DKZ Boykott oder nicht?

Das Science-Fiction-Forum für alles, was den SF-Fan interessiert und bewegt!
Benutzeravatar
Uschi Zietsch
TBGDOFE
TBGDOFE
Beiträge: 20265
Registriert: 13. März 2004 18:09
Land: Deutschland
Wohnort: Das romantische (Unter-)Allgäu
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

deval hat geschrieben:War es früher, also so vor 20 bis 30 Jahren zur Zeit eines Herrn Jeschkes, eigentlich leichter dt. SF bei publikumsträchtigeren Verlagen unterzubringen?
Wurde sich da erlaubt auch mal einen unbekannten deutschen Autoren zu veröffentlichen oder hatten die gegenüber ihren amerikansichen Kollegen
doch eher das Nachsehen.
Das bezieht sich jetzt nur auf SF&F: Es war sehr viel schwerer, denn wie du es schon selbst aufmerkst, englischsprachige Manuskripte wurden vorgezogen. Warum? Ganz einfach. Zu uns kamen ja sowieso keine unbekannten US/britische Autoren, sondern die hatten schon einen gewissen Namen im eigenen Land. Man hatte also abgesehen von der Übersetzung nicht so viel Arbeit. Irgendwann in den vergangenen Jahren ist man dann draufgekommen, dass eine Originalausgabe irgendwie doch billiger ist als eine Lizenz, und dass deutschsprachige Autoren irgendwie doch auch schreiben können - und gelesen werden. Aber wer so wie ich in den 80er Jahren angefangen hat - das war alles andere als aufbauend. Da hat man viele Nerven und sehr viel Geduld und noch mehr Ausdauer gebraucht. Ich saß mal Ende der 80er auf einem Symposium in Wetzlar (das ist eins meiner Lieblingszitate) und wurde aus dem Publikum gefragt (da waren ganz viele hoffnungsvolle Jungautoren dabei): "Aber warum werden denn keine deutschsprachigen Autoren veröffentlicht?", und ich fragte zurück: "Was lesen Sie denn?", und die Antwort kam prompt: "Natürlich keine Deutschen!", und ich: "Da haben Sie's ..." Daraufhin herrschte verblüfftes Schweigen. Aber ist doch klar: Wenn schon die deutschen Autoren selber keine deutschen SF/F-Bücher lesen, wie sollen sie erwarten, gelesen zu werden? So war es damals. Nicht nur die Verlage, auch die Leser waren überzeugt, die Deutschsprachigen können nix.
Insofern konnte man von Glück sagen, wenn man tatsächlich mal durch alle Raster gekommen war - und ein Programmplatz frei war!
Und vor allen Dingen, gab es zu der Zeit auch schon ähnliche Verlage wie den von Ernst Wurdack, Fabylon oder Atlantis oder ähnliche?
Wenn es die heutzutage nicht gäbe, hätten doch vermutlich nur die wenigsten dt. Autoren die Möglichkeit ihre Werke zu veröffentlichen.
Oder sehe ich das falsch?
Damals fing es an mit den Kleinverlagen, und sie waren bis Mitte der 80er noch sehr, sehr verpönt von den Großen, à la, "Eigenverlag, ist ja klar". Allerdings haben sie verwaiste Nischen bedient und einige von ihnen wurden schnell groß, weil sie Bestseller landeten. Die Kleinverlage fanden auch Unterstützung durch die Presse wie bei BuchMarkt, weil der Markt an sich bereichert wurde, und Spezialmessen wie die Mainzer Minipressenmesse brachten die Bücher an die Leser und erregten Aufmerksamkeit. Bis Mitte der 90er setzte daher ein Umdenken ein, und die Großverlage gingen sogar dazu über, Manuskripte, die sie selbst nicht verlegen konnten, an die Kleinen weiterzureichen.
Heutzutage aber haben die Autoren mehr Chancen denn je durch die Fülle an Kleinverlagen, zu einer Veröffentlichung zu kommen. Heutzutage hat man viel höhere Chancen, gedruckt zu werden - denn BOD ist im Gegensatz zu DKZ keineswegs mehr verpönt, auch bei den Großverlagen nicht. Insofern ist es mir ein Rätsel, wieso die DKZ immer noch wie verrückt laufen. Vielleicht, weil sie sehr geschickt Träume verkaufen.
:bier:
Uschi
Alles, was ich im Forum schreibe, ist meine private Meinung.
Mein Blog
Uschi Facebook
Fabylon YouTube
Fabylon Shop
Insta: uschizietsch
deval
SMOF
SMOF
Beiträge: 4869
Registriert: 27. Dezember 2001 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von deval »

Naja, ich muss gestehen, dass ich bis vor einigen Jahren auch keine deutsche SF gelesen habe - bis auf Perry Rhodan. Das kann man aber wohl nicht wirklich mit Büchern vergleichen. Heute hat sich das jedoch geändert.

Aber irgendwann muss es doch auch mal ein Umdenken bei den großen Verlagen geben. Die Bücher von Brandhorst, Eschbach, Schätzing, Marrak oder Thiemeyer, alle im Bereich SF/Phantastik angesiedelt, scheinen sich doch ganz gut zu verkaufen. Von Fantasy Leuten wie Holbein, Meyer, Heitz oder wie sie alle heißen mal abgesehen. Das Potenzial ist ja durchaus da. Das Potenzial gute Bücher zu schreiben und auch zu verkaufen.

So wie es Walter Ernsting damals gemacht hat, seine Bücher als Bücher eines Amerikaners herauszubringen, würde heute nicht mehr funktionieren oder?

Aber gut, das ist schon wieder fast OT.
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105


www.fantasybuch.de
Benutzeravatar
Hexodus
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 225
Registriert: 18. März 2010 13:32
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Alles gleichzeitig
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von Hexodus »

Ich bin selber auch angenehm überrascht, dass sich endlich der Fokus der Verlage von dem Angelsächsischen Bereich auf den Eigenen Talentepool verlagert hat. Das bedeutet eine Bereicherung der Geners und eine frischer Wind in den Storys. Denn englischsprachige Autoren schreiben ja doch irgendwie anders und verfallen mitunter eigenen Klischees. Da freut es mich als Leser auf eine andere Weise bedient zu werden.
Uschi Zietsch hat geschrieben: Heutzutage hat man viel höhere Chancen, gedruckt zu werden - denn BOD ist im Gegensatz zu DKZ keineswegs mehr verpönt, auch bei den Großverlagen nicht. Insofern ist es mir ein Rätsel, wieso die DKZ immer noch wie verrückt laufen. Vielleicht, weil sie sehr geschickt Träume verkaufen.
DKZ ist eigentlich ein Modell das aus der akademischen Ecke kommt. Wer seine Diplom-, Magister- oder Doktorarbeit veröffentlichen möchte, hatte vor Bod kaum eine andere Wahl als diesen Dienst in Anspruch zu nehmen. Die Themen einer Promotion sind so speziell so dass sich dafür kein Mensch interessiert und wenn dann nur eine kleine Schaar Auserwählterm die sich um dasselbe Thema rankt. Genau diese spezielle Gruppe bedienten die DKZ-Verlage gut. Und ich wünschte, sie würden in dieser Ecke bleiben. Bei Science Fiction und Fantasy braucht die kein Mensch.
-~ Fantasybuch.de - Alle Science Fiction und Fantasy-Bücher auf einen Blick http://www.fantasybuch.de ~-
Benutzeravatar
Uschi Zietsch
TBGDOFE
TBGDOFE
Beiträge: 20265
Registriert: 13. März 2004 18:09
Land: Deutschland
Wohnort: Das romantische (Unter-)Allgäu
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

deval hat geschrieben:Aber irgendwann muss es doch auch mal ein Umdenken bei den großen Verlagen geben.
Hat es ja auch. Oder warum meinst du, konntest du so viele deutschsprachige Autoren aufzählen? :beanie:
Der Markt heute ist gut.
So wie es Walter Ernsting damals gemacht hat, seine Bücher als Bücher eines Amerikaners herauszubringen, würde heute nicht mehr funktionieren oder?
Nein, und ist ja auch nicht notwendig.
:bier:
Uschi
Alles, was ich im Forum schreibe, ist meine private Meinung.
Mein Blog
Uschi Facebook
Fabylon YouTube
Fabylon Shop
Insta: uschizietsch
Benutzeravatar
Uschi Zietsch
TBGDOFE
TBGDOFE
Beiträge: 20265
Registriert: 13. März 2004 18:09
Land: Deutschland
Wohnort: Das romantische (Unter-)Allgäu
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

Hexodus hat geschrieben:DKZ ist eigentlich ein Modell das aus der akademischen Ecke kommt. Wer seine Diplom-, Magister- oder Doktorarbeit veröffentlichen möchte, hatte vor Bod kaum eine andere Wahl als diesen Dienst in Anspruch zu nehmen. Die Themen einer Promotion sind so speziell so dass sich dafür kein Mensch interessiert und wenn dann nur eine kleine Schaar Auserwählterm die sich um dasselbe Thema rankt. Genau diese spezielle Gruppe bedienten die DKZ-Verlage gut. Und ich wünschte, sie würden in dieser Ecke bleiben. Bei Science Fiction und Fantasy braucht die kein Mensch.
Der SF&F-Bereich ist eher sehr klein, der bei DKZ publiziert wird. Das mit der "akademischen Ecke" stimmt, und da hat es absolut seine Berechtigung. Diese Autoren wissen aber auch, worauf sie sich einlassen, und da werden die Kosten transparent gemacht; aber bei der Belletristik ist das halt anders. Wenn es heißt "Verlag sucht Autoren" u.ä., sprengt es mir den Halskragen, denn ein Verlag muss ja wohl Käufer suchen.
:bier:
Uschi
Alles, was ich im Forum schreibe, ist meine private Meinung.
Mein Blog
Uschi Facebook
Fabylon YouTube
Fabylon Shop
Insta: uschizietsch
klox
Neo
Neo
Beiträge: 14
Registriert: 11. Juli 2008 21:30

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von klox »

Michael Schmidt hat geschrieben:...so schreibt Holger in einer Kolumne auf dem Fantasyguide.de:
Wie seht ihr das. Soll man solche Verlage komplett boykottieren und damit auch die Romane, die erschienen sind, unabhängig von der Qualität. Unabhängig von den Autoren. Oder ist das Kind sowieso in den Brunnen gefallen und man kann den Autoren und dem Werk bei entsprechender Qualität eine Chance geben?
Als reiner Konsument kann ich beide Fragen eindeutig mit ja beantworten. Weder ziehe ich Bücher aus solchen Verlag überhaupt in Betracht beim Kaufen, noch sehe ich mich genötigt solchen Autoren eine Chance zu geben.

Für mich ist ein ordentlicher Verlag, egal ob klein oder groß, eines der Kriterien um die Qualität eines Buches abzuschätzen. Es gibt doch wahrhaft genug Bücher die von Heyne bis Fabylon produziert werden, warum sollte man da noch auf "dubiose" Dealer ausweichen?

Einzige Ausnahme: Wenn ich den Autor schon kenne und mag würde ich ach von einem anrüchigen Verlag das Buch kaufen. Das so etwas passiert kann ich mir aber nur schwer vorstellen.

BoD und ähnliche Anbieter fallen eigentlich auch noBuy (wegen mangelnder Qualitätskontrolle) aber dort hab ich schon mehr als einmal Ausnahmen gemacht. Zum Beispiel bei den ersten Büchern von Uwe Post (bisher aber noch nicht gelesen)
Benutzeravatar
L.N. Muhr
SMOF
SMOF
Beiträge: 12229
Registriert: 2. Februar 2003 01:31
Land: Deutschland
Wohnort: Leipzig
Kontaktdaten:

Re: DKZ Boykott oder nicht?

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Als BoD gibt es u.a. Reprints von Titeln, die eine komplette Neuauflage nicht so recht lohnen, die aber auf jeden Fall schon mal durch eine Qualitätskontrolle gegangen sind. Kann man so also nicht pauschalisieren. BoD ist freilich auch kein Anbieter. ;)
Antworten