molosovsky hat geschrieben: Da warte ich dann auch gerne einige Jahre auf das neue Buch eines Autoren und mißtraue immer mehr den Autoren, die im Jahres- oder Zweijahresabstand Novitäten produzieren.
Hihi, dann musst du mir aber ganz gehörig misstrauen!
Ernsthaft: Es kommt immer auf die Thematik und den Anspruch an. Wage ich mich an einen historischen Roman, brauche ich sicher ein Jahr zum schreiben. Will ich ein sehr aufwendiges Werk machen, auch länger. Aber bei "normaler" Literatur, wo eine unterhaltsame Geschichte erzählt wird, geht das auch schneller. Wenn man vom Schreiben lebt, hat man eh keine Wahl, da zählt jede Stunde.
Autoren wie Dan Simmons, Stephen King & Co planen sicherlich sehr genau, vor allem wenn es mehrere Bände werden. Da geht das gar nicht anders. Das ist eben das gewisse Tüpfelchen auf dem I, das die Geschichte rund und homogen werden lässt, wo man dann sagt - toll. Diese Geschichte funktioniert.
Bei Kurzgeschichten muss ich gestehen, habe ich auch meistens nur eine Anfangsidee, schreibe drauflos und bin gespannt, was dabei herauskommt. Ich habe eine Vorstellung vom Ende, kann aber spontan auch anders kommen, wenn ich merke, die Storyline erhält einen ganz anderen Focus als den ursprünglich geplanten. Eine Kurzgeschichte ist auch ein Szenario, eingebettet in einen virtuellen größeren Rahmen, ein kurzer Ausschnitt, ein Szenenbild. Aber bei (epischen) Romanen könnte ich das gar nicht, wenigstens muss ich das Ziel meiner Reise kennen. Ich setze mich ja auch nicht ins Flugzeug und schau mal, wo es landet, und dann seh ich weiter - aber was sehe ich denn? Wo schlafe, esse, bleibe ich, was will ich sehen, machen? Selbst wenn man an einem schönen Sonntag ins Auto steigt und "einfach ins Blaue" fährt, steht man irgendwann an einer Kreuzung und überlegt sich: Wo will ich jetzt hin? Nach links in den Zoo, geradeaus in die Berge, rechts in die Kneipe? Man muss Entscheidungen treffen. Wenn man hier würfelt, lässt man sich einfach ziellos treiben ... und ist irgendwann doch wieder am Punkt der Unzufriedenheit: Was will ich denn eigentlich? Habe ich denn gar kein Ziel?
Ich denke, was im Gedächtnis bleibt, sind die Geschichten, die
scheinbar leicht geschrieben sind, aber eben gerade deswegen vorher sehr exakt geplant wurden. (Das ist für mich ein Kriterium für Qualität.) Meiner Ansicht nach hat eine Figur, die vorher "ziemlich fertig" als Charakter, mit Lebensgeschichte und allem drum und dran war, die besten Entwicklungschancen, an ihrer Geschichte zu wachsen oder dran zu zerbrechen, über ihre Grenzen hinaus zu gehen. Das, finde ich, macht diese Figuren lebensecht und realistisch, glaubwürdig - und dann fiebere ich am meisten mit. Zuletzt ging es mir so bei "I am Legend" - obwohl ich den Schluss extrem schwach finde, hat mich das Leben und Fühlen des Robert Neville so mitgerissen, dass es mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Es ist ja auch so, dass man Wendepunkte in der Geschichte braucht (die beiden Haupt Plot Points im Dreiakter, was jede Geschichte und jeder Film ist), die ganz entscheidend sind für den Fortgang und Glaubwürdigkeit der Geschichte. Wenn die fehlen, stolpern die Helden einfach so dahin, aber es passiert nichts Entscheidendes, und eine Entwicklung findet auch kaum statt. Dann wird die Geschichte womöglich an der Handlung festgemacht, nicht an der Figur. (Dagegen spricht übrigens auch nichts, aber das finde ich persönlich langweilig, weil ich immer außen vor bleiben muss und nicht in die Geschichte hinein darf.)
Das ist das, was mir übrigens an Michael Crichton gefällt, ich habe da "Welt in Angst" gelesen. Crichton hat sich ein sehr brisantes Thema, den Umweltschutz, ausgesucht. Trotzdem erleben wir das Abenteuer aus der Warte eines jungen Mannes, der sich überhaupt nicht dafür interessiert - über das Normalmaß hinaus. Toll erzählt, und mit einfachen Worten werden sehr kritische Diskussionspunkte aufgeworfen, über die man lange und hitzig debattieren kann.
Das war mein Problem mit Asimov, dessen Ideen ich damals absolut faszinierend fand, und ich habe damals auch fast alles von ihm gelesen. Aber ich empfand die Geschichten als "tot", ich hatte keinen Zugang dazu. Mir war es ehrlich gesagt wurscht, ob einer der Protagonisten starb oder nicht. Nur die Idee blieb haften. Ich will halt schöne Geschichten erzählt bekommen, da bin ich immer noch ganz Kind. Heinlein und Niven haben mir da mehr gegeben. Und dann gab es zwei Meilensteine: Ringwelt und Wüstenplanet, wo ich genau das fand, was mich fesselte: Eine faszinierende fremde Welt und lebendige Figuren. Heutzutage ging es mir so mit Hyperion (-> wobei das ja auch schon ordentlich Jahre auf dem Buckel hat) und Spin (aber *nur* Spin, ohne das vergeigte Axis), um nur mal zwei Beispiele zu nennen.
Wenn ich das so betrachte, muss ich sagen, dass im Grunde kein Unterschied besteht zu früher, und das habe ich weiter oben auch schon gesagt: Ich glaube nicht, dass die SF damals besser war als heute, einen Qualitätsverlust kann ich nicht feststellen. Damals wie heute gibt es Faszinositäten

aber auch "Mist". An den Mist von früher erinnert man sich nur weniger, weil er aus dem Gedächtnis gestrichen wurde.
Was allerdings heutzutage ein Argument ist: Durch die Programmkürzungen werden sicherlich einige gute Werke nicht übersetzt - aber deswegen sind sie ja trotzdem da und zeigen die heutige Qualität.
Also mein Fazit: Alt und neu: Beides Hui. Und Pfui.