[Schon gelesen?] Der Schwarm von Frank Schätzing

Science Fiction in Buchform
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Frank Böhmert

Ungelesener Beitrag von Frank Böhmert »

Ich finde es legitim, Schriftsteller zu fragen, und finde es für diese auch legitim, zu antworten. Schätzing mag nicht der super-duper-wissenschaftliche Experte sein, aber er hat sich durch sein Buch ausgewiesen und kann Sachverhalte gut rüberbringen. John Le Carré wird auch seit Jahren und Jahren zu politischen Themen interviewt, why not?

Jetzt mag das alles ein bisschen nach Hype riechen, aber erstens ist Schätzing schon seit einigen Jahren schriftstellerisch tätig und kann nix dafür, gerade jetzt seinen großen Durchbruch geschafft zu haben, und zweitens wird das spätestens dann nicht mehr so müffeln, wenn er seinen dritten, vierten, fünften Bestseller gelandet hat und einfach nur noch ein Typ ist, der fesselnde Bücher schreibt, die viele Leser ansprechen. (Da fällt mir ein: Wir brauchen doch mal wieder einen neuen Simmel :wink: )

Und, Terrania: Das mit der unvermittelten Ebbe in den Augenzeugenberichten ging mir ganz genau so ... echte Bildungslektüre.
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Stefan Hoffmann
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Ungelesener Beitrag von Stefan Hoffmann »

Fil hat geschrieben:Vielleicht würde es jeder in der Situation machen, vielleicht nicht. Das weißt du nur, wenn du selbst in so eine Situation kommst.
Ich glaube aber Frank Schätzing sieht es nicht als Promotion-Tour, sondern als eine Art Mission. Zumindest hoffe ich das.
Ich habe den Zeit-Artikel jetzt endlich auch mal gelesen. Also, das ist eindeutig keine Promo-Tour, sondern das Werk eines Überzeugungstäters. Was jetzt nicht heißen soll, daß mir der Artikel gefällt. Aber das ist wirklich ein anderes Thema.
Vallenton hat geschrieben:Immerhin kommt Schätzing ja aus der Werbebranche und er macht halt das, was er am besten kann. Werbung durch Öffentlichkeitsarbeit.
Das sehe ich ganz wertungsfrei ähnlich. Ich habe einige Jahre in dieser Branche gearbeitet und finde das ziemlich normal. Wer sich hier moralisch überlegen fühlt, kann ja gerne vortreten.

Glücklicherweise verbietet es mir mein Glaube, "Beckmann" anzugucken. Von daher ist mir dieser und ehrlich gesagt auch sämtliche weiteren Talkshow-Auftritte erspart geblieben. Also, irgendwie ist das schon heikel, just mit diesem Thema regelrecht tingeln zu gehen, aber ohne inhaltliche Kenntnis dieser Beiträge schweige ich denn doch lieber. :)


Stefan
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Gregor Balthasar
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Ungelesener Beitrag von Gregor Balthasar »

Um jetzt noch einmal auf das Buch (und somit zum eigtl Thema...) zurückzukommen:

Nach einem kräftezehrenden Ringen mit mir selbst, habe ich mich vor drei Tagen entschlossen das Buch zu lesen. Der Grund für diesen kleinen Kampf mit mir (und jetzt verlass ich doch noch einmal ganz kurz das Hauptthema-auf dass es mir nicht zur Last gelegt werde) lag in der Art und Weise in der sich Frank Schätzing in der Öffentlichkeit präsentiert. Ich hab ein Interview mit ihm gesehn und dachte nur, "Oh mein Gott, wie selbstgefällig ist der denn, bitte?!" Er war dermaßen von sich, dem Buch und der Recherche für selbiges überzeugt, dass mir zeitweilig fast schwindelig wurde.
Nun denn, dachte ich mir dann aber, mag sein, der Mann ist unsympathisch, aber vielleicht kann er ja schreiben.
Ich hab zwei Tage für den Schwarm gebraucht, und am Ende war mir dann auch klar: Ja, er kann schreiben! Er hat einen faszinierenden Stil, der mich allerdings auch die ganze Zeit in immer neue Verwirrungen gestürzt hat.
Denn er schafft es tatsächlich den Leser mit wirklich vielen sehr gut recherchierten technischen und wissenschaftlichen Fakten zu unterhalten ohne in diesen Passagen Längen aufkommen zu lassen, was ihm irritierender Weise in den charakterbildenden und storyvorantreibenden Passagen längst nicht immer gelingt. Diese Konstellation war mir neu, aber man lernt ja nie aus.
Er hat natürlich einen Wahnsinnsgriff mit der Hauptstory gelandet, die einfach dadurch, dass sie so ist wie sie ist, dem Roman einen wahnsinnig grossen Spannungsbogen per se verleiht.
Dadurch konnte er sich einfach die Schwächen, die er sich immer mal wieder geleistet hat, tatsächlich auch leisten, ohne dadurch einen grossartigen Roman zu verderben.
Ich möchte hier an dieser Stelle mal eines sagen und bin gespannt, wie der Anklang darauf ist: "Der Schwarm" ist ein sehr gutes und fesselndes Buch. Es ist aber längst nicht DAS Buch schlechthin. Nicht mal im Ansatz. Das Problem ist dabei: Die Idee ist toll. Die Umsetzung ist zeitweilen grandios, zeitweilen äußerst fragwürdig, ich werd gleich nochmal kurz auf die Sachen eingehen, die ich persönlich am störendsten empfand. Nun sind aber sowohl Idee als auch Umsetzung von ein und derselben Person, also muß man dem Gesamtwerk wohl oder übel Respekt zollen, wobei ich immer wieder das Gefühl hab dem Herrn Schätzing für einige Sachen die Ohren lang ziehen zu müssen. Denn ich bin absolut der Meinung, dass er die Fähigkeit gehabt hätte, das ganze Ding absolut grandios zu machen!

So nun aber endlich mal zu den Punkten, die mir wenig bis gar nicht behagten:

Ich bin kein Fan davon, dass jemand sich selbst in einem Buch ablichtet, vor allem dann nicht, wenn er selbst trotz gleicher Eigenschaften, trotzdem ein völlig anderer Mensch ist. Dadurch schafft Schätzing mit Dr. Sigur Johansen einen nur bedingt stimmigen Charakter (Schätzing ist verheiratet, Johansen Eigenbrötler, und trotzdem haben sie dieselben Wesenszüge und irgendwie hakelt das ganze)
Das für sich, ok, könnt ich noch mit leben, was aber dann mein persönliches Limit gesprengt hat, war dieses ständige: "Wer ist denn dieser gutaussehende Mann dahinten...., der sieht ja aus wie Maximilian Schell.....blabla bin ich toll.... das hing mir irgendwann zum Hals raus.

Dann hat mich irgendetwas an den Charakteren gestört, und anfangs war mir nicht ganz klar was. Mittlerweile bin ich zu folgendem Schluss gekommen. Es ist eine sehr unausgegorene Verteilung in der Charakterdarstellung der Hauptpersonen (jetzt mal von den "Schurken" abgesehn, auf die geh ich gleich noch eingehen werde) , will heissen, irgendwie widmet Schätzing dem einen (hier Leon Anawak) 50 Seiten in der Mitte des Buches, wo eigtl grad alles in Hektik ist und der Leser nicht Sachen erfahren will, über die er sich schon vorher selbst etwas zusammenreimen musste und die zum jetzigen Zeitpunkt einfach keine Relevanz mehr haben und dem nächsten, z.B. Alicia Delaware oder Sue Oliveira praktisch gar nichts.

Nun zu den Schurken. Ich gebe allen die vorher darueber geschrieben haben recht. Die "Bösen" sind keineswegs böse, sondern schlicht und einfach unglaubwürdig in ihrer völligen Überzeichnung. Vor allem, dass sowohl ein Vanderbilt als auch eine Li total durchgeknallt sind, ist wirklich zuviel des guten. Ich meine, von Vanderbilt hätte man es erwarten können und er allein hätte auch gereicht. Aber bei der guten Li war es nicht anzunehmen und auch sehr unwahrscheinlich und unlogisch, dass sie sich dermassen selbst die Hände schmutzig machen würde...
An dieser Stelle sei auch noch einmal Rubin erwähnt, dem vorher kaum bis gar kein Platz für die Charakterentwicklung eingeräumt wurde und dann so plötzlich eine tragisch/tragende Rolle bekam, dass ich erstmal sehr verwirrt war.

Mir fallen noch tausend Sachen mehr ein, aber es letztes möchte ich nochmal auf den Bruch so ca. 300 Seiten vor Ende eingehen. Ich hatte das Gefühl Schätzing konnte nicht mehr und hat fix nen Ghostwriter weiterschreiben lassen. Der Stil hat sich um 180° gedreht und plötzlich war, nach der hier im Vorfeld auch schon immer angekreideten ruhigen Behäbigkeit des Buches vorher, sprichwörtlich die Hölle los. Aber irgendwie kam das alles zu unvermittelt und auch zu übertrieben hollywoodlastig.
Naja egal, zwei lustige klitzekleinigkeiten noch:

1. Ist nur mir aufgefallen (Vorsicht Spoiler) :
Dass die gute Li am Ende plötzlich keine Beachtung mehr findet? Die rennt mit den Flaschen durchs Boot und die andern haben sie kurz mal vergessen. Ist ja nicht so, dass, egal was die gute Weaver auch schafft, die böse böse Li wieder alles kaputtmachen könnte ;-)
und 2. Der gute Sigur Schätzing nimmt am Ende irgendwie ja genau die Bruce Willis/Armageddon Rolle ein, die er vorher so schön persifliert hat *g*

so das wars erstmal von meiner Wenigkeit mit diesem Batzen Kritik, der allerdings nicht sagen soll: Hey, das Buch ist Mist, sondern der eigtl nur sagen soll: Hey, ich find das Buch ehrlich gut, ich kann nur den ganzen Hype darum nicht nachvollziehen, denn es hat meiner Meinung nach einfach doch so einige Macken und Kanten, die man recht einfach hätte besser machen können. Hat man aber nunmal nicht, und auch so ist es sein Geld durchaus Wert.
Auch wenns ein wenig schnell durchgelesen war.... ;-)

Oha, nu ists schon kurz vor fünf, nu aber ab in die heia.

PS: Ich hoffe mal mein Beitrag ist kein absolutes kauderwelsch geworden, es ist spät, ich bin krank, müde und weiss schon jetzt nichmal mehr wie ich angefangen hab *g*
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Fil

Ungelesener Beitrag von Fil »

@Gregor

Wie rezensierst du, wenn du nicht krank bist?
"Der Schwarm" ist ein sehr gutes und fesselndes Buch. Es ist aber längst nicht DAS Buch schlechthin. Nicht mal im Ansatz. Das Problem ist dabei: Die Idee ist toll. Die Umsetzung ist zeitweilen grandios, zeitweilen äußerst fragwürdig

Genau das meine ich auch!

Ich muss sagen, als dieser Thread begonnen wurde, hegten mich arge Selbstzweifel. Ich schien zuerst die Einzige zu sein, die eine andere Meinung hatte. Ich glaube Frank war es (ich will jetzt nicht suchen), der dann auch nicht so vor Begeisterung sprühte und ich bin froh, dass es zwischenzeitlich mehr geworden sind. Nein, ich gönne Frank Schätzing seinen Erfolg, er ist ein netter Kerl - zumindest so, wie ich ihn beim Interview für phantastisch! kennengelernt habe.
Aber Lesegeschmäcker sind halt verschieden.
Ich finde auch Harry Potter gut, aber längst nicht so genial, wie manch andere Bücher.

Nicole
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Andreas Eschbach
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Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Zweifellos gibt es eine Menge Experten, die fachlich mehr drauf haben als Frank Schätzing. ABER: Die haben es bislang alle nicht geschafft, uns Normalos beizubringen, woran man, wenn man am Strand steht, erkennt, daß da ein Tsunami im Anmarsch ist. Da mußte erst Schätzing kommen, und deshalb finde ich es absolut okay, daß nun er zum Thema befragt wird und nicht besagte Experten.

:prima:
Gregor Balthasar
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Ungelesener Beitrag von Gregor Balthasar »

Andreas Eschbach hat geschrieben:Zweifellos gibt es eine Menge Experten, die fachlich mehr drauf haben als Frank Schätzing. ABER: Die haben es bislang alle nicht geschafft, uns Normalos beizubringen, woran man, wenn man am Strand steht, erkennt, daß da ein Tsunami im Anmarsch ist. Da mußte erst Schätzing kommen, und deshalb finde ich es absolut okay, daß nun er zum Thema befragt wird und nicht besagte Experten.

:prima:
:dafuer:

Das seh ich genauso! Denn genau wie in seinem Buch wird er dem Ottonormalzuschauer auch im Interview oder Talk das Thema besser überbringen können, als irgendein Wissenschaftler, der im publizistischen
Reden bzw. Schreiben ja doch eher ungeübt ist.

Solang er keinen Werbespot macht von wegen: "Morgens halb zehn in Pukhet - erhöhter Platz - dank Tsunami-Schwarm" oder so, kann ich mich durchaus mit allen Interviews eines Frank Schätzing zu diesem Thema anfreunden.

Und ich hätte auch nie gedacht, dass jemand eine ziemliche genaue, sehr wissenschaftliche Beschreibung der Entstehungsweise eines Tsunamis so verpacken kann, dass es Spass macht sie zu lesen ;-)
Wie auch schon oben erwähnt, eines der wirklichen Highlights im Schreibstil des Frank Schätzing (wie macht der das blos...und wieso verhaut er im gleichem Atemzug viel einfacher zu schreibende Passagen?:nixwiss: )

Gregor
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Fil

Ungelesener Beitrag von Fil »

Andreas Eschbach hat geschrieben:Zweifellos gibt es eine Menge Experten, die fachlich mehr drauf haben als Frank Schätzing. ABER: Die haben es bislang alle nicht geschafft, uns Normalos beizubringen, woran man, wenn man am Strand steht, erkennt, daß da ein Tsunami im Anmarsch ist. Da mußte erst Schätzing kommen, und deshalb finde ich es absolut okay, daß nun er zum Thema befragt wird und nicht besagte Experten.

:prima:

Ich muss dir einfach widersprechen, Andreas. Das ist ja, was dieses Thema betrifft, schon normal. Sorry.

Nicht die Experten waren es, die es nicht schafften uns beizubringen, wie
die Anzeichen eines Tsunamis aussehen, sondern eher unser Desinteresse. Oder hat sich jemand - bevor er zum Meer fährt - damit beschäftigt, welche Gefahren die Natur noch beherbergt, außer scharfe Korallen, Feuerquallen und Muscheln? Wer in den Urlaub fährt, will sich doch nicht mit möglichen Katastrophen auseinandersetzen. Und die Einheimischen dort?
Dass der Tsunami nicht sofort erkannt wurde, liegt daran, weil niemand damit gerechnet hat. Und das wiederum liegt in der Natur des Menschen: Wir glauben nicht gleich an das Schlimmste und die Weitsicht für solche Gefahren, der 6. Sinn, ist ziemlich verkrüppelt.
Bei Erwachsenen ist das leider vielfach so, bei Kindern funktioniert das noch etwas anders.


Gruß, Nicole
Gregor Balthasar
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Ungelesener Beitrag von Gregor Balthasar »

Hmm, ich denke du liegst nur bedingt richtig, liebe Nicole.
Grade die thailändischen Bürger (und ich rede jetzt von den wirklich armen) können nur von so etwas wissen, wenn von ihrem Staat eine konsequente Aufklärungspolitik betrieben wird. Allerdings haben diese nun auch wieder gar nichts mit Frank Schätzings Roman zu tun!

Um jetzt aber auf den normalen Südseeurlauber aus Deutschland zu kommen: Der hat in der Schule evtl. irgendwann mal was von Tsunamis gehört. Es ist lange her, er erinnert sich noch. Gefährlich Riesenwellen, Japan und Amerika sind immer wieder betroffen, da gibts aber nen Frühwarnsystem ,bla...
Dann liest er nen Reiseführer von Thailand und informiert sich auch sonst gut über das Land, hat aber bis zum Dezember 2004 garantiert in keiner dieser Lektüren ne explizite !WARNUNG! vor Tsunamis und deren Ankündigungsweise erhalten!

Frank Schätzing hat es nunmal geschafft einem diese Sachverhalte gut und vor allem "merkenswert" rüberzubringen.

Achja, von wegen 6ter Sinn und Kinder. Bei den Kindern die sich und evtl. noch andere retten konnten, waren die Erinnerungen an in der Schule Gelerntes noch etwas frischer. Wenn das mit dem 6ten Sinn nämlich "Sinn" machen würde, müsste der Tsunami deutlicher weniger Tiere erwischt haben, als er es tatsächlich getan hat.

Grundsätzlich hast du vielleicht Recht, wenn du vom vermehrten Desinteresse der Menschen an wissenschaftlichen, ökologischen,.. Sachverhalten sprichst, aber in diesem Fall denke ich, kann man da den Betroffenen selbst keinen Vorwurf machen. Wäre auch Schwachsinn.

Ah, ging es Andreas nicht ursprünglich darum, dass es legitim sei, dass Schätzing zu solchen Themen befragt wird? ... ;-)

sei's drum

Gregor
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andy
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Ungelesener Beitrag von andy »

Gregor Balthasar hat geschrieben:Achja, von wegen 6ter Sinn und Kinder. Bei den Kindern die sich und evtl. noch andere retten konnten, waren die Erinnerungen an in der Schule Gelerntes noch etwas frischer. Wenn das mit dem 6ten Sinn nämlich "Sinn" machen würde, müsste der Tsunami deutlicher weniger Tiere erwischt haben, als er es tatsächlich getan hat.
ich stehe den meisten formen von sechstem sinn auch eher kritisch gegenüber, aber im spiegel ist genau dazu ein artikel.
Als sich das Meerwasser aus dem Yala-Nationalpark zurückzog, kehrte Totenstille ein. Das größte Naturreservat Sri Lankas war vollkommen verwüstet. Als die Helfer endlich eintrafen, fanden sie die Leichen von rund 200 Menschen - aber keine Tierkadaver. Und das, obwohl das Reservat die Heimat von Krokodilen, Wildschweinen, Wasserbüffeln, Affen, Leoparden und 200 Elefanten ist. Alle schienen die Riesenwelle, die bis zu drei Kilometer tief in den Park gerast war, in weiser Voraussicht gemieden zu haben. "Es gibt keine toten Elefanten, nicht einmal einen toten Hasen oder ein totes Kaninchen", sagte H. D. Ratnayake, Vizedirektor der Naturschutzbehörde Sri Lankas.
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Ungelesener Beitrag von Fil »

Über welches Wissen die Einheimischen tatsächlich verfügen, können wir hier doch nicht mal erahnen. Die Menschen, die mit dem Meer leben, werden sicherlich gewusst haben, dass etwas nicht stimmt. Aber sicherlich waren Bezeichung und Folgen nicht bewusst.

Also ich hatte jetzt ein sechsjähriges Kind vor Augen, das bestimmt noch nicht über Tsunamis gesprochen hat und selbst ein 12jähriges hat Naturkatastrophen noch nicht in der Schule.
Und ich kann mich nicht entsinnen, das wir so etwas durchgenommen hätten.

Nach meinen Infos sind sehr wenige Tiere ums Leben gekommen.
Gestern noch stand darüber bei spiegel-online.de ein ausführlicher Artikel über die Tiere und ihren 6. Sinn und wie er sie gewarnt hat. Von daher kann ich deine Äußerung jetzt nicht nachvollziehen. (EDIT: andy ist mir zuvorgekommen und hat schneller getippt.).

Tja, ich habe das Buch ja nun auch gelesen, bin mir aber nicht sicher, ob ich in dem Moment auch die Zeichen richtig gedeutet hätte und ich gebe das ehrlich zu.

Den Betroffenen Vorwürfe machen wäre allerdings Schwachsinn.

Frank Schätzing und solche Themen... natürlich ist es legitim. Es ist nur die Frage, ob es auch tatsächlich und zwar ausschließlich der wahre Weg ist und darum ging es doch zu Beginn.

Wenn ich in einem Roman schreibe, wie jemand der Blinddarm entnommen wird und ich mich vorher mit Ärzten unterhalten habe und sogar bei einer OP anwesend war, bedeutet das ja auch noch lange nicht, dass ich über ausreichend Wissen und Erfahrung verfüge, um eine Blinddarm-OP durchzuführen. Oder stellst du mir dann deinen Bauch zur Verfügung?
Der Vergleich hinkt vielleicht ein wenig.

Es ist schön, dass Frank Schätzing und somit sein Roman so viel Aufmerksamkeit erlangt aufgrund des aktuellen Anlasses - ich hoffe, er macht was daraus - , aber ohne die Experten hätte er sein Wissen ja auch nicht erhalten können. Das Ganze hat so ein bisschen was von .. . ich komm nicht auf das Wort und denke schon eine Weile darüber nach...

... sowas von ... Autor/Schauspieler = Idol = Wort steht über Allem.

JETZT bitte nicht wieder falsch verstehen, ja?

Gruß, Nicole

P.S. Im SF-Netzwerk.de gibt es darüber auch eine kleine Diskussion, die aber in eine völlig andere Richtung geht.
Gregor Balthasar
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Ungelesener Beitrag von Gregor Balthasar »

Nun gut, den Tieren kommt allerdings auch zu gute, dass sie längst nicht alle im direkten Einflussgebiet des Tsunamis, nämlich der Ufernähe leben. Ich würde sogar sagen im direkten Einflussgebiet sogar vergleichsweise wenig.
Aber stimmt, ich erinnere mich an den Spiegelbericht, allerdings hab ich grad gestern wieder einen kontroversen Bericht gelesen, wo von tausenden von Tierkadavern die Rede war. Da stellt sich natürlich wieder die Frage, welche Informationen, die wir hier bekommen stimmen und welche nicht.

Aber ich will ja mit meinen Beiträgen hier auch niemanden angreifen oder meine Meinung über alle stellen, daher bin ich froh, dass ihr mich auf Fehler in meiner Argumentation hinweist.

Und du hast natürlich recht, in gewissem Maß läuft Schätzing damit Wissenschaftlern (ohne die er ja auch nichts wüsste) ungerechterweise den Rang ab und steht im Rampenlicht. Solang man ihn mit hinzuzieht ist das ok, solang man ausschliesslich ihn heranzieht, wär es schwachsinnig!

Und zu deinen Blinddarmversuchen an unschuldigen Gregors....der Vergleich hinkt wirklich ;-)
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Andreas Eschbach
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Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Fil hat geschrieben:Nicht die Experten waren es, die es nicht schafften uns beizubringen, wie die Anzeichen eines Tsunamis aussehen, sondern eher unser Desinteresse.
:lol: :lol: :lol: Und wieso haben wir dann alle den "Schwarm" gelesen???

Hast Du die Szenen mit dem Tsunami etwa überblättert??? Also, ich nicht. Und ich weiß noch, als die Stelle kam, an der sich das Meer so weit zurückzog, weiter als bei Ebbe üblich, und er dann erklärte, daß das das Vorzeichen eines Tsunamis ist, da dachte ich, schau an, das ist ja jetzt mal interessant. Das ist eine Szene, die einem im Gedächtnis bleibt. Und zwar egal, ob man sich vorher für Tsunamis interessiert hat oder nicht. Ich kannte den Begriff, aber er war in meinem Kopf abgeheftet unter kommt nur in Japan vor... :roll:
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TT

Ungelesener Beitrag von TT »

Hallo zusammen,

bei allem nötigen Respekt für den "Schwarm", den ich für den besten deutschsprachigen Roman 2004 halte, so habe ich doch das Gefühl, dass Frank Schätzing mit diesem Zeit-Artikel in eine Rolle gedrängt wurde (oder sich hineingedrängt hat - wer weiß?), der er schlichtweg nicht gewachsen ist.
Klappern und Dramatisieren gehört zum Handwerk eines Schriftstellers, nicht aber zu dem eines Journalisten oder Experten (zumindest nicht in meiner Vorstellung). Gerade bei einem Thema, dass emotional so aufwühlend ist, wie die Flutkatastrophe, wären feinere Töne angebracht als Schätzing sie zu erzeugen vermag. Symptomatisch dafür ist m.E., dass er sofort nach einem Schuldigen sucht. Da man das Versagen nach unserem Rechtsempfinden ja nur schwer den Betroffenen anlasten kann, müssen also diesmal die Industrienationen den Kopf hinhalten. Der Grund erschließt sich mir nicht so ganz. Sowohl das Institut des United-States-Geological-Survey, als auch die geologische Abteilung des Indischen Militärs haben das Beben registriert und rechtzeitig vor den Folgen gewarnt. Für jedermann sichtbar und mit dem ernsthaften Bestreben, Menschenleben zu retten. Sehr wahrscheinlich ist auch, dass, nachdem die Welle auf Sumatra traf, Dutzende von Warnmeldungen an die Anrainerstaaten des Indischen Ozeans gingen. Besonders im Falle Thailands, wo die Welle erst eine knappe Stunde später eintraf, sind solche Warnmeldungen nachgewiesen worden. Nur - passiert ist nichts. Man hielt es wohl nicht für nötig, die Touristen unnötig zu verschrecken. Um der Sache noch die Krone aufzusetzen, behauptete die Thailändische Regierung prompt am nächsten Tag, eine neue Welle sei im Anmarsch. Eine glatte Lüge, die wohl nur darauf abzielte, das tragische Versäumnis vom Vortag zu verschleiern.
Lange Rede kurzer Sinn: Mißverständnisse, Versäumnisse und kriminelle Verschleierungen gab es überall. Wieso Frank Schätzing sich jetzt ausgerechnet uns als Schuldige herauspickt, verstehe ich nicht. Ebensowenig wie ich seine Kritik verstehe, dass wir jedes Jahr Milliarden an Devisen in die Tourismus-Industrie der betroffenen Staaten tragen. Millionen von Menschen leben davon. Was wohl die Thais dazu sagen würden, wenn wir das nicht mehr täten (aus reiner Solidarität, versteht sich)?
Ich finde wir (und dafür ist Frank Schätzing leider ein Paradebeispiel) sollten uns nicht immer anmaßen, zu glauben, wir wüßten, was diesen Ländern gut täte und was nicht. Vieles von dem, was in fremden Kulturen gedacht und getan wird, entzieht sich unserer Vorstellung und das sollten wir akzeptieren. Wir sind nicht die Weltpolizei und schon gar nicht das Maß aller Dinge. Genausowenig wie wir der Sündenbock für alles sind, was auf der Welt passiert. Diese Arroganz des Westens ist es, die wir kritisieren sollten und nichts anderes.

Herzliche Grüße,

Thomas
Zuletzt geändert von TT am 6. Januar 2005 17:51, insgesamt 1-mal geändert.
deval
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Tsunami

Ungelesener Beitrag von deval »

Der arme Herr Schätzing. Was der wohl zu dieser Diskussion sagen würde? Ist immer irgendwie "blöd" wenn man sich über einen Dritten unterhält, ohne das der sich rechtfertigen kann.

Ich kannte das mit dem "zurückgehen" des Wassers übrigens schon aus dem Film -Deep Impact-, lange bevor -Der Schwarm- herausgekommen ist.
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Psalm 119, 105


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andy
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Re: Tsunami

Ungelesener Beitrag von andy »

vallenton hat geschrieben:Der arme Herr Schätzing. Was der wohl zu dieser Diskussion sagen würde? Ist immer irgendwie "blöd" wenn man sich über einen Dritten unterhält, ohne das der sich rechtfertigen kann.
naja...aber die meisten diskussionen über bücher finden hier doch auch ohne den autoren statt.
dass muss eine person im rampenlicht aushalten können.

andy
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