14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

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breitsameter
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14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Gestern traf die neue c't ein, und dieses mal gibt's eine Kurzgeschichte von Frank Hebben (zum Glück kein Zweiteiler – es nervt doch etwas, wenn man zwei Wochen auf die Fortsetzung warten muß).

#864-18 ist ein Arbeiter an der neuen Fabrik. Ein Torso, denn die Arbeiter leben nur für ihren Beruf, und dafür sind sie mit Schnittstellen versehen, die anstelle der Gliedmaßen sitzen. Augen, Ohren und Mund sind ebenfalls unnötig und durch Sensoren ersetzt. #864-18 stößt bei Bauarbeiten auf ein Autowrack, in dem noch das Skelett eines Menschen zu sehen ist. Kurze Zeit später kommt es zu einem Sturm, bei der das automatische System durcheinander gerät und #864-18 abstürzt – verletzt kommt er in eine Art Klinik und entdeckt dort, daß seine Augen zwar vernäht, aber niemals entfernt wurden...

Frank Hebbens neue Kurzgeschichte erinnert stark an seine Story »Gelée Royal«, die man u.a. auch in der Sammlung »Prothesengötter« nachlesen kann. Eine postapokalyptische Welt, in der der Mensch mehr und mehr zur Maschine gemacht wird und in einem ferngesteuerten System seine Dienste verrichten muß – und unklar bleibt, ob dies nicht längst alles nutzlose Arbeit allein für das System ist. Hier ist es nicht anders.
Trotzdem ist die Geschichte in gewohnter Hebben-Qualität geschrieben, auch wenn es etwas seltsam wirkt, wenn diese zwei Sätze kurz aufeinander folgen: »Keine Augen. (...) Wir haben die schwachen Teile entfernt.« und »(...) ich sehe ihn schon aus weiter Ferne, seine Ausleger von grauer Morgensonne bestrahlt«. :beanie:
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Frank
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von Frank »

erinnert stark an seine Story »Gelée Royal«
Ja, das ist das Gegenstück: Geist und Körper.
»Keine Augen. (...) Wir haben die schwachen Teile entfernt.« und »(...) ich sehe ihn schon aus weiter Ferne, seine Ausleger von grauer Morgensonne bestrahlt«
??? - Ein Wort: Sensorspinne! Deswegen eine graue Morgensonne ...

Liebe Grüße!

f.
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breitsameter
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Frank hat geschrieben:
erinnert stark an seine Story »Gelée Royal«
Ja, das ist das Gegenstück: Geist und Körper.
Ah! Das leuchtet ein...!
Frank hat geschrieben:
»Keine Augen. (...) Wir haben die schwachen Teile entfernt.« und »(...) ich sehe ihn schon aus weiter Ferne, seine Ausleger von grauer Morgensonne bestrahlt«
??? - Ein Wort: Sensorspinne! Deswegen eine graue Morgensonne ...
Darum schrieb ich ja auch, daß es etwas seltsam wirkt – denn die Information mit der Sensorspinne kommt ja erst später. Meine Frau (die jetzt tatsächlich auch schon immer in die c't reinschaut...), hat nämlich auch mit der Geschichte angefangen und genau diese Stelle moniert und gemeint: »Da hat der Autor nicht aufgepaßt...!«
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Frank
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von Frank »

Ein Nylonstoff hüllt meinen Körper ein, eng anliegend, warm, und es prickelt, sobald die kleine Sensorspinne, mit Widerhaken an den Beinen, weiterkrabbelt bis zum Nacken und zur Stirn; dass ich etwas sehen kann.
Ay!
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von klox »

Ich finde die Geschichte gut. Ein typischer Hebben: Ein Großteil der Geschichte wird in Form eines inneren Dialogs aus der Sicht der Hauptperson erzählt. Das Ende dystopisch mit einem kleinen Hoffnungsschimmer.

Das ist es auch was mich ein wenig stört. Nach den ersten Sätzen wußte ich breits wie die Geschichte weitergeht (sowohl von Erzählweise und Plot) und auch das Ende war absehbar. Ich würde von gerne mal was ganz anderes vom Autor lesen! Zum Beispiel eine Kurzgeschichte ala "Lucky Star im Astroidengürtel" :beanie:
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breitsameter
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Etwas versteckt und unbemerkt bietet Frank Hebben auf seiner runderneuerten Homepage neonrauschen.de nun »Krematorium« als PDF zum kostenlosen Download an: http://www.neonrauschen.de/images/Krematorium.pdf
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Re: 14/2009 – Krematorium von Frank Hebben

Ungelesener Beitrag von Helmuth W. Mommers »

In für Hebben typischen düsterem postapokalyptischem Szenario, einer technisch-maschinellen Zukunft, ist die Loslösung vom Fleische Programm. Der Mensch wird zum Werkzeug degradiert. Doch warum? Wer hat was davon? Darauf gibt der Autor keine Antwort. Die Story lebt von starken Bildern und kühner Sprache, hinterlässt aber ein zwiespältiges Gefühl bei mir. Wieder beweist Hebben sich als begnadeter Schaumschläger, der Impressionen liefert, aber bei der Substanz geizt.
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