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Kategorie 7.) ein Buch, das im Original nicht auf deutsch oder englisch veröffentlicht wurde
Wir dürfen aber gerne die deutsche (oder englische) Übersetzung lesen.
Mein Take:
Stanisław Lem - "Solaris"
polnische Originalausgabe: Solaris, Verlag MON, Warczawa, 1961
gelesene Ausgabe: Solaris, übersetzt von Kurt Kelm, Verlag Volk und Welt, Berlin, 1986
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„Solaris“ wurde im Rahmen dieser Challenge bereits zweimal gelesen. Aber der Klassiker verträgt mehrere Lektüren und die Perspektiven mehrerer Leser.
Der Psychologe Kelvin tritt seinen Aufenthalt auf der Forschungs-Raumstation um den Planeten Solaris an. Die Solaris ist von einem Ozean bedeckt, der eher ein eigenständiges Lebewesen ist. Seit seiner Entdeckung vor 60 Jahren stellt dieser Ozean die Wissenschaftler vor Rätsel; bislang sind alle Versuche einer Kommunikation fehlgeschlagen. In der Geschichte der Solaristik wurde praktisch jede denkbare Theorie erfunden, aber keine erwies sich als tragfähig.
Kelvin bemerkt zunächst, wie eine schwarze Frau (im Roman wird das N-Wort verwendet) die Kabine des Ingenieurs Sartorius betritt. Kurz darauf materialisiert sich in Kelvins Kabine dessen frühere Lebenspartnerin Harey, die offenbar bereits verstorben ist. Es wird angedeutet, dass Kelvin dafür verantwortlich sein könnte bzw. sich deshalb schuldig fühlt.
Tatsächlich hat jeder der drei anwesenden Besatzungsmitglieder derartige „Gäste“. Kelvin stellt fest, dass sich Harey zunächst mehr und mehr seinen unterbewussten Vorstellungen von ihr anpasst, aber bald einen eigenständigen Charakter entwickelt. Dabei wird sie sich über ihr Wesen und ihre Herkunft bewusst.
In „Solaris“ geht es um die Begegnung mit dem Fremden. Es wird ziemlich schnell klar, dass die „Gäste“ vom Solaris-Ozean geschaffen werden. Aber wie diese Gäste entstehen und welche Funktionen sie für den Ozean haben, bleibt unklar. Will er Kontakt aufnehmen? Informationen sammeln? Unterbewusste Wünsche der Menschen erfüllen?
Die Fremdheit erscheint umso stärker, als hochkarätige Wissenschaftler, die auf dem Gebiet der Solaristik arbeiten, auch nach Jahrzehnten noch nicht mal ein ansatzweises Verständnis für den offenbar intelligenten Ozean entwickeln konnten. Die ernsthaften Bemühungen auf der einen Seite und das unausweichliche Scheitern auf der anderen Seite zeigen klar die Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit auf – es sind die Grenzen menschenmöglicher Erfahrung. Nur wenige Romane haben mir das vermitteln können.
Vor über 35 Jahren habe ich die „Solaris“ schon einmal gelesen, allerdings in der dtv-Ausgabe, die von Irmtraut Zimmermann-Göllheim übersetzt wurde. Ich erinnere mich, dass mir damals die Lektüre deutlich schwerer fiel. Bei dem großen Zeitabstand ist es aber schwer zu sagen, ob das an Qualitätsunterschieden zwischen den Übersetzungen liegt oder an den gewachsenen Lesefähigkeiten meinerseits. Ich weiß aber, dass mich damals auch die Verfilmung von Tarkowsky sehr beeindruckt hatte.
Für mich bleibt „Solaris“ auch nach der Wiederholungslektüre ein Meisterwerk. Man muss sich als Leser allerdings auf das Buch einlassen und bereit sein, sich die üblichen Identifizierungsprozesse beim Lesen frustrieren zu lassen.
Jetzt muss ich nur noch einen Nebula-Sieger lesen, um die zweite Challenge zu beenden. Das Buch ist bereits identifiziert und liegt auf meinem SUB.
Solarisierte Grüße
Ralf
[X] original deutschsprachig, 2024 erschienen| p.machinery Verlag – NOVA 34
[X] Erstveröffentlichung vor 1963| Albert Daiber – Die Weltensegler (1910) und Vom Mars zur Erde (1914)
[ ] Sieger Nebula Award|
[X] Nachname, in dem ein "l" vorkommt| Stephen R. DonaLdson – Ein dunkler hungriger Gott erwacht (Amnion 3)
[X] Handlung spielt auf Raumschiff| Stephen R. Donaldson – Heut sterben alle Götter (Amnion 5)
[X]"und" oder "oder" im Titel| Gabriele Behrend – Dornengras & Ginsterzweig
[X] Original weder deutsch noch englisch| Stanisław Lem – Solaris (poln. Original „Solaris“ von 1961)
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