Um die Erinnerung an das Buch trotzdem am Leben zu erhalten, lege ich einfach nochmal einen neuen Faden an.
Abschließend hänge ich noch mein Gesamtfazit dran. Vielleicht hat ja sonst noch jemand Lust, etwas dazu zu schreiben.
Yvonne Tunnat & Chris Witt (Hrsg.) - Ihr Körper, das Schiff

Seit Wolfgang Jeschkes Zeiten haben wir im deutschsprachigen Raum das Problem, dass kaum noch Kurzgeschichten anglo-amerikanischer Herkunft übersetzt werden. Wenn man sich die jährlichen Nominierungs- und Siegerlisten von Hugo, Nebula und sonstigen Awards ansieht, dann sind darunter - gerade bei den ausgezeichneten kurzen Texten - kaum jemals Namen (geschweige denn Storys) zu finden, die uns hierzulande bekannt sind. Ganz einfach, weil sie nicht auf Deutsch verfügbar sind.
In Zusammenarbeit mit dem A7L-Verlag haben sich Yvonne und Chris nun also daran gemacht, an diesem Zustand etwas zu ändern und in mühevoller Lektüre- und Auswahlarbeit Kurzgeschichten aus den letzten 2 Jahren herausgesucht, die eine Übersetzung und Veröffentlichung verdienen; Sheryn Wegmann hat übersetzt. Herausgekommen ist diese Anthologie.
Inhalt
Angela Liu - Pinocchio Photography
Kelsea Yu - In Erinnerungen ertrinken wir
Auston Habershaw - Brutparasitismus
Rebecca Schneider - Ich werde dein Spiegel sein
J.A.W. McCarthy - Sie es als Chance
Katherine Ewell - Die Leiden des neuen Zeitalters
Natasha King - Plötzliches Verhängnis
Mahmud El Sayed - Erinnerungen an verlorene Erinnerungen
Z.K. Abraham - Ihr Körper, das Schiff
Michael Teasdale - Frank Peterson kommt nach Hause
Frank Ward - In den Tagen danach
Everdeen Mason - Scarlett
Kel Coleman - In der Angelegenheit Homo Sapiens
Jana Bianchi - Dein kleines Licht
Naomi Kritzer - Das Jahr ohne Sonnenschein
Mein persönliches Fazit
Eine sehr gelungene Anthologie, die ich thematisch bzw. Subgenre-mäßig ziemlich abwechslungsreich fand. (Nur ein bisschen weniger Demenz hätte es für meinen Geschmack sein können.)
Meinen persönlichen 2-3 Lowlights standen eindeutig mehr Highlights gegenüber, als da wären: Brutparasitismus, Plötzliches Verhängnis, Erinnerung an verlorene Erinnerungen, Das Jahr ohne Sonnenschein. Und der Rest war mindestens okay.
Ich finde außerdem, dass viele Geschichten sich von dem unterscheiden, was wir hier überwiegend von deutschen Kurzgeschichten gewohnt sind. Genau kann ich es nicht festmachen, aber ich kann mir nur wenige heimische SF-Schreibende vorstellen, die in diese Antho reingepasst hätten.
Das ist gar nicht unbedingt wertend gemeint, denn es gibt auch bei uns tolle KG-Autorinnen und Autoren, aber man muss die richtig guten Geschichten zwischen zahlreichen anderen doch erstmal suchen. Na klar, das liegt daran, dass hier schon mal „vorsortiert“ wurde, während deutschsprachige Storys ja in jedem Jahr zu hunderten veröffentlicht werden … was – pardon – nicht in allen Fällen wirklich nötig gewesen wäre.
Aber insgesamt fand ich diese Sammlung sowohl stilistisch als auch inhaltlich durchaus überdurchschnittlich.
Ich würde mich freuen, wenn sich Chris und Yvonne (oder jemand anderes) in der Zukunft noch häufiger diese Mammutaufgabe aufhalsen würden

