Scott Alexander Howard - Das andere Tal
Die Handlung spielt sich in einem abgeschiedenen Tal ab, in dem die technische Entwicklung so etwa auf dem Niveau des frühen 20. Jahrhunderts liegt. Das Besondere: östlich und westlich davon befinden sich zahllose identische Täler, in denen dieselben Menschen leben – nur von Tal zu Tal um 20 Jahre zeitversetzt. Also im Westen spielt sich das gleiche Leben VOR 20 Jahren ab, im Osten IN 20 Jahren (oder vielleicht war’s auch umgekehrt).
Die Grenzen zwischen den einzelnen Tälern sind abgesperrt und streng überwacht, damit niemand nach nebenan wechseln und dort irgendwie Einfluss nehmen kann, denn das würde auch automatisch zu Veränderungen im 20-Jahre-Später-Tal führen. Wenn also z.B. jemand in das Vergangenheits-Tal geht und dort jemanden tötet, dann würde derjenige sich im Nachbartal praktisch „auflösen“, hätte also nie existiert.
Nur in Ausnahmefällen darf mal jemand – maskiert, unerkannt und unter strenger Aufsicht – kurz ins Nachbartal gehen, um z.B. nochmal einen letzten Blick auf einen verstorbenen Verwandten (wie er/sie vor 20 Jahren war) zu werfen o.ä. Dafür muss ein Antrag gestellt werden, über den ein eigens geschaffenes Amt entscheidet.
Klingt kompliziert? Finde ich auch. Klingt arg
konstruiert? Ja, irgendwie schon. Nun ja.
Die Geschichte setzt ein, als die Protagonistin 16 Jahre alt ist und vor der (nicht ganz freien) Entscheidung über ihr künftiges Berufsleben steht und folgt im weiteren Verlauf ihrem Schicksal über die folgenden Jahre. Die erste Hälfte des Romans liest sich dementsprechend wie ein klassisches Jugendbuch mit allen dazugehörigen Problemen wie Schule, Eltern, Freundschaften, Außenseitertum und erster Liebe.
Später nimmt das spezielle "Tal"-Setting dann eine immer wichtigere Rolle ein, was logischerweise zu entsprechenden Verwicklungen und Gedankenspielen führt.
So wirklich begeistern konnte mich der Roman nicht. Der Jugendbuch-Teil war zwar als solcher nicht verkehrt, aber irgendwie nicht das, was mich an der Geschichte interessiert hätte (auch wenn das alles natürlich für die Handlung wichtig ist). Und diese ganze Welt mit ihren zeitversetzten Tälern fand ich wie gesagt etwas an den Haaren herbeigezogen und bei genauerer Betrachtung funktioniert das alles halt auch irgendwie nicht so ganz. Das ist natürlich das übliche Zeitreise-Problem (und im Grunde ist das hier ja nichts anderes), aber eine herausstechend elegante Lösung oder Erklärung konnte mir der Autor hier irgendwie nicht bieten. Die Figuren haben mir gut gefallen, die Handlung fand ich aber überwiegend nur mäßig spannend, wobei sie im letzten Viertel durchaus nochmal zugelegt hat.
Mein Fazit: ganz nett, das schon. Aber nicht so richtig aufregend.