Hard-Sci-Fi

Science Fiction in Buchform
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Flossensauger
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.


Vielleicht liege auch ich falsch...
Und guck:

Das der Vampir in dem Buch mit 46 (real existierenden) wissenschaftlichen Fussnoten erklärt wird (Sackgasse der Evolution, durch Gentechnik herangezogen, selbst die Angst vor Kreuzen wird plausibel erklärt), die Arbeitswelt der Erde anhand der "Arbeitszombies" auf dem Niveau eines besseren Soziologie-Abstracts dargestellt wird, man für die Kommunikation mit den Aliens ein Linguistik-Studium braucht... .

Für mich ist das die Definition von Hard-SF.

Gerade den Vampir benutze ich in diversen Gesprächen gerne, um zu zeigen was wissenschaftlich möglich ist. Es wird kein Naturgesetz verletzt, das wäre alles so möglich. (Wenn Watts sich das nicht ausgedacht hätte.)

Ehrlich wundere ich mich gerade, wie man das nicht so sehen kann. Liegt's am Vampir? Die gezüchtete Raumschiffsbesatzung wird doch jetzt schon realistisch durchgedacht, um bemannte langjährige Raumflüge überhaupt zu ermöglichen.

Ich will dir nix böses, ich versteh's nur nicht.
deval
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von deval »

Erinnert mich an die Diskussion ob Star Wars jetzt Fantasy oder SF ist. Für die einen ist es SF, für die anderen eben Fantasy. Alles OK.

Hier ist es genauso. Ich sehe es wie Cyberduck, für mich ist das keine Hard SF. Kann aber auch damit leben, wenn es dass für dich ist.
Ist doch alles im Lot.
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105


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Flossensauger
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Klar, keinen Stress. Aber dann verstehe ich die Definition von Hard-SF nicht. Bitte erklärt es mir. Ohne Streit, alles easy.
Hahlebopp
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

Ich würde sagen, in der Science-Fiction wird das Unerklärbare mehr oder weniger naturwissenschaftlich begründet. Und bei der Hard-SF haben jene "Naturwissenschaften" nicht nur eine eigene innere (Pseudo-) Logik, sondern auch einen tatsächlichen Bezug zum aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik.

Wenn ich z.B. eine Zeitreise mit einem Fluxkompensator erkläre, ist das keine Hard-SF.
Wenn (in den 90ern) in Stark Trek eine Zeitverschiebung mit einer "ominösen" Tachyonenstrahlung erklärt wurde, dann war das: Grauzone - würde ich sagen.
Und eine Zeit-Dilatation, weil ein Raumschiff nahe der Lichtgeschwindigkeit reist, während auch andere (angeblich) nicht übertretbare phys. Gesetze eingehalten werden - wie z.B. die Lichtgeschwindigkeit als maximale, aber praktisch nicht erreichbare Obergrenze - dann ist das für mich Hard-SF.

Ist aber natürlich alles sehr, sehr subjektiv und so wirklich in Stein meißeln kann man das Alles nicht.
Frankenstein orientierte sich ja seiner Zeit auch stark an aktuellen wissenschaftlichen Themen, aber ... Zeiten ändern sich.
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Flossensauger
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Tja,

bei Peter Watts besteht fast das halbe Buch aus den Fussnoten, wo er eine reale Erklärung gibt und weiterführenden, realen Literaturhinweisen, wo man sich seine Überlegungen anschauen kann, auch begründet.

Und jetzt weiss ich auch nicht weiter.
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Teddy
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Für mich gehört Blindflug klar zur Hard-SF.
Trotzdem passte der Vampir auch mir nicht so recht. Vielleicht hätte Watts besser zwei getrennte Geschichten erzählt: Eine über einen Erstkontakt und eine über die Entdeckung, dass es früher einmal tatsächlich ein Raubtier namens Vampir gegeben hat. In Blindflug lenkt der Vampir eher ab, als etwas zur Handlung beizuträgt.
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Cyberduck »

Flossensauger hat geschrieben: Gestern 20:13 Klar, keinen Stress. Aber dann verstehe ich die Definition von Hard-SF nicht. Bitte erklärt es mir. Ohne Streit, alles easy.
Ich denke, dass "Hard SF" kein starrer Begriff ist, sondern eher ein Spektrum beschreibt.

In der Expanse-Reihe wird viel Wert auf realistische Physik im All, politische und gesellschaftliche Strukturen sowie technische Details gelegt. All diese Aspekte sind sehr handfest und nachvollziehbar. Sie bleibt näher an bekannten Technologien und einer plausiblen Zukunft der Menschheit. Der Fokus liegt stark auf Mechanik, Politik und Ökonomie und weniger auf spekulativer Biologie oder Philosophie. Auch wenn diese Aspekte im Protomolekül Anwendung finden.

Blindflug ist dagegen im gesamten Setting spekulativer. Zwar baut Watts auf soliden wissenschaftlichen Grundlagen wie Neurobiologie, Evolution oder Kognitionswissenschaften auf, er benutzt diese aber auch, um sehr philosophische und metaphysische Fragen zu stellen. Dadurch wird die Geschichte abstrakter und kopflastiger, was sie von der eher techniknahen Science Fiction der Expanse-Reihe unterscheidet. Ich akzeptiere jedoch die wissenschaftliche Basis, auf der Blindflug beruht. Natürlich...

Letztendlich wird es stark vom Leser abhängen, welches Spektrum seiner Definition von Hard SF entspricht. Die technisch-realistischen Aspekte, wie man sie bei Expanse findet, oder die wissenschaftlich-philosophischen Aspekte, wie Watts sie bei Blindflug einsetzt. Beide Bücher (bzw. Werke) sind naturwissenschaftlich geprägt, aber Blindflug nutzt die Naturwissenschaft, um sehr tief in philosophische und existenzielle Fragen vorzudringen, die ich persönlich nicht mehr der Hard SF zuordnen würde. Wer sich mehr im Grenzbereich zwischen Natur- und Geisteswissenschaften aufhält, wird vermutlich zu einem anderen Ergebnis kommen als jemand, der eine klare Tendenz in eine dieser Richtungen hat.
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von A.S.7 »

Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Teddy hat geschrieben: Gestern 12:34
Cyberduck hat geschrieben: Gestern 01:00 "Blindflug" von Watts war das beste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Aber klassische Hard-SF ist das nicht...
A.S.7 hat ja auch nach moderner Hard-SF gefragt. :wink:
Was ist "moderne" Hard-SF?

Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.

Wenn ich den Begriff der wissenschaftlichen Plausibilität jedoch zu eng fasse, würde ich dem OP auf jeden Fall "Blindflug" von Peter Watts empfehlen. Es ist das beste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Oder die "Trisolaris"-Trilogie, die zusammen mit "Expanse" - was für mich klassische Hard-SF ist - das Beste ist, was ich seit Langem gelesen habe. Aber meiner Meinung nach hat er nicht danach gefragt. Vielleicht wäre es interessant zu erfahren, was der OP unter Hard-SF versteht. Oder was man grundsätzlich darunter versteht. Vielleicht liege auch ich falsch...

Hey hey, danke schonmal für die vielen Empfehlungen :)
Also ja Hard-SF, damit meinte ich jetzt prinzipiell SF, die sich durch eine hohe wissenschaftliche Genauigkeit und technische Plausibilität auszeichnet. Und da die Wissenschaft ja auch immer weiter voranschreitet, hatte ich nach "modernen", also der heutigen Wissenschaft bzw. ab 2010 (auch schon recht alt) gefragt.

Klar bleibt Fiktion Fiktion, aber ich schreibe z. B. gerade an einem Hard Sci-Fi Roman basierend auf den Forschungen zur Quantenmechanik und da machen die paar Jahre einen großen Unterschied. (Vielleicht dann in 20 JAhren auch nicht mehr HArd weil überholt)

So eine richtige Grenze scheint es da aber nicht zu geben, oder? Gerade "Expanse" ist ja auch Hard-SF aber z.B. das Protomolekül hat zum derzeitigen Standpunkt ja keine wissenschaftliche Plausibilität.

Also und was Star Wars betrifft... Ist eher Science Fantasy oder? Also ich liebs trotzdem :rotfl:
A.S.7
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Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von A.S.7 »

Flossensauger hat geschrieben: Gestern 17:42
Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.


Vielleicht liege auch ich falsch...
Und guck:

Das der Vampir in dem Buch mit 46 (real existierenden) wissenschaftlichen Fussnoten erklärt wird (Sackgasse der Evolution, durch Gentechnik herangezogen, selbst die Angst vor Kreuzen wird plausibel erklärt), die Arbeitswelt der Erde anhand der "Arbeitszombies" auf dem Niveau eines besseren Soziologie-Abstracts dargestellt wird, man für die Kommunikation mit den Aliens ein Linguistik-Studium braucht... .

Für mich ist das die Definition von Hard-SF.

Gerade den Vampir benutze ich in diversen Gesprächen gerne, um zu zeigen was wissenschaftlich möglich ist. Es wird kein Naturgesetz verletzt, das wäre alles so möglich. (Wenn Watts sich das nicht ausgedacht hätte.)

Ehrlich wundere ich mich gerade, wie man das nicht so sehen kann. Liegt's am Vampir? Die gezüchtete Raumschiffsbesatzung wird doch jetzt schon realistisch durchgedacht, um bemannte langjährige Raumflüge überhaupt zu ermöglichen.

Ich will dir nix böses, ich versteh's nur nicht.


Finde die Debatte interessant. Vampire hätte ich jetzt auch erstmal in die Fantasy-Schublade gepackt. Aber wenn man die Begriffsdefinition von Science-Fiction genauer betrachtet...

Fiktion = die Schaffung einer eigenen Welt durch Literatur, Film, Malerei oder andere Formen der Darstellung sowie den Umgang mit einer solchen Welt. (Google) und Science... ja selbsterklärend.
Wenn er also einen, in seiner erschaffenen Welt, wissenschaftlich plausiblen Vampir erfindet und da sogar tiefgreifender ins Detail geht... Würde ich auch Hard-SF sagen auch wenns komisch klingt. :)
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