisen
Das hatte ich vor langen Jahren mal auf englisch gelesen, aber nicht viel verstanden, daher habe ich es nochmal auf deutsch gelesen. Aus heutiger Sicht ist es wohl noch am ehesten für Leute interessant, die sich mit der englischen Geschichte und Politik gut auskennen und daher die satirischen Elemente besser verstehen können. Sehr interessant war aber die recht ausführliche Schilderung von Swifts Leben im sehr umfangreichen Vorwort.
- Mira Grant:Final girls
Kurzgeschichte aus dem letzten Humble Bundle. Ganz nette SF aber nicht weltbewegend.
- Philip Jose Farmer:Meister der Dimensionen
Erster Teil des "World of tiers"-Zyklus. Man merkt dem Roman deutlich die Entstehungszeit an, denn an heutiger Fantasy/SF gemessen ist er arg altmodisch geschrieben und auch sehr vorhersehbar, aber trotzdem noch unterhaltsam.
- Andreas Eschbach:Herr aller Dinge
Bisher die grösste Enttäuschung des Jahres. Näheres dazu im Verrisse-Thread
- Adam Fletcher:Make me german
Ein vor einem Jahrzehnt nach Deutschland emigrierter Engländer schildert aus seiner Sicht für Deutsche typische Dinge, die uns mehr oder weniger definieren sollen. Ist ganz nette, ironisch lockere Klolektüre. Nett, aber nicht mehr. Am besten fand ich, dass sowohl die deutsche als auch die englische Fassung enthalten sind.
- Lee Child:Größenwahn
Dem allerersten Jack Reacher-Roman merkt man noch an, dass Child seinen Ton gesucht hat. Es dominieren kurze Sätze, meist ohne Adjektive, fast schon im Stile von Hemingway. Solider, spannender Reisser.
- Jonathan Swift:Gullivers Reisen
Das hatte ich vor langen Jahren mal auf englisch gelesen, aber nicht viel verstanden, daher habe ich es nochmal auf deutsch gelesen. Aus heutiger Sicht ist es wohl noch am ehesten für Leute interessant, die sich mit der englischen Geschichte und Politik gut auskennen und daher die satirischen Elemente besser verstehen können. Sehr interessant war aber die recht ausführliche Schilderung von Swifts Leben im sehr umfangreichen Vorwort.
- Mira Grant:Final girls
Kurzgeschichte aus dem letzten Humble Bundle. Ganz nette SF aber nicht weltbewegend.
- Philip Jose Farmer:Meister der Dimensionen
Erster Teil des "World of tiers"-Zyklus. Man merkt dem Roman deutlich die Entstehungszeit an, denn an heutiger Fantasy/SF gemessen ist er arg altmodisch geschrieben und auch sehr vorhersehbar, aber trotzdem noch unterhaltsam.
- Andreas Eschbach:Herr aller Dinge
Bisher die grösste Enttäuschung des Jahres. Näheres dazu im Verrisse-Thread
Lese zur Zeit:
David Grann - Das Verbrechen
David Grann - Das Verbrechen
- Lensman
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Mit etwas Anlauf zu Ende gebracht:
Sascha Mamczak - "Die Zukunft - Eine Einführung"
(Sorry, aber ich finde kein hinreichend kleines Bild vom Buch-Cover )
Kein Roman sondern ein Sachbuch.
Der Verfasser, Herausgeber von SF bei Heyne, versucht in einer Art extralangem Essay, eine Idee von den Vorstellungen über die Zukunft zu geben.
Mamczak stellt zunächst Methoden dar, wie man sich überhaupt der Fragestellung "Was ist Zukunft" annähern kann. Darauf folgt eine Aufstellung der Vorstellung von Zukunft, wie sie zu vergangenen Zeiten und Epochen gesehen wurde. Anschließend unter Rückgriff auf frühe Utopien und Dystopien beginnt der Verfasser einen Bezug zur Science Fiction Literatur des 19. und 20 . Jahrhundert herzustellen. Hier beschreibt er eindringlich unsere veränderte Wahrnehmung von Zukunft von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart.
Um ehrlich zu sein: In den ersten 50 Prozent liest sich das Buch unheimlich zäh. Die theoretischen Überlegungen des Verfassers - so sachangemessen sie sein mögen - sind in eine langatmige und sehr abstrakte Darstellung gebunden, die sich ziemlich ermüdend liest. Dazu neigt Mamczak leider sehr zu Bandwurmsätzen und der einen oder anderen holprigen Sprachkonstruktion, die den Lese- und Gedankenfluss stört. In der zweiten Hälfte bessert sich das erfreulicherweise. Hier nimmt Mamczak Bezug auf konkrete Werke der SF und bindet sie seine Darlegung von "Zukunft" ein. Das liest sich flüssiger und ist für die Psychologie der Zukunftsvorstellungen durchaus erhellend.
Wer sich für solche Gedanken über Zukunftsideen interessiert, dem sei das Buch empfohlen. Es ist aber durchaus angeraten, die Einleitung zu lesen und danach mit dem Kapitel 5 einzusteigen. Der Lesegenuss nimmt dadurch zu.
Es grüßt
Lensman
Sascha Mamczak - "Die Zukunft - Eine Einführung"
(Sorry, aber ich finde kein hinreichend kleines Bild vom Buch-Cover )
Kein Roman sondern ein Sachbuch.
Der Verfasser, Herausgeber von SF bei Heyne, versucht in einer Art extralangem Essay, eine Idee von den Vorstellungen über die Zukunft zu geben.
Mamczak stellt zunächst Methoden dar, wie man sich überhaupt der Fragestellung "Was ist Zukunft" annähern kann. Darauf folgt eine Aufstellung der Vorstellung von Zukunft, wie sie zu vergangenen Zeiten und Epochen gesehen wurde. Anschließend unter Rückgriff auf frühe Utopien und Dystopien beginnt der Verfasser einen Bezug zur Science Fiction Literatur des 19. und 20 . Jahrhundert herzustellen. Hier beschreibt er eindringlich unsere veränderte Wahrnehmung von Zukunft von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart.
Um ehrlich zu sein: In den ersten 50 Prozent liest sich das Buch unheimlich zäh. Die theoretischen Überlegungen des Verfassers - so sachangemessen sie sein mögen - sind in eine langatmige und sehr abstrakte Darstellung gebunden, die sich ziemlich ermüdend liest. Dazu neigt Mamczak leider sehr zu Bandwurmsätzen und der einen oder anderen holprigen Sprachkonstruktion, die den Lese- und Gedankenfluss stört. In der zweiten Hälfte bessert sich das erfreulicherweise. Hier nimmt Mamczak Bezug auf konkrete Werke der SF und bindet sie seine Darlegung von "Zukunft" ein. Das liest sich flüssiger und ist für die Psychologie der Zukunftsvorstellungen durchaus erhellend.
Wer sich für solche Gedanken über Zukunftsideen interessiert, dem sei das Buch empfohlen. Es ist aber durchaus angeraten, die Einleitung zu lesen und danach mit dem Kapitel 5 einzusteigen. Der Lesegenuss nimmt dadurch zu.
Es grüßt
Lensman
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Jetzt mach' uns frei, an unserer Seite stehe,
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Wieder ein Stinker von einem von mir favorisierten Autoren. Diesmal trifft es "Das geheimnisvolle Mädchen" von Peter Straub, in dem uninteressante Figuren viel uninteressantes Zeug über uninteressante Dinge reden, aber nie etwas passiert. Aber da ich nach 250 von 350 Seiten aufgegeben habe, reicht es nicht für einen ausführlichen Verriss.
Lese zur Zeit:
David Grann - Das Verbrechen
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Iain Banks - Bedenke Phlebas
Der erste Roman, den ich von diesem bekannten Autor gelesen habe. Für mich typisch, dass ich dann auch mit seinem ersten bekannten Sci-Fi Roman anfange. Banks konnte hervorragend beschreiben, teilweise sind die Tunnelsysteme auf dem "Planet der Toten" richtig schaurig. Wenn da nur nicht die Action-Komponente wäre. Ich schreibe bewusst nicht Gewalt, denn da hatte ich eigentlich keine Probleme mit, anders als andere Leser an anderer Stelle betonen. Auch die "Fresser-Episode" war mir nicht zu brutal, aber dieses ständige Geballer hat mir den Spaß am Lesen doch vermiest. Teilweise hatte ich das Gefühl einen Warhammer-Roman von Dan Abnett zu lesen. Ob ich Banks noch einmal lese, steht in den astras.
Der erste Roman, den ich von diesem bekannten Autor gelesen habe. Für mich typisch, dass ich dann auch mit seinem ersten bekannten Sci-Fi Roman anfange. Banks konnte hervorragend beschreiben, teilweise sind die Tunnelsysteme auf dem "Planet der Toten" richtig schaurig. Wenn da nur nicht die Action-Komponente wäre. Ich schreibe bewusst nicht Gewalt, denn da hatte ich eigentlich keine Probleme mit, anders als andere Leser an anderer Stelle betonen. Auch die "Fresser-Episode" war mir nicht zu brutal, aber dieses ständige Geballer hat mir den Spaß am Lesen doch vermiest. Teilweise hatte ich das Gefühl einen Warhammer-Roman von Dan Abnett zu lesen. Ob ich Banks noch einmal lese, steht in den astras.