Der Zustand der SF in Deutschland

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Ender
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Ender »

Guido Latz hat geschrieben: 3. August 2017 09:29 Was ich mich frage bei den "genrefremden" Autoren, die nur ausnahmsweise mal einen oder zwei (bemerkenswerte) SF-Romane veröffentlicht haben - warum ist das so? Haben die sich so gut verkauft, die Romane, dass Verlag und Autor gesagt haben: Boah, ne komm, der Schäuble hat jetzt so viel Geld von uns bekommen, wir machen mal was anderes, was sich nicht so gut verkauft...?
Um mal bei Frank Schätzing zu bleiben: seinen "Schwarm" haben mit Sicherheit viele Leute gekauft und gelesen ohne sich bewusst zu sein, dass es sich dabei um einen SF-Roman handelt.
Ob er wirklich weniger erfolgreich gewesen wäre, wenn dick "Science Fiction" draufgestanden hätte, werden wir nie erfahren. Ich könnte es mir aber gut vorstellen.

Aber mir ging es in meinem Beitrag darum, die Eingangsfragen aus heutiger - meiner! - Sicht zu beantworten. Das sollte kein übliches "Die SF wird bei uns zu stiefmütterlich behandelt"-Gejammer werden. Abgesehen davon kann ich ohnehin nicht beurteilen, ob es in anderen Ländern anders aussieht.
Was ich sagen wollte, war: 1.) Der Zustand der SF in Deutschland ist mMn ganz gut, und zu 2.) nenne ich mal ein paar Autorennamen.
Zuletzt geändert von Ender am 3. August 2017 13:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Andreas Eschbach
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Meiner Beobachtung nach jammern SF-Autoren allern Länder ("nicht anerkannt", "von der Kritik missachtet", "verkauft zu wenig" usw.), sogar amerikanische.
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Pogopuschel
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Guido Latz hat geschrieben: 3. August 2017 09:29 Was ich mich frage bei den "genrefremden" Autoren, die nur ausnahmsweise mal einen oder zwei (bemerkenswerte) SF-Romane veröffentlicht haben - warum ist das so? Haben die sich so gut verkauft, die Romane, dass Verlag und Autor gesagt haben: Boah, ne komm, der Schäuble hat jetzt so viel Geld von uns bekommen, wir machen mal was anderes, was sich nicht so gut verkauft...?
Ich vermute, dass es sich dabei vor allem um Autoren handelt, die sich nicht wiederholen möchten, die sich für jedes neue Projekt auch ein neues Thema suchen (siehe Leif Randt, Georg Klein, Thea Dorn, Reinhard Jirgl oder Juli Zeh) oder sie können es sich neben einer erfolgreich laufenden Reihe erlauben, mal was anderes zu machen (siehe Tom Hillenbrandt mit seinen kulinarischen Krimis). Die schreiben tatsächlich das, was sie interessiert, ohne darauf zu achten, ob das Thema im Trend liegt oder als verkäuflich gilt. Und weil sie so gut schreiben können, wie sie es tun, finden sie auch einen Verlag dafür (wobei wir ja nicht wissen, wie viele Werke noch unveröffentlicht in der Schublade schlummern).
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Andreas Eschbach
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Guido Latz hat geschrieben: 3. August 2017 09:29 Was ich mich frage bei den "genrefremden" Autoren, die nur ausnahmsweise mal einen oder zwei (bemerkenswerte) SF-Romane veröffentlicht haben - warum ist das so? Haben die sich so gut verkauft, die Romane, dass Verlag und Autor gesagt haben: Boah, ne komm, der Schäuble hat jetzt so viel Geld von uns bekommen, wir machen mal was anderes, was sich nicht so gut verkauft...?
Ich frag mich was ganz anderes, nämlich: Warum ist das so, dass die "genrefremden" Autoren oft die besseren, originelleren SF-Romane schreiben?
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Badabumm
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Die Einfallslosigkeit und Klischeehaftigkeit bei Covern ist aber kein reines SF-Problem. Auf jedem Liebesroman prankt ein hübsches Mädchengesicht (Sex sells), aber frage ich mich deshalb, ob die auch im Roman vorkommt? Auf Krimis liegen blutige Messer, Handschellen und Revolver rum, aber eigentlich geschieht ein Giftmord. Bildagenturen beliefern die Verlage mit vorgefertigtem Einheitsbrei, ich entdecke dasselbe Bild auf einer Apothekenillustrierten und auf einem Mittelalterroman. Ist eben eine Maschinerie geworden.
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Nina
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Nina »

Andreas Eschbach hat geschrieben: 3. August 2017 16:12
Guido Latz hat geschrieben: 3. August 2017 09:29 Was ich mich frage bei den "genrefremden" Autoren, die nur ausnahmsweise mal einen oder zwei (bemerkenswerte) SF-Romane veröffentlicht haben - warum ist das so? Haben die sich so gut verkauft, die Romane, dass Verlag und Autor gesagt haben: Boah, ne komm, der Schäuble hat jetzt so viel Geld von uns bekommen, wir machen mal was anderes, was sich nicht so gut verkauft...?
Ich frag mich was ganz anderes, nämlich: Warum ist das so, dass die "genrefremden" Autoren oft die besseren, originelleren SF-Romane schreiben?
Weil sie in den Großverlagen ordentlich zusammenlektoriert und von allzu aberwitzigen Ideen abgebracht werden? - Manche Ideen wurden ja zu Recht bislang nicht umgesetzt. Und nein, oft sind die originellsten Geschichten nicht die, die man gerne liest, vor allem, wenn es dann andere Schwächen gibt. Es macht doch eigentlich die Mischung, etwas Frisches und etwas Bekanntes.
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Badabumm
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Ist es nicht grundsätzlich so, dass genrefremde Autoren ganz einfach einen unvoreingenommenen Blickwinkel haben? Das würde auch für Physiker oder Köche zutreffen. Erst das Spähen übern Tellerrand bringt neuen Gewinn.
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Badabumm
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

SF zu akzeptieren und zu respektieren, bedeutet ja auch, offen für Neues zu sein. In den Aufbruchzeiten mag das für Deutschland auf jeden Fall gegolten haben, aber inzwischen sind wir - was neue Ideen betrifft - einige Plätze nach hinten gerutscht. Schon allein die Tatsache, dass man kostenloses WLAN und Elektrozapfsäulen in Deutschland suchen muss, dass Schulen nach Lehrplänen von 1970 (gefühlt...) unterrichten (von digitaler Ausstattung ganz zu schweigen) und dass Forschung, Wissenschaft und nun auch Technologie bestenfalls zweitklassig sind (mit rühmlichen Ausnahmen, diese aber wahrscheinlich nur mit ausländischer Hilfe überhaupt möglich...), zeigt die vehemente und engstirnige Sturheit der deutschen Mentalität. SF hat sich deshalb keinen populären Platz in der Allgemeinheit gesichert. Dieses "Wir-sind-Goethe-und-deshalb-was-Besseres"-Denken ist dafür nämlich kontraproduktiv. Das ist aber ein Prozess, der sich noch einige Jahre hinziehen wird, bis Fachkräftemangel und Abwanderung zum Umdenken zwingen werden. Solange ist kein Platz für SF, weil Neuerungen verteufelt werden, und dieser "neumodische Schund" (sic!) uns einfach nicht passt. Bei Comics war (und ist) es ähnlich - wir haben nun mal keine französisch-belgische Comickultur.
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Nina »

Badabumm hat geschrieben: 3. August 2017 17:49 Ist es nicht grundsätzlich so, dass genrefremde Autoren ganz einfach einen unvoreingenommenen Blickwinkel haben? Das würde auch für Physiker oder Köche zutreffen. Erst das Spähen übern Tellerrand bringt neuen Gewinn.
Also ich saß mal in einem Panel des Wurdack-Verlags am BuCon. Die anderen Autoren haben sich alle vorgestellt. Ich: "Ähm, ich bin nicht Physikerin." Weil irgendwie waren die alle Physiker. Was ist das alles neu, unvoreingenommen und erfrischend? Autoren im SF-Fandom haben doch sehr oft ein Physik-Studium zumindest begonnen.
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Andreas Eschbach
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Hat es vielleicht auch ein klein bisschen was mit der Leserschaft zu tun? Ich werde oft gebeten, doch "mal wieder richtige SF" zu schreiben, und wenn ich dann nachfrage, was das denn ist, richtige SF, stellt sich in aller Regel raus: Geschichten um galaktische Imperien, in denen mit gewaltigen Raumschiffen und Strahlkanonen Kriege gegen Aliens geführt werden. Mit anderen Worten, die SF von 1940 ist die gefühlt richtige SF.
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Nein, das ist die von 1977.
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

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Nina hat geschrieben: 3. August 2017 23:50
Badabumm hat geschrieben: 3. August 2017 17:49 Ist es nicht grundsätzlich so, dass genrefremde Autoren ganz einfach einen unvoreingenommenen Blickwinkel haben? Das würde auch für Physiker oder Köche zutreffen. Erst das Spähen übern Tellerrand bringt neuen Gewinn.
Also ich saß mal in einem Panel des Wurdack-Verlags am BuCon. Die anderen Autoren haben sich alle vorgestellt. Ich: "Ähm, ich bin nicht Physikerin." Weil irgendwie waren die alle Physiker. Was ist das alles neu, unvoreingenommen und erfrischend? Autoren im SF-Fandom haben doch sehr oft ein Physik-Studium zumindest begonnen.
Das halte ich für ein Gerücht, dem eine solide empirische Grundlage völlig fehlt.
"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)
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Diboo
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

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Andreas Eschbach hat geschrieben: 4. August 2017 11:12 Hat es vielleicht auch ein klein bisschen was mit der Leserschaft zu tun? Ich werde oft gebeten, doch "mal wieder richtige SF" zu schreiben, und wenn ich dann nachfrage, was das denn ist, richtige SF, stellt sich in aller Regel raus: Geschichten um galaktische Imperien, in denen mit gewaltigen Raumschiffen und Strahlkanonen Kriege gegen Aliens geführt werden. Mit anderen Worten, die SF von 1940 ist die gefühlt richtige SF.
Und so ist es auch,
Deswegen schreib ich nix anderes. Strahlkanonen muss aber nicht immer.
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

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Mit dieser richtigen SF erreicht man dann aber auch weiterhin nur die "richtigen" SF-Fans und darf sich nicht beschweren, niemals die Aufmerksamkeit und Verkaufszahlen wie z.B. Schätzings "Schwarm" oder Elsbergs "Blackout" zu erreichen.
Ein Teufelskreis!

Ich als Leser von sowohl richtiger als auch falscher SF bin natürlich fein raus: Ich darf mir überall die Rosinen rauspicken und sowohl Dirks "Skiir" als auch Andreas' "Herr aller Dinge" gleichermaßen lieben. Ich Glückspilz.
Guido Latz
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Re: Der Zustand der SF in Deutschland

Ungelesener Beitrag von Guido Latz »

Man will ja keinem Autor zu nahe treten, der vielleicht mit liest, aber nach x hundert verlegten Romanen kann man schon zu dem Ergebnis kommen, dass es vielleicht wenig Sinn macht SF abseits der Baller-SF zu verlegen, die super bewertet wird und die vom Barsortiment nicht bestellt wird, und Baller-SF die nicht beachtet wird in Rezis u.a. vom Barsortiment aber geordert wird. Da macht man nix. Irgendwann macht es dann aber Klick und man weiß, was man gefälligst vorrangig zu verlegen hat.
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