ARTE hat vor einiger Zeit in der »Wissensreihe« 42 den Filmbeitrag
Brauchen wir mehr Utopien? (hier auf
Youtube mit Diskussion) ausgestrahlt. Ich halte den Beitrag für sehr gelungen. Z. B. wird ab Minute 7:00 anhand des Unterschieds zwischen perspektivischem und explorativem Denken deutlich gemacht, warum es schwieriger ist, eine Utopie statt einer Dystopie zu verfassen und zu lesen.
Eine interessante Utopie und erst recht der Weg dorthin, lässt sich m. M. nicht nur aus der Perspektive einiger Romanfiguren beschreiben. Individuen sind ja nicht die einzigen Treiber der Geschichte (historisch) und können daher nicht die einzigen Treiber der Geschichte (literarisch) sein. Vielmehr muss der Raum möglicher natürlicher, technischer und sozialer Entwicklungen irgendwie »exploriert« werden, ohne die Leserschaft zu sehr zu langweilen. So finde ich, dass das viel gelobte Ministerium für die Zukunft von Kim S. Robinson oder auch RCE von Sybille Berg beide sehr gut recherchiert sind, Fakten und Konzepte aber jeweils ziemlich uninspiriert in einen dünnen und langatmigen Plot eingestreut werden. Von arrivierten Autoren hatte ich mir da etwas mehr Fantasie und Einfallsreichtum erwartet. Theresa Hannigs Pantopia dagegen halte ich für eine ziemlich gelungene zeitgenössische Utopie.
WeepingElf hat geschrieben: ↑28. Oktober 2024 16:01
Also geht mein Appell an alle Autoren, die sich mit der nahen Zukunft befassen: Schluss mit den Dystopien! Mehr positive Visionen! Denn die Zukunft ist zu wichtig, um sie den Pessimisten zu überlassen, und die Sehnsucht nach einer besseren Vergangenheit ist gefährlich.
Genau das habe ich mir vor zwei Jahren auch gedacht, und mich deshalb daran gemacht, einen utopischen Roman zu verfassen, der schon vom Ton her den, wie ich finde, immer sehr ähnlichen dystopischen Bildern und Geschichten etwas entgegensetzt. Dabei ging es mir weniger um
die perfekte Utopie (die, wie hier bereits verschiedentlich beschrieben, immer problematisch ist), sondern um langfristige »utopische« Entwicklungen und deren Zusammenhang. Wie auch immer: Den Roman kann man jetzt lesen. Näheres dazu in dem dafür vorgesehenen Forum
Ankündigungen und Neuerscheinungen.
Was die Wirkmächtigkeit solcher Werke angeht, glaube ich schon, dass sie in der Masse unterschwellig den Zeitgeist und das Lebensgefühl von Generationen mitbestimmen. Man denke nur an das Golden Age der SF in den fünfziger Jahren und die damals grassierende Fortschrittsgläubigkeit.